Für die Befürworter einer Tunnellösung endete die die fünfte Sitzung des Koordinierungskreises mit einer Enttäuschung. Eine unterirdische Bahnröhre wirft die längste Bauzeit auf und gilt als extrem teuer. Und das ist noch nicht alles.
Ernüchterung bei den Anhängern einer Tunnellösung für Bamberg. Viele im Stadtrat hatten offenbar gehofft, dass eine unterirdische Doppelröhre den Bahnlärm völlig schluckt. Dem ist aber nicht so, wie unter anderem Ursula Sowa (GAL) enttäuscht feststellen musste. Auch mit Tunnel würde ein Drittel des Güterzugverkehrs oberirdisch rollen, wenn auch ab 2025 im Flüstermodus.
Bahn und Stadt Bamberg hatten am Freitag zur fünften Sitzung des Koordinierungskreises Bahnausbau eingeladen. Noch machen beide Seiten einen Bogen um das konfliktbeladene Thema Kosten. Die Zahlen im dreistelligen Millionenbereich sollen für drei Varianten in einem nächsten Schritt ermittelt und Ende März, wohlweislich nach den Kommunalwahlen, veröffentlicht werden. Doch auch so sammelte die Stadt beim Annäherungsprozess an das größte Verkehrsprojekt in der jüngeren Geschichte Bambergs wichtige Erkenntnisse.
Es sind zwei Zahlen, an Hand derer Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Bahn, die Auswirkungen zwei grundverschiedener Varianten verdeutlichte. Kommt es zu einem viergleisigen Ausbau im Bestand, so werden 18000 von 20000 Menschen, die im Bereich der Bahngleise leben, von den Möglichkeiten des innovativen Lärmschutzes profitieren. Das ist eine Verbesserung von 5000 gegenüber dem Stand heute, bei dem nur für 13000 Anwohner die Grenzwerte eingehalten werden. Auch bei einem Tunnelbau würde die Zahl der vor Bahnlärm geschützten Menschen steigen, allerdings nicht so stark - von 13000 auf 17000. Grund ist der fehlende Lärmschutz nördlich des Bahnhofs, wo die Bahnstrecke unterirdisch verliefe.
Für Josel war vor allem die erste Zahl eine gute Nachricht. Sie bedeutet, dass der innovativen Lärmschutz allen Unkenrufen zum Trotz das Ziel erreicht - einen stadtverträglichen Bahnausbau - so sieht es zumindest das deutsche Verkehrsunternehmen.
In seinen Berechnung stützt es sich vor allem auf die bundesweite Einführung so genannter leiser Güterzüge mit Kunststoffbremsen, wozu der Bund die Bahn bis 2025 verpflichtet habe.
Außerdem sollen in Bamberg so genannte Schienenstegdämpfer zum Einsatz kommen und die Gleise regelmäßig geschliffen werden. Das alles führe dazu, dass die von vielen befürchteten "Monstermauern" in Bamberg nun erneut "gekürzt" werden können - auf drei Meter. Sie sollen zudem in Glas gehalten werden, wo der Blick auf die Türme der Stadt fällt: an vier Punkten.
240 Millionen sind zu wenig Gewissermaßen amtlich ist seit Freitag auch die Erkenntnis, dass ein Tunnel unter Bamberg hindurch technisch machbar ist. Er müsste nach Einschätzung der Ingenieure in bergmännischer Bauweise, das heißt mit einer Tunnelbohrmaschine gebaut werden. So könnte man die beiden Röhren mit einer maximalen Tiefe unter dem Bahnhof von 25 Metern durch festen Fels brechen. Außerdem stellt eine offene Bauweise an die Beherrschung der von Ost nach West verlaufenden Grundwasserströme viel höhere Anforderungen.
Über die Kosten des zweieinhalb Kilometer langen Tunnels durch Bamberg wollte die Bahn am Freitag noch keine Angaben machen. Immerhin so viel erfuhr man aus Josels Mund: 240 Millionen Euro, eine Zahl, wie sie zuletzt von der Bürgerinitiative Bahnsinn Bamberg genannt worden war, erscheint der Bahn als "deutlich zu wenig". Dazu passt, was derzeit aus Leipzig verlautet. Dort belaufen sich die Kosten einer im Bau befindlichen ähnlich langen Doppelröhre auf 960 Millionen Euro.
Auch ohne die Kostenfrage hat die zeitweise als Königsweg gehandelte Tunnellösung durch die Studie ein paar Kratzer im Lack erhalten. So ist es aus Berechnungen der Bahn zu Folge und trotz einer unterirdisch ausgeführten Westabzweigung längst nicht möglich, alle Waggons in Bamberg unter die Erde zu verbannen. 71 Güterzüge müssten wegen der Knotenpunktsfunktion des Bahnhofs auch künftig oberirdisch durch Bamberg rollen, davon 40 nachts.
Nicht einmal optisch scheint der Tunnel das Allheilmittel zu sein, das sich manche erhofft hatten: Denn wegen der 500 Meter langen Rampen braucht auch der Tunnel Lärmschutz. "Bis zum Atrium würde sich die Variante deshalb kaum von einer anderen unterscheiden", beschrieb ein städtischer Verkehrsplaner das Dilemma.
Wie wichtig Lärmschutz ist, zeigen auch die Zahlen zum Verkehrsaufkommen für 2025: Insgesamt geht die Bahn von einer deutlich wachsenden Zug-Frequenz in Bamberg aus. Von rund 400 Zügen, die dann durch Bamberg rollen, werden 250 Güterzüge sein - das entspräche einer Verdoppelung zu heute.
Auch hinsichtlich der Bauzeit dürfte der Tunnel wohl die größten Belastungen bringen. Die Verwirklichung des bergmännischer Tunnelbaus würde acht Jahre in Anspruch nehmen, der Neubau im Bestand fünf, die Ostumfahrung vier Jahre, sagte Bahnplaner Reiner Gubitz.
Glaubt man den Entscheidungsträgern der Bahn, dann gibt es derzeit noch keinen Liebling. Auch die Ostumfahrung Bambergs - Schreckgespenst der Naturschützer und vieler Bewohner in Bamberg-Ost, Lichteneiche und Gundelsheim - ist noch im Rennen. Dies hat vor allem mit den Kosten zu tun. Denn auch ohne genaue Zahlen ist klar: Der Neubau einer Strecke auf der so genannten grünen Wiese ist deutlich günstiger als der Ausbau "unter rollendem Rad" mitten durch die Stadt.
Für die Initiative Bahnsinn ist deshalb klar, dass eine Ost-Umfahrung nur komplett unterirdisch in Frage kommt. Sprecher Robert Bartsch hält es auch deshalb für unverzichtbar, über diese Variante weiter nachzudenken, weil er den Versprechen der Bahn zum innovativen Lärmschutz keinen Glauben schenken mag. "Die Bahn versucht mit Absichtserklärungen die Mauern herunterzurechnen. Da machen wir nicht mit."
1. Ein Tunnel wird viel zu teuer, auf der Bestandsstrecke ebenso wie bei der Ostumfahrung.
2. Trotz der Tunnelstrecke bzw. Ostumfahrung muss mindestens 1/3 der Güterzüge auf dem alten Gleis fahren.
3. Nur noch 3m hohe Mauern mit Fenstern für die Sichtachsen und innovativer Lärmschutz bringen für 90% der betroffenen Anwohner eine Verbesserung.
4. Fraglich ist, ob im Falle des Baus der Ostumfahrung noch Geld für den Lärmschutz auf der Bestandsstrecke übrig bleibt. Für die Ostumfahrung selbst ist schließlich auch ein umfangreicher Lärmschutz notwendig. Die Bahn wird nicht doppelt zahlen.
5. Eine Ostumfahrung ist mit massiven EIngriffen in den Bannwald Hauptsmoorwald verbunden.
Damit einher gehen Probleme mit dem Grundwasser und Frischluftzufuhr für Bambergs Osten. Der Verlust des Naherholungsgebietes und vieler seltener Tier- und Pflanzenarten ist nicht zu ersetzen.
Es bleibt folglich nur noch eine Alternative:
Die Trasse mit Vernunft und innovativem Lärmschutz auf der Bestandsstrecke.