Egal ob Tunnel oder Ausbau im Bestand - wenn die Bahn ihre neue Hochgeschwindigkeitstrasse durch Bamberg bricht, steht das Verkehrsnetz der Stadt vor einem Stresstest in bisher nicht gekannter Größenordnung. Allein der Neubau der Memmelsdorfer Unterführung soll drei Jahre in Anspruch nehmen - natürlich mit Vollsperrung.
Robert Bartsch von der Initiative Bahnsinn blickt in diesen Tage mit gewissem Hintersinn nach Berlin. Sollten die Koalitionäre beschließen, und manches deutet darauf hin, dass Deutschlands Straßennetz künftig mit mehr Milliarden Euro als bisher bedacht wird, dann hat das direkte Auswirkungen auch auf Bamberg. Denn weil das Geld im Bundesverkehrswegeplan knapp und Vorhaben wie die Hochgeschwindigkeitsstrecke zahlreich sind, wird der Startschuss für den Bahnausbau in der Welterbestadt zwangsläufig nach hinten rücken. Was Bartsch nicht unbedingt beunruhigt: "Der Ausbau wird ein Riesenchaos", sagt Bartsch.
Ganz von der Hand zu weisen, sind solche Bedenken nicht. Allein die Bauzeiten mögen das Ausnahme-Jahrzehnt vor Augen führen, das der Stadt bevorsteht, sind die Baumaschinen der Deutschen Bahn einmal angerückt. Mindestens acht Jahre kalkulieren die Planer für den Bau einer Strecke mit Güterzugtunnel unter Bamberg. Drei bis vier Jahre würde es dauern, bis die Tunnelvortriebsmaschine den Durchbruch geschafft hätte: Tiefster Punkt zweier Röhren wäre mit 25 Metern unter dem Bahnhof, dort lägen sie in festem Fels und deutlich unter dem Grundwasserstrom. Zwei Unterführungen entfallen Und "Tunnelbau" heißt nicht, dass der oberirdische Verkehr, der sich an den Schnittstellen mit der Bahnlinie bereits heute vielfach verdichtet, nicht berührt wäre. "Vor allem für den Süden bedeutet ein solches Projekt gewaltige Eingriffe", erklärt Claus Reinhardt vom Baureferat der Stadt. Grund ist die nötige Absenkung aller vier Gleise im Norden des Münchner Rings. Die zwingende Folge eines Tunnels wäre auch das "Aus" für die Unterführungen von Geisfelder und Moosstraße. Um sie zu ersetzen, planen die Experten eine Brücke. die von der Nürnberger zur Strickerstraße führen soll.
Und auch weiter nördlich bis auf Höhe des Atrium wird die Bahnlinie nach einem Umbau kaum noch an das heutige Bild erinnern. Bartsch spricht von einer "Umwälzung" Bambergs, die hier bevorsteht und zwar egal, bei welcher Ausbauvariante. Die Techniker drücken sich weniger deutlich aus. Sie sagen Trog und Rampe dazu, wenn die Trasse zwischen dreifach gestaffelten Lärmschutzwänden in der Tiefe verschwindet. Teilweise. Denn ab dem Punkt, an dem die beiden äußeren Gleise in die Röhren münden, steigen die die beiden inneren wieder an. Bis zum Bahnhof müssen rund vier Meter Höhendifferenz überwunden werden. Bambergs Bahnlinie bekäme einen Delle.
Für den Stadtrat, der mit seinem im Frühling erwarteten Votum die Geschicke Bambergs auf etliche Jahrzehnte hinaus prägen wird, dürfte es wohl nicht die entscheidende Rolle spielen, ob der Ausbau im Bestand bautechnisch schonender sein wird als der Tunnel. Der Bürger könnte es indes anders beurteilen. Immerhin dauert die Umsetzung der Variante mit innovativem Lärmschutz nach dem derzeitgen Stand "nur" fünf bis sechs Jahre. Ein Stresstest fürs Bamberger Verkehrswegenetz ist zweifellos auch sie. Denn mit der Memmelsdorfer und der Zollnerstraße stehen ihr zwei Bamberger Hauptverkehrsadern im Weg, die heute schon oft überlastet sind. Langfristige Vollsperrung Wer in Bamberg häufig von Ost nach West pendelt, wird sich im nächsten Jahrzehnt also mit Alternativen anfreunden müssen. Denn ein Ausbau "unter rollendem Rad" wie die Bahnplaner sagen, heißt nichts anderes als, dass die beiden Bahnbrücken jeweils drei (!) Jahre umgebaut werden, mit Aussicht auf ebenso lange Vollsperrungen für den Fahrzeugverkehr darunter.
Im aktuellen Bamberger Haushalt hat die Stadt für das ICE-Projekt nur 100 000 Euro eingestellt, ein Bruchteil dessen, was das Vorhaben für die Stadt an Kosten verursachen wird: "Es macht derzeit keinen Sinn, Geld anzusparen, weil wir nicht wissen, wie viel an Kosten wann auf die Stadt zukommen", begründet Finanzreferent Bertram Felix die Zurückhaltung der Stadt, die angesichts knapper Kassen sicher nicht ungelegen kommt. Dennoch ist unzweifelhaft, dass der viergleisige Neubau durch Bamberg die Stadt vor annähernd so große Herausforderungen stellen wird wie die drei zuletzt errichteten Kanalbrücken zusammen. 16 Kreuzungspunkte gibt es nach Angaben der Stadt insgesamt, vier davon sind dringend verbesserungsbedürftig. Zwar könnte sich die Stadt auf den Standpunkt zurückziehen, dass sie nicht die Verursacherin der Baumaßnahmen ist. Doch das ist blanke Theorie. Schon heute hat man im Baureferat ein Bündel von Vorschlägen, wie Leistungsvermögen und Optik der rund 100 Jahre alten Unterführungen erhöht und an den gewachsenen Autoverkehr angepasst werden könnten. Felix geht davon aus, dass die Stadt eine hohe Millionensumme, auf jeden Fall im zweistelligen Bereich, beisteuern muss. Claus Reinhardt sieht aber auch die Chancen: "Wir haben die Möglichkeit, das Bamberger Verkehrsnetz an neuralgischen Punkten zu verbessern." Baubeginn ab 2017? Bislang gibt es für den Einstieg in das größte Infrastrukturprojekt der jüngeren Geschichte Bambergs nur ein sicheres Datum. Nach Angaben der Bahn kann frühestens ab 2017 mit dem Ausbau begonnen werden. Doch ob das Geld dann wirklich da ist, um in Bamberg den letzten Teil der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen München und Berlin anzugehen, weiß man im Moment offenbar nicht einmal im Bundesverkehrsministerium. Unsere Anfrage dazu blieb unbeantwortet.
Die Vielzahl der Bauvorhaben im Bundesverkehrswegeplan könnte Bambergs Gnadenfrist zumindest verlängern, meint der der grüne Bundestagsabgeordnete Toni Hofreiter, viele Jahre Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag. Hofreiter hat schon vor Jahren unwidersprochen folgende Milchmädchenrechnung aufgemacht: Wer das vorhandene Geld durch die Zahl der vorrangigen Projekte teilt, kommt für Bamberg mindestens auf das Jahr 2030...
Unterdessen wirft die Bürgerinitiative Bahnsinn der Bahn vor, es bei ihren beiden Machbarkeitsstudien mit der Wahrheit nicht allzu genau zu nehmen. So sind Zweifel an der der Aussage laut geworden, dass die Umrüstung aller deutschen Güterzüge mit leiseren Bremsen tatsächlich bis 2025 abgeschlossen sein werde - ebenso an der durchschlagenden Wirkung von Schienenstegdämpfern und einem "überwachten Gleis". Auch die Vergleichbarkeit eines Tunnels in Bamberg mit dem 960 Millionen Euro teueren City-Tunnel in Leipzig sei mehr als fraglich, sagen die Befürworter eines stadtverträglichen Bahnausbaus.
Genau hinsehen will auch die Bamberger Stadtverwaltung - zu viel hängt davon ab, um Zahlen wie etwa den Prognosen der Bahn für den Zugverkehr blind zu vertrauen. In seiner Studie hatte das Verkehrsunternehmen für 2025 eine Verdoppelung des Güterverkehrs angekündigt. Folge wäre, dass die beiden Tunnelröhren durch Bamberg nicht ausreichen, um alle Waggons aufzunehmen. Rund ein Drittel müsste nach wie vor oberirdisch durch die Stadt rumpeln.
Unumstritten ist der Zeitvorteil, den die Reisenden der Bahn dadurch genießen werden, dass die ICE-Züge auf der fünf Kilometer langen Strecke durch Bamberg künftig mit 230 statt mit 160 Sachen unterwegs sind: Es sind 34 Sekunden.
Dieses Chaos könnte man sich locker sparen. Aber ohne den Joker geht das halt nicht. Baut im Osten unter der Erde und alles ist gut.
1. Ein Tunnel wird viel zu teuer, auf der Bestandsstrecke ebenso wie bei der Ostumfahrung.
2. Trotz der Tunnelstrecke bzw. Ostumfahrung muss mindestens 1/3 der Güterzüge auf dem alten Gleis fahren.
3. Nur noch 3m hohe Mauern mit Fenstern für die Sichtachsen und innovativer Lärmschutz bringen für 90% der betroffenen Anwohner eine Verbesserung.
4. Fraglich ist, ob im Falle des Baus der Ostumfahrung noch Geld für den Lärmschutz auf der Bestandsstrecke übrig bleibt. Für die Ostumfahrung selbst ist schließlich auch ein umfangreicher Lärmschutz notwendig. Die Bahn wird nicht doppelt zahlen.
5. Eine Ostumfahrung ist mit massiven EIngriffen in den Bannwald Hauptsmoorwald verbunden. Damit einher gehen Probleme mit dem Grundwasser und Frischluftzufuhr für Bambergs Osten. Der Verlust des Naherholungsgebietes und vieler seltener Tier- und Pflanzenarten ist nicht zu ersetzen.
Es bleibt folglich nur noch eine Alternative: Die Trasse mit Vernunft und innovativem Lärmschutz auf der Bestandsstrecke.
Dieses Chaos könnte man sich locker sparen.
Aber ohne den Joker geht das halt nicht. Baut im Osten unter der Erde und alles ist gut.
1. Ein Tunnel wird viel zu teuer, auf der Bestandsstrecke ebenso wie bei der Ostumfahrung.
2. Trotz der Tunnelstrecke bzw. Ostumfahrung muss mindestens 1/3 der Güterzüge auf dem alten Gleis fahren.
3. Nur noch 3m hohe Mauern mit Fenstern für die Sichtachsen und innovativer Lärmschutz bringen für 90% der betroffenen Anwohner eine Verbesserung.
4. Fraglich ist, ob im Falle des Baus der Ostumfahrung noch Geld für den Lärmschutz auf der Bestandsstrecke übrig bleibt. Für die Ostumfahrung selbst ist schließlich auch ein umfangreicher Lärmschutz notwendig. Die Bahn wird nicht doppelt zahlen.
5. Eine Ostumfahrung ist mit massiven EIngriffen in den Bannwald Hauptsmoorwald verbunden.
Damit einher gehen Probleme mit dem Grundwasser und Frischluftzufuhr für Bambergs Osten. Der Verlust des Naherholungsgebietes und vieler seltener Tier- und Pflanzenarten ist nicht zu ersetzen.
Es bleibt folglich nur noch eine Alternative:
Die Trasse mit Vernunft und innovativem Lärmschutz auf der Bestandsstrecke.