SPD-Mitgliederentscheid: Für die Stadt Bamberg winkt Entlastung

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Oberbürgermeister Andreas Starke (l.) und Jonas Merzbacher stimmen dem Koalitionsvertrag zu. Foto: R. Rinklef
Oberbürgermeister Andreas Starke (l.) und Jonas Merzbacher stimmen dem Koalitionsvertrag zu.  Foto: R. Rinklef

In der Region Bamberg zeichnet sich eine hohe Beteiligung am Mitgliederentscheid der SPD ab. Ein mehrheitliches Ja brächte nicht nur den Mindestlohn. Auch für die Kommunen würde sich einiges verbessern.

Gemessen an den Auswahlmöglichkeiten bei einer Kommunalwahl mit bis zu 44 Namen pro Wahlvorschlag in der Stadt Bamberg ist der Mitgliederentscheid der SPD zum Koalitionsvertrag fast schon ein wenig langweilig. Es gibt nur ein einfaches Ja oder ein Nein. Die Wahlkarte mit dem entscheidenden Kreuz muss in den blauen Umschlag. Zusammen mit einer eidesstattlichen Erklärung landet dieser dann in einem roten Umschlag.

Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und der Gundelsheimer Bürgermeister Jonas Merzbacher (SPD) haben die Prozedur mit viel Sorgfalt und etwas Spucke vor den Augen der Kamera unseres Fotografen vollzogen, gleichsam um mit gutem Beispiel für die Genossen voranzugehen. Tatsächlich würde ein positiver Ausgang des Mitgliederentscheids nicht nur die bundespolitischen Weichen stellen - er hätte auch Auswirkungen auf die Arbeit in den Rathausern vor Ort.

Herr Merzbacher, wie läuft der Mitgliederentscheid in der Region?
Jonas Merzbacher: Wir haben bundesweit das Quorum von 20 Prozent schon lange überschritten. Von 470 000 Mitgliedern haben mehr als 320 000 mittlerweile ihr Votum abgegeben. Das ist auch in der Region so. Von 1500 Mitgliedern dürften zwei Drittel bis zum Ende der Frist ihr Kreuz abgegeben haben. Wir spüren sogar eine gewachsene Attraktivität der Sozialdemokratie. Seit September haben wir 30 neue Mitglieder gewonnen.

Herr Starke. Sie sind Oberbürgermeister der Stadt Bamberg, Herr Merzbacher ist Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Bamberg-Forchheim. Fühlt man sich da noch als Teil der SPD-Basis?
Andreas Starke: Aber selbstverständlich. Wir sind verankert in den Ortsvereinen und im Bamberger Unterbezirk. Und ich freue mich, dass sich auch die Bamberger SPD ganz aktiv mit dem Thema Koalitionsvertrag auseinandersetzt.

Sie haben dem Vertrag gerade zugestimmt, Herr Merzbacher. Warum?
Jonas Merzbacher:
Ich glaube dass das keine lange Frage war. Wenn man sich unser Wahlergebnis ansieht mit 25 Prozent und jetzt im Vergleich die Ergebnisse und die Verbesserungen, die wir erreichen, sei es vor Ort für die Kommunen bis zu den Arbeitnehmerfragen, wenn man das Thema Rente ansieht - dann gab es da kein langes Fragezeichen. Man kann einfach mit einem klaren Ja abstimmen.

Herr Starke, was sagen Sie denn den Gegnern in der SPD, allen vor an den Jusos, die sich bis zuletzt gegen die Zustimmung stark gemacht haben?
Starke: Als Oberbürgermeister freue ich mich natürlich darüber, dass der Koalitionsvertrag eine deutliche Entlastung für die Kommunen vorsieht. Allein fünf Milliarden Euro mehr für die Kommunen für die Wiedereingliederungshilfe. Das lässt für uns die Bezirksumlage sinken. Dann gibt es sechs Milliarden Euro mehr für Kinderbetreuungseinrichtungen, für Schulen und Hochschulen. Diese Gelder werden anteilig weitergereicht an die Länder und die betroffenen Kommunen. Das hilft uns, deutlich mehr Gestaltungsspielraum zu gewinnen. Und ich weise darauf hin, dass der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro ab 2015 das Land gerechter macht.

Angenommen, die SPD würde sich mehrheitlich dagegen aussprechen. Was wären die Folgen für die SPD.
Starke: Ich bin mir sicher, dass eine positive Entscheidung zum Koalitionsvertrag kommen wird. Das ist nicht nur ein Gebot der Vernunft, sondern es sind ja auch viele Ziele aus dem Wahlprogramm der SPD jetzt umgesetzt worden. Ohne diesen Koalitionsvertrag gäbe es viele Ergebnisse nicht. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass die SPD ein deutliches Signal für die große Koalition setzen wird.

Angenommen, dies wäre doch nicht der Fall. Was hätte das für Folgen für die SPD?
Starke: Wenn es mehrheitlich zu einer Ablehnung käme, wäre das für die SPD ein deutlicher Rückschritt. Es würde dazu führen, dass ein Vertrauensverlust in der Wählerschaft eintreten würde. Denn die SPD hat einen Gestaltungsauftrag. Im Bund, im Land und in den Städten, und den wollen wir entschlossen wahrnehmen.

In Bamberg gibt es gewissermaßen auch Erfahrungen mit einer großen Koalition, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen. Dort regiert der Oberbürgermeister der SPD mit einer Mehrheit, die sich häufig auch aus Stimmen der CSU zusammensetzt. Bei den Haushaltsberatungen gab es deshalb zuleztt auch kritische Anmerkungen zur "großen Koalition" aus CSU und SPD in Bamberg, weil sie gemeinsam gegenn die Wünsche der kleinen Fraktionen gestimmt haben.
Starke: Es ist auch meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass Entscheidungen von einer Mehrheit getragen werden. Das wird beim Haushalt 2014 genauso sein wie bei den zurückliegenden Haushaltsberatungen. Ich werbe bei allen Fraktionen und Parteien um die Zustimmung zu einer Politik in Bamberg, die sich zusammenfassen lässt unter dem Motto: Sparen und Investieren. Dass die CSU in den vergangenen Jahren diese Politik unterstützt hat, freut mich.

Trotzdem kommt es häufig zu dem Effekt, dass sich der Juniorpartner in einer Koalion schwer tut. Im Bund mit der SPD. Doch auch auch vor Ort. Die Bamberger CSU zum Beispiel ringt um ihr Selbstverständnis zwischen Oppositon und staatstragender Rolle.
Starke: Die SPD hat natürlich, was das Wahlergebnis angeht, bei der letzten großen Koalition, ein keine guten Erfahrungen gemacht. Jetzt kam sie aus der Opposition heraus und hat auch kein wesentlich besseres Ergebnis erzielt. Es gibt also keinen Automatismus, dass die Oppositionsrolle zu besseren Wahlergebnissen führt. Deswegen glaube ich, ist die SPD auch bundesweit gut beraten gewesen, jetzt im Rahmen einer großen Koalition zu versuchen, ihre Ziele durchzusetzen. Profilierungsprobleme hat ja die Bamberger SPD auch über Jahrzehnte hinweg gespürt. Die SPD hat ja auch die wesentlichen Entscheidungen zum Wohle der Stadt Bamberg mitgetragen, hat immer eine staatstragende Rolle gespielt. Das erwartet der Wähler auch. Und auch die Bamberger CSU erfüllt einen Wählerauftrag, wenn sie diese staatstragenden Aufgaben übernimmt und mitträgt, die wir in den vergangenen Jahren ja auch gemeinsam entwickelt haben. Dass das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgermeister Werner Hipelius (CSU, Anm. der R.) und mir eine große Rolle gespielt hat, liegt auf der Hand.

Herr Merzbacher. Von einer großen Koalition kann die SPD im Kreistag im Moment nur träumen.
Merzbacher: Trotzdem gab und gibt es bei den großen Themen im Kreistag häufig Einstimmigkeit. Auf kommunaler Ebene geht es ja um die Perspektive und den Gestaltungswillen. Wenn man etwa Haushaltsentscheidungen ansieht, dann ist ja die CSU immer auch auf die Unterstützung der anderen Gruppierungen angewiesen. Es ist also nicht so, dass wir von einer großen Koalition träumen, sondern wir reden davon, dass wir für den Landkreis gemeinsam an einem Strang ziehen.

Das Gespräch mit Andreas Starke und Jonas Merzbacher führte Michael Wehner