Das "Intermodale Verkehrskonzept" schlägt 46 Verbesserungsmaßnahmen für den Nahverkehr im Landkreis Bamberg vor. Etwa die Hälfte davon ist bereits in Arbeit, die ersten sollen nun umgesetzt werden.
Als der Kreistag im Frühjahr das Intermodale Mobilitätskonzept für den Landkreis Bamberg beschloss, waren sich alle einig, dass das fast 200 Seiten starke Werk kein Papiertiger bleiben soll. Dass es tatsächlich nicht in der Schublade verschwunden ist, zeigte sich - zur allgemeinen Zufriedenheit - in einer gemeinsamen Sitzung von Umweltausschuss und Kreisausschuss. Zwar gilt für zentrale Bestandteile des Konzepts, wie etwa die Neuausrichtung des Regionalbusverkehrs, das Jahr 2024 als Zeithorizont für die Umsetzung. Doch einzelne Schritte können jetzt schon gemacht werden.
Einheitliches Fahrzeugdesign, Förderung von Mitfahrbänken, Weiterführung des E-Carsharings und die Fortschreibung des Nahverkehrsplans: Zu diesen Themen stellten Nadja Kulpa-Goppert, Geschäftsbereichsleiterin Regionalentwicklung, und der Klimaschutzbeauftragte Robert Martin den Gremien den beschlussreifen Stand der Dinge vor. Auch andere Aspekte der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes wurden schon angeschoben. Kulpa-Goppert führte in ihrem Überblick unter anderem eine Grundlagenplanung für den Alltagsradverkehr, die mit europäischen Leader-Fördermitteln bereits in Auftrag gegeben wurde. Auch für die sogenannten Mobilstationen, die im Landkreis verteilt als Knotenpunkte die verschiedenen Mobilitätsformen wie Zubringerdienste, Alltagsradverkehr, Busse und Bahnen besser miteinander sollen, laufen die Vorbereitungen für eine Musterstation in einer der Landkreisgemeinden.
Ein einheitliches Design für die Regionalbusse mag manchem als Kosmetik erscheinen, oder als i-Tüpfelchen auf einem funktionierenden ÖPNV im Landkreis, doch es hat auch einen ganz praktischen Nutzen. "In Stegaurach haben wir Regionalbusse und Stadtbusse, viele wissen nicht, dass sie auch mit dem Regionalbus in die Stadt fahren können", merkte Kreisrat Bernd Fricke (Grüne) an. Auch Wolfgang Möhrlein (CSU) betonte den Wert des Wiedererkennungseffekts. Es sei wichtig, dass die Fahrgäste einen Linienbus auch als solchen erkennen.
Bisher sind im Landkreis neben den roten Frankenbussen des OVF auch Busse verschiedener privater Unternehmen aus der Region im Firmendesign im Liniendienst unterwegs. Künftig sollen neue Busse ein einheitliches Erscheinungsbild bekommen, das auch die VGN-Vorgaben erfüllt. Die Grundfarbe der Fahrzeuge soll Weiß sein. Unten bestimmt ein umlaufender Sockel in "Landkreis-Gelb" das Erscheinungsbild. Die Bamberger Stadtbusse sind hier rot, die Busse in den Haßbergen grün. VGN-Logos finden sich auf der Frontseite und hinter zwischen den Achsen. Dazu soll sich künftig ein großes Wappen des Landkreises Bamberg hinter den Hinterachsen und auf dem Heck gesellen. Auch die jeweiligen Busunternehmen sollen einen Platz zur Selbstdarstellung erhalten, auf Werbung dritter soll aber im Übergangszeitraum bis 2024 und in der Startphase des neu strukturierten ÖPNV danach verzichtet werden.
Sowohl Umwelt- als auch Kreisausschuss sprachen sich einstimmig dafür aus. Angemahnt wurde in vor allem vonseiten der SPD und der Grünen die dringende Notwendigkeit eines Regionalen Omnibusbahnhofs in der Stadt Bamberg.
Einen hohen Wiedererkennungswert sollen auch die sich wachsender Beliebtheit erfreuenden Mitfahrbänke erhalten. Nach dem Muster einer vom Verein Oberfranken Offensiv im Frühjahr gestarteten Aktion, sollen alle interessierten Gemeinden im Landkreis ein Set aus zwei Bänken und Schildern mit Klapptafeln im Wert von etwa 2000 Euro erhalten. Auf den Klapptafeln sollen Wartende ihr gewünschtes Fahrziel signalisieren können.
Einig waren sich die Gremien darin, dass die Mitfahrgelegenheiten nur dort gefördert werden sollen, wo das ÖPNV-Netz nicht wirtschaftlich realisierbar ist. Eine Konkurrenz dürfe es nicht geben. Zweifel daran, ob es sinnvoll ist den Gemeinden solche Bänke Kostenlos zur Verfügung zu stellen, äußerte unter anderem Jonas Merzbacher (SPD). Dem wollte Wolfgang Möhrlein - nach dem Motto "Wenn's nichts kostet, taugt es nicht" - nicht widersprechen. Landrat Johann Kalb verwies darauf, dass Gemeinden, die das Modell ernsthaft verfolgten, ohne mehr Bänke anschaffen müssten. Eine Bank sei als Signal zu sehen.
In der Verhaltensforschung nennt man das, glaube ich, Ersatzhandlung: Das eigentlich Notwendige wird nicht unternommen, also reagiert man sich anders ab - hier mit dem einheitlichen Design, welches zwar die Kosten für die Unternehmen nach oben treibt, dem (potentiellen) Fahrgast aber nur bedingt nutzt.
Neben einem Angebot, das seinen Namen wenigstens ansatzweise verdient, fehlt es unter anderem derzeit an einer lückenlosen, verständlichen Fahrplanbeschilderung an allen Haltestellen, Informationen zu Umsteigepunkten (Vernetzung), fehlerfreier Onlineinformation über den Fahrplan, Fahrplanheften, welche auch ohne Lupe lesbar sind, und vielem anderen.
Doch solange Fahrgastbelange die Verantwortlichen nicht interessieren, wird sich schwerlich etwas zum Besseren wenden. Wo gibt es in der Region Bamberg einen Fahrgastbeirat? Weshalb wurden und werden Fahrgastverbände (bspw. PRO BAHN und Verkehrsclub Deutschland VCD), obgleich gesetzlich vorgeschrieben (!), nicht an der Ausarbeitung und Fortschreibung des Nahverkehrsplans beteiligt?
Sinnvoller wäre es, anstatt für die Optik so viel Geld auszugeben, den Fahrplan in vielen Gemeinden auszubauen.
Was nutzt beispielsweise der Busfahrplan in Viereth für Menschen, die in Schichten arbeiten? Früh um 6 Uhr in Bamberg anfangen und mit dem ÖPNV zu fahren wäre unmöglich, da der erste Bus um 5:54 Uhr nach Bamberg fährt. Abends der letzte Bus fährt in Bamberg je nach Haltestelle gegen 18:45. Generelle Fahrzeiten gibt es sehr sehr wenige, in den Ferien noch weniger. Kein Wunder, dass die Busse nicht gerade überfüllt sind, da eh jeder mit dem Auto fahren muss. Samstag ist es noch viel schlimmer. Ein Sonntag ist überhaupt nicht vorgesehen. Klar fahren wohl am Wochenende weniger Leute, aber auch in der Stadt gibt es einen Fahrplan und auf viele Gemeinden außerhalb von Bamberg.