In einem Interview nimmt Erzbischof Ludwig Schick Stellung zum Fronleichnamsfest, das auch evangelischen Christen etwas sagen kann. Allerdings wird es coronabedingt in diesem Jahr nur eine kleine Prozession am Dom geben.
Fronleichnam, das heute gefeiert wird, ist ein katholisches Fest par excellence, dessen tiefer Gehalt mit dem Verstand nicht zu begreifen ist. In einem Gespräch mit unserer Zeitung eröffnet Erzbischof Ludwig Schick Wege, sich dem Fest nähern zu können.
Coronabedingt muss in diesem Jahr die traditionelle Fronleichnamsprozession in Bamberg ausfallen. Ist es tatsächlich ein Verlust, dass dieses vielfach folkloristisch anmutende Event nicht stattfindet?
Erzbischof Ludwig Schick: Die Fronleichnamsprozession in Bamberg ist kein "folkloristisch anmutendes Event", sondern echte Volksfrömmigkeit. Das Fronleichnamsfest wurde auf Anregung von einer Frau aus dem Volk, Juliana von Lüttich, im 13. Jahrhundert eingeführt. Die Gläubigen wollen mit der Prozession zeigen, dass Jesus Christus nicht nur im Tabernakel der Kirche bei ihnen ist, sondern überall im Alltagsleben - in Städten und in Dörfern.
Zugleich erbittet die Fronleichnamsprozession den Segen für alle Menschen, besonders für die Notleidenden und Bedrängten. An der Bamberger Fronleichnamsprozession nehmen jedes Jahr so viele Menschen aktiv teil: die Trägerinnen und Träger der Statuen, die Chöre, Vorbeterinnen und Vorbeter; andere gehen mit, beten und singen. Sie ist Ausdruck des Glaubens.
Es gibt auch Touristen und (nur) Schaulustige darunter, aber die meisten nehmen innerlich daran teil. Das beobachte ich jedes Jahr, wenn ich die Monstranz durch die Stadt trage.
Wie kann dem aufgeklärten Menschen von heute klar gemacht werden, dass die Gestalt Christi präsent ist in der Hostie, in den Gaben von Brot und Wein?
Auch der "aufgeklärte Mensch" weiß, dass es mehr in unserer Welt gibt als das, was man berechnen, zählen und naturwissenschaftlich erfassen kann. Der Glaube an Transzendenz ist eine Wirklichkeit. Die Gegenwart Jesu Christi in der Gestalt der Hostie ist ein Aspekt des Glaubens, der geschenkt wird und den man erbitten muss.
Der große Dominikanertheologe Thomas von Aquin hat das Geheimnis der Dialektik von Verhüllung der Gestalt Christi und Offenbarung ja in ein Kirchenlied verdichtet: "Gottheit tief verborgen, betend nah ich dir ...". Ist beten die einzige Möglichkeit, sich diesem Mysterium zu nähern?
Folklore ist es nicht. Eher Firlefanz.