Das Planfeststellungsverfahren im südlichen Landkreis Bamberg läuft. Einwendungen können noch bis zum 6. November gemacht werden.
Durch die Gemeinden Altendorf, Hirschaid und Strullendorf sollen künftig auf zwei zusätzlichen Gleisen ICE rauschen und Güterzüge rattern. Deshalb ist hier das Interesse an dem bürokratischen Monster Planfeststellungsverfahren besonders groß. In den ersten beiden Wochen, in denen die Unterlagen zum Bahnausbau einzusehen waren, kamen zahlreiche Betroffene in die Rathäuser, um sich zu informieren oder beraten zu lassen. Das berichten übereinstimmend die Bürgermeister Karl-Heinz Wagner (Altendorf), Klaus Homann (Hirschaid) und Wolfgang Desel (Strullendorf).
Einen regelrechten Ansturm verzeichnete die größten Landkreisgemeinde. Ins Hirschaider Rathaus strömten täglich etwa 30 Leute, an Tagen mit verlängerter Öffnungszeit bis zu 50 und an den zusätzlichen Samstagen sogar rund 70 Bürger, schätzt Klaus Homann. Erst in dieser Woche habe es spürbar nachgelassen. "Am Anfang war der Andrang ganz stark", stellt auch Karl-Heinz Wagner fest. Die Interessierten und Betroffenen aus Altendorf kamen sofort nach den beiden Bürgerversammlungen zum Bahnausbau.
Häuser müssen weichen
Dass der Andrang in Strullendorf bislang nicht ganz so groß war - Wolfgang Desel spricht von fünf bis zehn Interessierten täglich -, mag auch daran liegen, dass eine Informationsveranstaltung mit Vertretern der Bahn erst an diesem Donnerstag stattfindet. Von 14 bis 18 Uhr wollen Bahnplaner im Rathaus Rede und Antwort stehen. Geplant ist auch eine zweite Bürgerversammlung zum Thema sowie eine weitere Sondersitzung des Gemeinderats. "Manche haben vielleicht noch gar nicht gemerkt, dass sie betroffen sind", meint Desel. Da sei es immer hilfreich wenn jemand ein Problem anspreche und vielleicht andere merkten, dass es auch sie angeht.
Das Thema, das allerorts die meisten Menschen interessiert, ist der Lärmschutz. Sei es die Frage nach der Möglichkeit selbst Schallschutzfenster zu bekommen, sei es die der Schallschutzwände, die die Ortschaften durchschneiden werden. Auch die Frage, wo Baustraßen und -lagerplätze eingerichtet werden sollen, interessiert viele. Schließlich ist auch dort während der Bauzeit mit starken Beeinträchtigungen zu rechnen. Und das wird sich über Jahre hinziehen. Die Bahn spricht von einer "Hauptbauzeit" von 2019 bis 2024.
Ganz unmittelbar und massiv betroffen sind einige Anwohner, die wegen der Verbreiterung der Bahntrasse sogar ihr Haus verlieren sollen. "Rückbau Wohngebäude", heißt das in den Planfeststellungsunterlagen. In Altendorf bedeutet das, dass in der Gotenstraße vier Häuser abgerissen werden sollen. Dabei gibt es auch so eine kuriose Situation, dass von einem Doppelhaus aus den 1960er Jahren eine Hälfte der Bahn weichen soll, während die andere Hälfte laut Plan stehen bleiben könnte, schildert Bürgermeister Wagner die Situation.
"Die einen haben sich mit der Situation arrangiert, weil das schon seit 20 Jahren im Raum steht, die anderen zeigen sich kämpferisch", beschreibt Wagner die Stimmungslage der Anwohner. Nicht persönlich, aber wirtschaftlich betroffen, sind auch Betriebe im Gewerbegebiet, wo eine Werkhalle und mehrere kleinere Lagerhallen Platz für die Bahn machen sollen. In all diesen Fällen werde es im Endeffekt wohl darum gehen, wie die Entschädigung für die Betroffenen ausfalle.
Frist läuft ab
Alle Betroffenen entlang der Strecke haben nun bis zum 6. November Zeit, ihre Einwendungen zu formulieren und sie schriftlich über die Gemeinden oder direkt bei der zuständige Regierung von Oberfranken einzureichen. Was danach eintrifft, wird von der Genehmigungsbehörde nicht berücksichtigt. Und nur wer eine Einwendung macht und fristgerecht abgibt, hat später noch die Gelegenheit, vor Gericht gegen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen. Die Unterlagen selbst - etwa zehn prall gefüllte Aktenordner - können nur noch bis zum 4. Oktober in den Rathäusern eingesehen werden. Im Internet zu finden sind sie auf den Seiten der Regierung von Oberfranken (
www.reg-ofr.de/abspfa-21).
Bei der Suche nach den richtigen Planunterlagen geben die Gemeindeverwaltungen Hilfestellung. "Was positiv ankommt: dass immer jemand da ist, der sich auskennt und auch Baupläne lesen kann", stellt Wolfgang Desel fest. Schließlich seien manche Pläne schon rein optisch schwer leserlich. Ebenso wie Hirschaid bietet Strullendorf auf seiner Homepage einen Link zum "Einspruchshelfer", des Vereins Das bessere Bahnkonzept an. Tipps für Einwendungen geben aber auch die Mitarbeiter in den Verwaltungen.
Etwa 500 Einwendungen werden wohl allein aus Hirschaid eingehen, schätzt Klaus Homann anhand der bisherigen Resonanz im Rathaus. Das sei aber nur sein persönliches Bauchgefühl, schließlich könne er nicht sagen, wie viele Menschen ihre Schreiben direkt an die Regierung richten.
Die Gemeinden selbst sind derzeit ebenfalls eifrig dabei, ihre Anliegen, und Bedenken mit juristischer Hilfe schriftlich zu fixieren. "90 Seiten haben wir schon ausformuliert, und 100 werden wohl noch dazu kommen", berichtet Homann. "Wir haben erst begonnen und 30 Punkte formuliert. Aber das geht jetzt Schritt für Schritt weiter", sagt Desel. "Das ist in Arbeit", meint Wagner und kündigt an, dass es am 10. Oktober nochmals eine Sondersitzung des Gemeinderats geben wir.