Hat Bambergs OB seine Neutralitätspflicht verletzt?

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Zwei Anzeigen in Bamberger Magazinen sind zum Stein des Anstoßes geworden. Betreibt hier der Gemeindewahlleiter und OB Andreas Starke unzulässige Wählerbeinflussung zu Gunsten der SPD? Oder handelt es sich um eine private Meinungsäußerung? Fotos: Michael Wehner
Zwei Anzeigen in Bamberger Magazinen sind zum Stein des Anstoßes geworden. Betreibt hier der Gemeindewahlleiter und OB Andreas Starke unzulässige Wählerbeinflussung zu Gunsten der SPD? Oder handelt es sich um eine private Meinungsäußerung?   Fotos: Michael Wehner
Laut Stadtverwaltung ohne Genehmigung aufgehängt: das neue CSU-Wahlplakat an der Kettenbrücke. Die Stadt hat deshalb ein Bußgeldverfahren gegen die CSU eingeleitet.
Laut Stadtverwaltung ohne Genehmigung aufgehängt: das neue CSU-Wahlplakat an der Kettenbrücke. Die Stadt hat deshalb ein Bußgeldverfahren gegen die CSU eingeleitet.
 

Was ist erlaubt im Wahlkampf, was nicht? Zwei Anzeigen sorgen für Wirbel im politischen Bamberg. Verletzte OB Andreas Starke (SPD) seine Pflicht zur Neutralität als Gemeindewahlleiter, fragen Stadträte. Die Stadtverwaltung geht unterdessen gegen ein nicht genehmigtes CSU-Riesenwahlplakat vor.

Es gibt wohl kaum ein Bild eines Politikers, das bekannter wäre in Bamberg. Tausendfach veröffentlicht zeigt es den Wahlkämpfer Andreas Starke (SPD) mit souveräner Geste. Zwei Jahre nach Starkes Wiederwahl sorgt das staatsmännische OB-Porträt bei der Stadtratswahl für Ärger.

Und es scheint so, als wären sich alle einig. Fast alle: CSU, Freie Wähler, Bürger-Block, die Grünen, ja selbst die einstigen Starke-Unterstützer bei den Bamberger Realisten erheben schwere Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister.

Der ist traditionsgemäß auch Gemeindewahlleiter für die anstehende Stadtratswahl.Als solchen verpflichtet ihn das Gemeindewahlgesetz zur unparteiischen Wahrnehmung seiner Aufgaben. Doch eine Anzeige mit Starkes Siegerbild, die vor kurzem in zwei Magazinen erschien, macht diese Pflicht zum Streitfall.
Unbequeme Fragen tauchen auf: Wie ist es um die Neutralität des Gemeindewahlleiters Starke bestellt. Was darf Oberbürgermeister Starke und was nicht?

Zum Beispiel Norbert Tscherner. Der Vorsitzende und Spitzenkandidat des Bamberger Bürger-Blocks wirft dem OB vor, sein Amt zu missbrauchen und die Wähler unerlaubt zu beeinflussen. Tscherner legte bei der Regierung und beim Innenministerium Beschwerde ein. Die Vorwürfe, die derzeit geprüft werden, sind nicht unerheblich: Würden sie bestätigt, könnte dies sogar zur Anfechtung der Wahl führen.
Und Tscherner ist nicht allein. CSU-Chef Helmut Müller spricht von einem "grenzwertigen Fall", und einer Grauzone, die der OB mit der Anzeige betreten habe. Es sei nicht das erst Mal, dass Starke seine Grenzen überschreite, meint Müller und erinnert an eine Auseinandersetzung vor zwei Jahren bei der OB-Wahl. Damals hatten Müller und die CSU Starke vorgeworfen, Chefärzte des Klinikums für eine Wahlkampfspende unter der Adresse des Klinikums angeschrieben zu haben.

Fünf Wochen vor der Stadtratswahl schallt es heute ähnlich aus dem Wald. "Wählerverarschung" ist das wenig schmeichelhafte Wort, in dem eine Breitseite von Dieter Weinsheimer (FW) gipfelt. Peter Gack von den Grünen formuliert eleganter: Es sei schon sehr dreist, als Gemeindewahlleiter und OB, der gar nicht zur Wahl steht, in dieser Form Werbung für die SPD zu machen - und Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit: "Die SPD hat keine Inhalte, deswegen muss sie sich in erster Linie als OB-Partei profilieren."

Doch so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht, ist die Sachlage nicht. Zum einen ist es nicht der OB, der die beiden Anzeigen in Auftrag gegeben und finanziert hat. Es ist die Bamberger SPD gewesen, wie Fraktionschef Wolfgang Metzner sagt. Metzner findet nichts Anrüchiges dabei, wenn Andreas Starke als Privatperson und SPD-Mitglied Werbung für die SPD macht und umgekehrt die SPD sich seinen Bekanntheitsgrad zunutze macht. Die Vorwürfe sind für ihn "Wahlkampfgetöse" und Ausdruck dessen, dass es den politischen Gegnern offenbar an Argumenten mangelt.

Für den nicht vorgebildeten Betrachter dürften diese Feinheiten freilich eher akademischer Natur sein. Er sieht Starke mit Siegergeste und legt ihm die nebenstehenden Worte "Wer Starke will, wählt SPD" unwillkürlich in den Mund.

Dass es sich dabei gar nicht um ein Zitat von Starke handelt, sondern um eines der SPD, erfährt man beim SPD-Wahlkampfmanager Klaus Stieringer. "Hier geht es um die klare Aussage, dass die SPD die Politik von Andreas Starke unterstützt", sagt Stieringer. Er bestätigt, dass die SPD ganz bewusst den Titel OB weggelassen hat, um nicht in den Verdacht zu geraten, den Gemeindewahlleiter für die SPD zu instrumentalisieren.
Starke selbst sieht die Anfeindungen "ganz gelassen". "Die Botschaft lautet, dass die Bamberger SPD in der nächsten Wahlperiode meine Politik unterstützt. Die Erfolge der letzten Jahre sind ja nicht vom Himmel gefallen", sagt der OB. Den Gegnern wirft er "Formalismus" vor. Das Recht auf eine private Meinungsäußerung werde durch die Funktion des Wahlleiters nicht ausgehebelt.

CSU hatte keine Genehmigung

Wie stark sich die politischen Gegner derzeit beäugen, zeigt sich auch an einem zweiten Beispiel. Das mit großem Aufwand am Wochenende aufgehängte Riesenplakat der CSU wurde laut Stadtverwaltung ohne Antrag, ohne denkmalschutzrechtliche Erlaubnis und somit ohne Genehmigung aufgehängt.

Abgehängt werden müsse es dennoch nicht, sagt Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar. Aber ein Bußgeldverfahren ist eingeleitet.


Kommentar von Michael Wehner:


Kleinkrieg ohne Wirkung

D ie unangenehme Phase eines Wahlkampfs. Sie beginnt immer dann, wenn sich die Nervösität der Bewerber zur aggressiven Dauererregung steigert, in der jede Gelegenheit genutzt wird, um dem politischen Gegner eins auszuwischen. Beim Rekordwert von annähernd 400 Kandidaten verspricht die Stadtratswahl 2014 ein besonderes Kaliber zu werden.

Zwar sieht es nicht so aus, als ob Andreas Starke auf dem rutschigen Terrain des Gemeindewahlgesetzes ins Schleudern geriete. Er kann sich auf das Recht zur privaten Meinungsäußerung berufen. Dennoch ist es wenigstens irreführend, wenn ein Gemeindewahlleiter Wahlwerbung betreibt, die für unbedarfte Wähler kaum von unzulässiger Stimmungsmache zu unterscheiden ist.

So funktioniert das Geschäft. Einerseits. Andererseits sollten die Kombattanten nicht den Fehler machen, ihren Kleinkrieg um die öffentliche Wahrnehmung in der Auswirkung auf das Wahlergebnis zu überschätzen. Bei der letzten Stadtratswahl haben nicht einmal die Hälfte aller Wähler ihre Stimme abgegeben. Und einer Umfrage auf infranken.de zu Folge glauben 67 Prozent der Teilnehmer nicht mehr an das, was in den Wahlprogrammen steht.Diesen Vertrauensverlust kann man nicht in ein paar Wochen wieder gut machen.

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