Stoschek: "Wir haben desaströs abgeschnitten!"

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Michael Stoschek, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bamberger Basketball GmbH, in einem Exklusivinterview mit MGO-Chefredakteur Frank Förtsch und dem Geschäftsführer von Radio Bamberg, Mischa Salzmann. Screenshot: inFranken.de
Michael Stoschek, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bamberger Basketball GmbH, in einem Exklusivinterview mit MGO-Chefredakteur Frank Förtsch und dem Geschäftsführer von Radio Bamberg, Mischa Salzmann. Screenshot: inFranken.de

Die desaströse sportliche Leistung der Brose Baskets war ausschlaggebend für die Entlassung des Trainers und für den Rückzug des Sportlichen Direktors. Das machte der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Bamberger Basketball GmbH, Michael Stoschek in einem Exklusivinterview mit MGO-Chefredakteur Frank Förtsch und dem Geschäftsführer von Radio Bamberg, Mischa Salzmann, deutlich.

„Schon wieder neue Trainer.“ Michael Stoschek, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bamberger Basketball GmbH blickt auf sein Smartphone. Vier Namen sind auf dem Display zu erkennen. „Nein, keine Frage zu den Namen.“ Fragen hat er schon viele beantwortet. Mehr als ein Dutzend. Weit über eine Stunde. Das Exklusivinterview mit dem Chefredakteur der Mediengruppe Oberfranken, Frank Förtsch, und Radio-Bamberg-Geschäftsführer Mischa Salzmann neigt sich dem Ende zu. Michael Stoschek  redet offen. Er redet sich auch Frust von der Seele. „Das, was in den letzten zehn Tagen passiert ist, geht schwer an die Nieren. Die Stimmung, die gegen uns gemacht wurde. Das frustriert und enttäuscht.“

Mit einem Blick auf das Smartphone hat das Interview auch begonnen. Das Smartphone ist neu. „Wir haben gestern alle Handys ausgetauscht.“ Warum? – Die erste Frage unseres Interviews. „Wir vermuten einen strafrechtlichen Tatbestand. Interne Informationen über die Brose Baskets, die nur wenige Menschen wissen können, sind an die Öffentlichkeit gelangt.“

Michael Stoschek gesteht jedoch auch Fehler ein. „Wir haben unsere Entscheidung zu spät kommuniziert.“  Und er zieht Parallelen zwischen den Brose Baskets und Brose – zwischen dem Sport und dem Business: „Es gibt Wettbewerb in der Automobilindustrie. Nur wenn wir besser sind, erhalten wir den Auftrag. Jahrzehntelange Bindung zählt Null in der Branche. Die Brose Baskets sind ein Sportunternehmen, das auf höchstem Niveau Leistung erbringen will. Für die Fans und für die Sponsoren.“

Ein alter Bekannter und ein für Bamberger Verhältnisse weitgehend neuer Name tauchen in dem Interview auf. „Ich habe Anton Gavel angeboten, um ihm herum eine Mannschaft zu bauen.“ Ein neuer Kapitän also? – „Er hat sich noch nicht entschieden.“ Welche Rolle spielt der Bayreuther Carl Steiner? – „Er hat mich zum Basketball gebracht.  Ein guter Freund. Es gibt keine Interessenkollision mit Bayreuth. Bamberg spielt mit dem fünffachen Etat in einer anderen Liga.“

Am Tag eins nach einer Erdrutschentscheidung herrscht in Bamberg Katerstimmung, weil mit dem Sportlichem Direktor Wolfgang Heyder und Trainer Chris Fleming zwei Symbolfiguren bei den Brose Baskets ausscheiden. Können Sie den Unmut, die Enttäuschung der Fans verstehen?
Michael Stoschek: Ich verstehe zunächst die Enttäuschung der Fans über die sportliche Entwicklung. Ein großer Teil der Fans hat schon letzte Saison gesehen, dass wir deutlich hinter unsere Leistung zurückgefallen sind. Wir haben zwar die Meisterschaft gewonnen, doch am Ende unerwartet. Und in diesem Jahr waren die Ziele und die Realität weiter auseinander als je zuvor. Dass es zu der Frage, wie man auf diese Enttäuschung reagiert, immer unterschiedliche Vorstellungen gibt, das ist normal.

Es gab trotzdem ganz viele Solidaritätsbekundungen nach dem enttäuschenden Abschneiden in dieser Saison nach dem Motto "es lief halt dieses Mal nicht so rund".
"Nicht ganz so" ist schon etwas schöngeredet. Ich kann mich in den letzten zehn Jahren nicht erinnern, dass ich Basketballspiele gesehen habe, wo unser Team so hilflos aufgetreten ist. Wo man das Gefühl hat, es findet überhaupt kein Zusammenspiel mehr statt. Wir haben den zweithöchsten Etat in der Liga. Wir haben diesen in den letzten Jahren um 40 Prozent gesteigert und mussten uns anstrengen, gegen Aufsteiger noch mit ein paar Punkten zu gewinnen. Unsere sportliche Leistung über die ganze Saison war noch nie so schlecht im Verhältnis zu dem Aufwand, den wir betreiben. Man darf auch eines nicht vergessen: Die sportliche Führung vertritt nicht nur die Auswahl der Spieler am Beginn der Saison. Wir hatten - mit relativ hohem finanziellem Aufwand - vier Nachverpflichtungen im Laufe der Saison. Irgendwo muss man erkennen, dass inzwischen ein Systemfehler bei uns herrscht. Ich glaube schon, dass die Mehrheit der Menschen, die etwas von Basketball versteht, erwartet, dass Entscheidungen in der sportlichen Führung stattfinden. Überregional sind sie die Medien hier einig. Die Diskussion fand nur bamberg-intern statt.

Wo sehen Sie die Schwächen beim entlassenen Trainer. Er war ein kommunikativer, ein motivierenden Mensch. Wie stellen Sie sich den idealen Trainer vor?
Zunächst möchte ich sagen, dass es mir menschlich unheimlich leid tut, dass Chris Fleming jetzt keinen Erfolg mehr hatte. Ich halte ihn für einen hochanständigen Mann. Man muss aber akzeptieren, dass der Erfolg radikal zurückging. Es ist normal, dass nach sechs Jahren die Energie draußen ist, dass man dann auch nicht mit Problemen fertig wird beziehungsweise die richtigen Lösungen findet. Aber mir ist eines aufgefallen in diesem Jahr und das hat mir überhaupt nicht gefallen, dass die sportliche Führung, sowohl Trainer als auch Sportdirektor nach schlechten Spielen sehr hart mit den Spielern ins Gericht gegangen ist und die Spieler beschimpft haben. Das fand ich keinen guten Stil. Ich hätte mir erwartet, dass die sportliche Führung auch einmal die Verantwortung übernimmt für dieses Desaster oder auch mal kommuniziert, was man anders machen möchte. Das habe ich sehr vermisst.

Wir haben Spieler gehabt, die gegen uns hervorragend gespielt haben, wie Jenkins. In dem Moment, wo sie bei uns waren, ging nichts mehr. Als sie uns verlassen haben, sind sie wieder top. Neumann und Jenkins sind die Leistungsträger in Oldenburg. Ein Jordan geht von Bonn weg. Die ganze Welt schreit auf, "der beste Mann". Er kommt zu uns, macht ein gutes Spiel und dann war's das. Mir fällt langsam auf, dass wir nicht in der Lage sind, gute Leute bei uns zur Entfaltung zu bringen und anderswo geht's besser. Spieler, die anderswo performen, gehen in Bamberg unter.

Dass die Entscheidung nicht leicht gefallen ist, sich von Chris Fleming zu trennen, ist doch keine Frage. Gerade vor dem Hintergrund, dass ich ihn sehr schätze. Wir haben uns erst vor kurzem beim mir zuhause sehr offen und sehr fair ausgetauscht. Ich wünsche ihm, dass er möglichst schnell wieder eine Position findet, die ihn befriedigt. Es ist ein ganz normaler Zustand, dass ein Trainer nach einer bestimmten Zeit mit einer Mannschaft nicht mehr erfolgreich arbeiten kann. Ganz nüchtern: Er fällt ja materiell nicht in ein Loch. Er hat einen Vertrag bis 2016. Solange er keinen neuen Job hat, bekommt er das Geld weiter.

Das war die mit Abstand teuerste Mannschaft mit einem sehr enttäuschenden sportlichen Ergebnis. Seit wann waren Sie unzufrieden und ab wann haben Sie diese Unzufriedenheit geäußert? Ist diese Unzufriedenheit als Druck auch bei der Mannschaft angekommen? Sind die Spieler vielleicht mit dem Erwartungsdruck nicht zu Recht gekommen?
Wir betreiben Leistungssport auf höchstem Niveau. Das geht nicht ohne Druck. Genau wie wir als Vertreter der Bamberger Basketball GmbH unter Druck stehen. Wir haben wichtige internationale Sponsoren zu uns geholt, die in Erwartung eines sportlichen Erfolges viel Geld in eine Mannschaft investieren. Ich fühle mich auch persönlich unter Druck gesetzt durch die Erwartungen, mit denen wir für den Basketballsport in Bamberg geworben haben. Zur Frage, ob der Trainer zu freundlich mit der Mannschaft umgeht, will ich ganz offen ansprechen: Er gehört zweifelsfrei zu den Trainern, die auf kameradschaftlicher Basis und mit positiver Verstärkung versuchen, ein Team zu führen. Ob das immer funktioniert, ist die große Frage. Es gibt Trainer, die sind da konsequenter. Übrigens haben die Mannschaften, die sehr erfolgreich sind, sehr konsequente Trainer. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als in der Summe festzustellen, dass es nicht mehr funktioniert - und das nicht erst in dieser Saison. Ohne Druck lässt sich Leistungssport auf diesem Niveau einfach nicht durchführen. Wenn man Erfolg hat, ist dieser Druck nicht da. Wenn man Misserfolg hat, kann man ihm nicht ausweichen.

Die Diskussion der letzten Tage hat ein kritisches Bild hinterlassen. Glauben Sie, dass es künftige Trainer und Spieler beeinflusst, nach Bamberg zu kommen? Es stand im Raum, dass insbesondere junge deutsche Spieler wegen einer Weiterentwicklungsmöglichkeit unter Trainer Chris Fleming und wegen des Bamberger Programms hierher schauen, jetzt nicht mehr kommen.
Ich sehe aus Ihrer Frage, dass wir uns nicht idealistisch überschätzen dürfen. Ich erlebe auf der Suche nach Personen, die uns unterstützen, außerhalb Bambergs eine viel nüchterne Beurteilung der Thematik. Die sehen die Vorzüge aber auch die Schwächen, die in Bamberg herrschen, sehr deutlich. Sie können sich vorstellen, dass wir alles dafür tun, eine Führung, ein Team zusammenzustellen, das an die früheren Erfolge anknüpft. Der Umbruch, den wir erleben, ist deshalb auch eine Chance.

Es gab in der Öffentlichkeit eine Diskussion über den Trainer. Wolfgang Heyder hat angedeutet, dass er am liebsten mit ihm weitermachen würde und steht damit konträr zum Aufsichtsrat. Wer in dem Gremium ist derjenige, der deshalb sagt, wir können auch mit Wolfgang Heyder als Sportlichen Direktor nicht weitermachen? War es nicht möglich, aufeinander zuzugehen?
Wir denken bereits seit Jahresanfang über einen Trainerwechsel nach. Kein Mensch bestreitet, dass wir eine sehr erfolgreiche Zeit hinter uns haben. Es ist die Verantwortung des Aufsichtsrates, nach vorne zu blicken. Es ist eine ganz normale Entwicklung, dass der sportliche Erfolg ausbleibt. Dann muss gehandelt werden. Der gleiche Trainer ist dann in einer anderen Konstellation durchaus wieder erfolgreich.

Was die Haltung unseres Sportgeschäftsführers anbelangt, hat mich gewundert, dass er in der Öffentlichkeit eine andere Haltung eingenommen hat, als mit uns im Aufsichtsrat vereinbart war. Er hat dann sein persönliches Schicksal mit dem des Trainers verbunden. Wir müssen diese Haltung akzeptieren. Wolfgang Heyder übernimmt in Teilen auch die Verantwortung für die sehr schlechte sportliche Leistung.

Hat sich Wolfgang Heyder zu lange vor Chris Fleming gestellt?
Ja, das meine ich schon. Ein Sportdirektor sollte die natürliche Distanz haben. Da muss eine Freundschaft hinter der sachlichen Thematik zurückstehen. Wir alle schätzen Chris Fleming sehr. Ich hätte ihm einen ganz anderen Abschied gewünscht als durch diese unangenehmen öffentlichen Diskussionen. Aber ich räume auch ein, dass ich hier eine gewisse Mitschuld trage, dass es überhaupt zu diesen Debatten gekommen ist. In die Nachfolgesuche seit Jahresbeginn war selbstverständlich auch Wolfgang Heyder mit eingebunden. Wir wollten diese Entscheidung Anfang Juni treffen. Der Fehler, den ich ganz persönlich zu vertreten habe, ist der, dass wir nicht sofort am Tag nach dem Scheitern im Viertelfinale an die Öffentlichkeit gegangen sind. Ich wollte warten, bis wir einen Nachfolger gefunden haben - was bis heute nicht der Fall ist. Wir haben mehrere Personen in der Auswahl, jedoch noch keine finale Entscheidung.

Sie suchen seit Januar nach einem neuen Trainer. Ist das bis zur Mannschaft vorgedrungen? Kann so etwas eine Saison auch beeinflussen?
Wir haben es natürlich der Mannschaft nicht gesagt. Inwieweit Wolfgang Heyder das getan hat, kann ich nicht beurteilen.

Welches Format muss der Wunschtrainer haben? Wo glauben Sie, diesen zu finden?
Sowohl Trainer als auch Mannschaft müssen danach ausgerichtet werden, welche sportlichen Ziele wir haben. Wir spielen jetzt in der kommenden Saison nicht in der Euroleague, das ist sicher. Eine Wildcard werden wir nicht bekommen. Wir spielen im Eurocup. Da halte ich es nicht für so maßgeblich, ob wir an Position vier oder acht sind. Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig in Deutschland. Das muss man nüchtern feststellen. Wir spielen gegen Mannschaften, die ein Viertel unseres Etats haben und sind froh, wenn wir in den letzten Minuten um einige Punkte vorbeiziehen. Unser Schwerpunkt liegt in der Beko BBL im nächsten Jahr. Danach werden wir Trainer und Mannschaft ausrichten. Wer jetzt hochtrabende europäische Ziele hat, der hat die Realität nicht erkannt.

Bei den Fans wird kolportiert, dass Carl Steiner Entscheidungen mit vorbereiten soll. Wird der Bayreuther Kollege hier in Bamberg für Entscheidungen mit vorbereitet?
Zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich überhaupt über Carl Steiner in den Basketball gekommen bin. Er hat mich zum ersten Spiel mitgenommen. Ihm verdanken wir meine Begeisterung für den Sport. Und davon hat ja Bamberg durchaus profitiert. Ich freue mich, dass ich in ihm nicht nur einen persönlichen Freund habe, sondern jemand, der innerhalb unseres Aufsichtsrates mit Abstand die größte Sachkenntnis hat über Spieltaktik und Leistung von Spielern und Trainer zu urteilen. Insofern sind wir sehr froh, dass er uns unterstützt bei unseren Entscheidungen. Er macht dies mit einer unheimlichen Energie. Es ist auch keine problematische Situation, dass er auch in Bayreuth um Rat gefragt wird. Wir alle wissen - die Bayreuther und wir -, dass wir in Bamberg in einer anderen Liga spielen. Wir haben in Bamberg fast den fünffachen Etat. Wir haben ganz andere sportliche Ambitionen. Insofern sehe ich nicht die geringste Interessenkollision.

Gibt es für die Personalentscheidungen eine Zeitschiene? Bis wann wollen Sie welche Entscheidung getroffen haben?
Der einzige Vorteil des frühen Ausscheidens aus den Playoffs ist, dass wir ein bisschen mehr Zeit haben als sonst, diese Fragen zu regeln. Wir stehen nicht unter großem Zeitdruck. Wir haben eine Reihe von Kontakten. Seit heute ist bekannt, dass wir suchen. Es gibt Leute die sich bei uns melden. Es gibt Leute, die wir ansprechen. Die Maschinerie ist im Gang, eine neue Führung und ein neues Team zusammenzustellen.

Sportdirektor Dirk Bauermann haben wir schon öfter gehört. Können Sie dazu etwas sagen?
Ich habe das in den Medien gelesen. Das ist nicht der Fall. Es ist andererseits auch nachvollziehbar. Er wohnt hier in der Nähe. Er hat angeboten, uns in jeder Beziehung mit Rat und Tat zu unterstützen. Das finde ich sehr anerkennenswert. Da wir bereits mehrere Kontakte haben, kann man nur sehen, ob es Sinn macht, ihn weiter einzubeziehen. Irgendwann kommt man an den Punkt, wo viele Köche den Brei verderben.

Gibt es schon Spieler, die für die neue Saison zugesagt haben?
Die Auswahl der Spieler hängt natürlich im elementaren Maße mit dem neuen Trainer zusammen.

Es gibt in Bamberg auf der einen Seite einen Mäzen. Auf der anderen Seite gibt es einen Shitstorm, dass Freak City das Herz herausgerissen wird, dass es eine Werksmannschaft sei. Wie empfinden Sie persönlich diese Situation?
Diese Diskussion hat mich verwirrt und ich kann sie nicht nachvollziehen. Was mich besonders ärgert, ist zu lesen, dass wir viel Geld investieren und daraus den Anspruch herleiten, Entscheidungen zu treffen, die falsch, die unmenschlich sind. Unseren materiellen Einsatz haben wir nie in den Vordergrund gestellt. Was ich mir schon wünsche, ist etwas mehr Respekt vor dem großen Einsatz, den nicht nur ich, sondern alle Personen des Aufsichtsrates leisten. Im Gegenteil: Sie werden beschimpft. Es schmerzt zudem, dass meinungsbildende Personen diesen Einsatz diskreditieren. Uns alle verbindet, das Beste zu machen für den Basketball. Dass mit Personalentscheidungen nie alle zufrieden sind, ist völlig klar.

Wünscht man sich nicht, dass man eine Stadt hat, die hinter einem Team steht, dass sich eine ganze Stadt identifiziert. Dass es Basketballfanatiker wie Wolfgang Heyder gibt. War der Dissens mit ihm nicht auszuräumen?
Sie haben es ja mitbekommen, dass er nicht auszuräumen war. Insofern war sein Rücktritt konsequent. Ich wünsche mir nun, dass er sich aktiv einbringt in die Trainersuche. Die Entscheidung ist gefallen. Jetzt kann man nur aktiv nach vorne blicken. Wir haben einen totalen Umbruch in der Mannschaft. Wir müssen eine Rochade innerhalb des Teams einleiten. Ich sehe, dass die Sachlichkeit der Diskussion verloren geht. Ich freue mich, dass Wolfgang Heyder als Sportdirektor an Bord bleibt für den Umbruch. Aber da muss er jetzt liefern.

Auch anerkannte Leistungsträger haben sich zur Trainerdiskussion geäußert. Gavel, Jacobsen, Tadda. Inwieweit hat Sie das zum Grübeln gebracht?
Wir sollten nüchtern bleiben. So eine Abschiedsveranstaltung ist ein hochemotionales Ereignis, wo sich jeder etwas Liebes und Nettes sagt. Das kann man doch nicht als objektive Bewertung bezeichnen. Wir sollten nicht überbewerten, was in einer solchen Euphorie von sich gegeben wird. Gerade von Anton Gavel kenne ich ganz andere Äußerungen. Der zweite Teil der Veranstaltung war die Verabschiedung von Chris Fleming und Wolfgang Heyder, so habe ich das empfunden.

Zur neuen Mannschaft. Anton Gavel. Man hört, er hat ein Haus gesucht im Raum Bamberg. Können Sie Vollzug melden?
Wir können hoffen, ein bisschen. Anton Gavel ist hochdemotiviert von dem Verlauf dieser Saison. Er hat natürlich mitbekommen, wie er in dieser unmotivierten und unkoordinierten Truppe weitgehend der Einzige ist, der Herzblut zeigt. Das frustriert schon, wenn nur er die Kartoffeln aus dem Feuer holen soll. Dass er weitgehend alleine war, hat wohl auch dazu geführt, dass er selbst in den letzten Spielen nicht mehr sehr kämpferisch gewirkt hat. Ich habe ihm vorgeschlagen, dass er, wenn er bleiben würde, wir ihn mit einbinden, aktiv, damit wir um ihn herum ein neues Team formen. Er hat mir gesagt, dass für ihn die Situation noch so frisch ist, dass er das noch gar nicht verarbeitet hat. Er hat sich damit, wie es weitergeht, noch nicht befasst. Jetzt kann man hoffen, dass es ihn reizt, eine tragende Rolle zu übernehmen. Aber ich weiß, es gibt eine ganze Reihe anderer Aspekte für ihn, die man respektieren muss.

Sie sagen, Sie fühlen sich nicht ausreichend gewürdigt. Gibt es einen Punkt, wo Sie sagen, jetzt möchte ich nicht mehr?
Brose stellt keine Produkte her. Wir haben keinen direkten Zugang zum Konsumenten. Unser Basketballsponsoring dient ja ausschließlich dazu, uns bei Bewerbern als sportlich eingestelltes Unternehmen darzustellen. Im Prinzip reine Imagepflege. Wenn diese Basketballthematik dazu führt, dass das Image von Brose nicht gefördert, sondern auch noch beschädigt wird, dann findet das Gegenteil dessen statt, was wir uns vorgestellt haben. Das sehe ich als echtes Problem an. Ich bin im Aufsichtsrat ja nicht alleine. Ich muss immer eine Mehrheit im Aufsichtsrat von Brose überzeugen, dass dieses Investment richtig und für Brose gewinnbringend ist. Und das wird sicher nicht leichter dadurch, dass jeder mitbekommt, dass Stimmungsmache gegen den Hauptsponsor betrieben wird.

Was wäre, wenn in der Halle gegen Sie gepfiffen würde, oder wenn die Halle nur halbvoll ist, weil Fans sagen, das ist nicht mehr unser Freak City?
Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Wir entscheiden im Aufsichtsrat gemeinsam. Die Konzentration und Polarisation auf meine Person ist einfach sachlich nicht gerechtfertigt. Man kann von uns als Aufsichtsrat erwarten, dass wir in großer Verantwortung Entscheidungen treffen. Wenn das von der Öffentlichkeit nicht respektiert wird, dann werden wir sicher irgendeine Konsequenz ziehen müssen. Wem dann genutzt ist, das weiß ich nicht. Von der Herrichtung der Halle über die Gewinnung weiterer Sponsoren bis zum ehrenamtlichen Engagement: Mehr kann man nicht machen für den Basketball. Wenn das nicht honoriert wird: Gegen Stumpfsinn, Ignoranz und Verweigerung können auch wir nicht angehen. Da kann ich nur hoffen, dass sich die große Mehrheit nicht manipulieren lässt von Einzelnen, die sich aus persönlichen Gründen profilieren wollen.

Wie werden Sie mit den aktuellen Fanprotesten umgehen?
Wir werden uns nicht von der Öffentlichkeit unter Druck setzen lassen. Wenn die Öffentlichkeit und die Fans bestimmen, wer hier Trainer ist, dann bestimmen sie das nächste Mal, wer die Spielaufstellung macht. Irgendwo mach ich das nicht mit. Die Verantwortlichen einer Sportorganisation müssen agieren können. Wir lassen uns nicht manipulieren von außen, von Personen, die sich zum Sprecher machen und mit Sicherheit die Mehrheit nicht hinter sich haben. Unabhängig davon wollen und werden wir uns noch Anfang Juni den Fans stellen und um Verständnis für unsere Entscheidung werben. Wir haben nichts zu verbergen.

Was wäre Ihr Wunsch für den ersten Spieltag der kommenden Saison?
Der Druck, dass die Saison gut losgeht, ist groß. Gerade die Zusammensetzung eines neuen Teams erfordert eine gewisse Anlaufphase. Auch einem neuen Trainer muss man eine gewisse Chance geben. Wir sind an einem absoluten Tiefpunkt. Vor uns hat noch nicht einmal ein Aufsteiger Respekt.
Das Niveau der Bundesliga hat sich - ich begrüße das - deutlich erhöht. Es hat sich aber während der Saison deutlich gezeigt, wo wir stehen in diesem Gesamtniveau.

Es wird nicht leichter. Es wird nur gelingen, den Anschluss im Konzert der Großstädte Berlin, München und bald Hamburg zu halten, oder in der Spitze mitzuspielen, wenn alle an einem Strang ziehen. Ich bin bereit, mich weiter persönlich und wirtschaftlich zu engagieren. Das geht natürlich nur, wenn wir das Gefühl haben, wir haben die volle Akzeptanz der Öffentlichkeit.



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