Gegen die Stimme von Norbert Tscherner hat Bambergs Stadtrat beschlossen, einem Kreativzentrum für junge Leute in der Wolfsschlucht näher zu treten. Es war keine jubelnde Zustimmung, eher ein vorsichtiges Ja, das jederzeit widerrufen werden könnte, wenn die Kosten es als nötig erscheinen lassen.
"Die Diskussion war spannend, wenn auch sehr langwierig." Der Student Jakob Fischer von den Machern des Kontakt-Festivals zog nach der Debatte um das neue Jugendkulturzentrum ein verhalten positives Fazit. Noch seien viele Fragen offen, auch die, ob ein solches Kreativzentrum unter Federführung des Kulturamts ganz ohne finanzielle Mittel und hauptamtliche Kräfte überhaupt existieren kann.
Ähnlich sah es auch die Mehrheit im Bamberger Stadtrat. Die Idee von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und Bürgermeister Werner Hipelius (CSU), die Wolfsschlucht übergangsweise für die Bamberger Bandszene und andere Jugendkulturgruppen zur Verfügung stellen, fand zwar breite Zustimmung, doch der Euphoriegrad schwankte. Von einem Bürger- oder auch Ratsbegehren parallel zur Stadtratswahl im März war nicht mehr die Rede.
Von einer "Premiumlösung" sprach der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Wolfgang Metzner.
Ein Kreativzentrum für junge Menschen sei ein wichtiger Baustein für die Jugendkulturförderung in Bamberg, ohne deswegen auf Millioneninvestitionen sitzen zu bleiben. Mit der Entscheidung werde ein Stück Bamberger Tradition mit neuem Leben erfüllt.
Grüne wollen keinen Blankoscheck erteilen Etwas anders, nämlich als "Notlösung" betrachten die Bamberger Grünen das Projekt. Vorsitzende Ursula Sowa fürchtet, dass sich auch eine Jugendkultureinrichtung nicht ohne gewissen finanziellen Aufwand werde führen lassen. Zudem müssten vor einem endgültigen Ja das Baurecht, die Anforderungen der Versammlungsverordnung ebenso wie die Statik und der Zustand der Heizung geklärt werden. Klar wurde: Einem jährlichen
Aufwand von über 100.000 Euro werden die Grünen keinen Blankoscheck erteilen.
Dieter Weinsheimer (FW) sprach von einem "Vorschlag mit Charme", legte aber Wert auf die Feststellung, dass es sich bei dem Beschluss erst um einen Prüfauftrag handelt. Vor einer endgültigen Entscheidung müsse ein Gesamtkonzept vorliegen - auch "um die finanziellen Auswirkungen kennenzulernen".
Auf Ablehnung stieß der Vorschlag der Verwaltung wie erwartet bei Stadtrat Norbert Tscherner (BBB), der 7500 Unterschriften für den Erhalt der Jugendherberge gesammelt hatte. Tscherner beklagte nicht nur, dass die Stadtspitze innerhalb weniger Tage eine Kehrtwende gemacht habe und nicht mehr zu den in einem Beschluss vom Mai gegebenen Versprechungen stehe.
Er fürchtet auch, dass das Kreativzentrum nur der erste Schritt dazu sei, sich von der Jugendherberge zu verabschieden: "Ein Jugendzentrum, das nicht einmal einen Hausmeister hat, wird in zwei Jahren endgültig abbruchreif sein."
Empörung über gestiegene Planungskosten Auf Empörung stieß über die Fraktionen hinweg die Nachricht, dass die Planungskosten für die Sanierung der Jugendherberge, die jetzt vorerst auf Eis gelegt ist, nicht wie ursprünglich dargelegt 300.000 Euro kostet, sondern 450.000. Diese Zahl werde in der Bevölkerung als Katastrophe wahrgenommen, sagte Dieter Weinsheimer (FW). Einen "skandalösen Umgang mit Steuergeldern" warf Daniela Reinfelder den Verantwortlichen im Rathaus vor.
Schon vor zwei Jahren sei durch eine Untersuchung der Stadtbau klar gewesen, dass eine Sanierung der Jugendherberge nicht unter fünf bis sechs Millionen Euro zu haben sei. Sie fragte, warum sich die detailgenaue Kostenberechnung habe auf alle drei Varianten erstrecken müssen. Hier hätten leicht Kosten eingespart werden können.
Die Entscheidung der Verwaltung verteidigte Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD). Es sei goldrichtig gewesen, eine komplette Kostenberechnung in Auftrag zu geben, weil nur so die Grundlage für eine Entscheidung erhalten werden könne. "Ich habe meine Lektion aus den Brückenbauten gelernt. Einer wie immer gearteten oberflächlichen Kostenschätzung werde ich bei Projekten nicht mehr die Hand reichen."
Als im Sommer in den sozialen Netzwerken die Diskussion "Kultur braucht Zeit" begann und langsam hochkochte, war ich derjenige, der die Forderung um den Faktor "Raum" erweiterte. Zum Hintergrund. Ich bin mittlerweile 41 Jahre alt, Meister für Veranstaltungstechnik, also "vom Fach" und verfolge die Situation der Kultur, abseits der etablierten Einrichtungen, in Bamberg schon geraume Zeit. In den 90iger Jahren war es schon schwer in Bamberg einen geeigneten Raum zu finden für Feiern, Konzerte etc. Schulbälle fanden damals noch überwiegend in den Schulen direkt statt, später dann im Zentralsaal. Der Zentralssal beheimatete neben den Veranstaltungen professioneller Veranstalter auch viele Jugendpartys, Auftritte von Laientheatergruppen, Plattenbörsen, Reptilienausstellungen und vieles mehr. Andere Veranstaltungsorte waren das Freizeitwerk oder das Boosthaus im Hain. Einer der besten Säle Bambergs war das Freizeitwerk. In diesem Saal fand 2003, kurz vor seiner Schließung, das Laienprojekt "Cleopatra - Das Musical" statt. Ein Projekt mit über 200 Laien, aus allen Altersgruppen und dem damaligen bayrischen Umweltminister Dr. Werner Schnappauf, als Schirmherren. Das alles ist Vergangenheit. Zentralsaal und Freizeitwerk existieren nicht mehr. Es geht also um weit mehr als Proberäume oder ein reines Jugendkulturzentrum. Was Bamberg braucht ist ein vielfältig nutzbares soziokulturelles Zentrum, das die Interssen der Jugendlichen berücksichtigt, aber auch die Interessen der ganzen Bevölkerung. Auch ohne die Sanierungsproblematik, erfüllt die Wolfsschlucht diese Anforderungen in keinster Weise. Die Wolfsschlucht verfügt nicht über geeignete Räume, sie ist verkehrstechnisch schlecht angebunden und die Jugendlichen müssten nachts durch den dunklen Hain gehen. Letzteres dürfte bei Eltern jugendlicher Töchter für erhebliche Bauchschmerzen sorgen. Was Bamberg braucht ist eine vernünftige und tragfähige Lösung und kein politisches Feigenblatt.