Annerose Ackermann will die SPD-Fraktion verlassen. Ihr Ziel ist die CSU. Sollte es dazu kommen, hätte das Auswirkungen auf die Machtbalance im Rathaus.
In der Stadtratssitzung am 29. Mai könnte alles sein wie gehabt - oder auch nicht. Erstmals will Annerose Ackermann dann nicht mehr in den Reihen der SPD hinter Klaus Stieringer sitzen, sondern etliche Meter weiter links; dort, wo im Großen Saal der Harmonie für gewohnt die CSUler residieren. "Ich habe mir diesen Schritt lange überlegt. Jetzt mache ich ihn", zeigt sich die 72-Jährige entschlossen. Vielen Bambergern ist sie als Vorsitzende des Kinderschutzbundes bekannt.
Es ist nicht der erste Wechsel eines Stadtrats in eine andere Fraktion. Hans-Jürgen Eichfelder (BA) verließ gleich zu Beginn der Wahlperiode die BuB-Fraktion Richtung Freie Wähler; deren Mitglieder vollzogen später die umstrittene Neugründung der Bamberger Allianz. Prominente Wechsler in den Jahren zuvor waren Klaus Stieringer und Wolfgang Metzner (heute beide SPD); zwei Mal zerriss es auch Norbert Tscherners Bürger-Block.
Doch diesmal könnten die Auswirkungen der politischen Rochade größer sein. Die fein austarierte Machtbalance im Rathaus ist in Gefahr.
Nähe zur CSU in Gaustadt
Hört man die Stadträtin selbst, ist es kein Groll, der sie veranlasst, sich nach elf Jahren in der SPD-Fraktion eine neue politische Heimat zu suchen. Eher ist es die Wertschätzung, die sie zuletzt vor allem von Seiten der CSU und deren Vertretern in Gaustadt erfahren haben will. Man muss wissen: Schon 2015 war sie aus der SPD ausgetreten, aus "Unzufriedenheit über die Bundes- und Landespolitik der SPD", wie sie sagt. Nun geht sie einen weiteren Schritt in Richtung Union. Bei der CSU möchte sie auch für die Stadtratswahl 2020 kandidieren.
Der Umzug einer einzelnen Stadträtin ein paar Stuhlreihen nach links wäre kaum mehr als eine Personalie, gäbe es nicht das Sitzverteilungsverfahren nach Hare-Niemeyer. Sollte die CSU-Fraktion Ackermann tatsächlich aufnehmen, würde die dann 13 Stadträte starke CSU acht Sitze in den Senaten hinzugewinnen. Umgekehrt würde die SPD-Fraktion von zehn auf neun Mitglieder schrumpfen und acht Mandate in den Senaten verlieren - ein herber Verlust für die erfolgsverwöhnten Bamberger Sozialdemokraten.
In der SPD-Fraktion empfindet man solche Szenarien nicht umsonst als Gift für das Klima der Zusammenarbeit in der Großen Kooperationsgemeinschaft aus CSU und SPD (GroKo). Dieses Bündnis hatte sich 2014 zusammengefunden hatte, um eine, wenn auch knappe, Mehrheit im Bamberger Rathaus zu schmieden. Hört man Klaus Stieringer, würde die SPD die Rot-Schwarze Allianz mit der CSU aufkündigen, käme es zu einer Aufnahme Ackermanns durch die CSU-Fraktion. "Das wäre ein unfreundlicher Akt. Die GroKo würde platzen; und das hätte auch Auswirkungen für die Zusammenarbeit nach der Wahl", ergänzt Heinz Kuntke (SPD) an. Beide zweifeln zudem daran, dass ein Wechsel der Fronten die Zustimmung der Regierung von Oberfranken fände, wäre er in erster Linie von der Hoffnung auf einen Listenplatz bei der CSU getragen. Denn von ernsthaften Differenzen, einem politischen Zerwürfnis könne keine Rede sein. Ackermann habe alle Beschlüsse der SPD mitgetragen.
Die CSU ist hin- und hergerissen
Spannung verheißt die Angelegenheit, weil die CSU hin - und hergerissen ist. Kreisvorsitzender Christian Lange betont, dass es keine Abwerbeversuche gegeben habe. Auch über die Listenplätze entscheide die CSU nicht vor September. Fraktionschef Helmut Müller geht indes nicht davon aus, dass die CSU Annerose Ackermann die kalte Schulter zeigen will. "Wir können niemanden abweisen, der an der Tür klopft."
Seltsame Ansichten
Dass ein/e Stadtrat/Stadträtin aus seiner/ihrer Partei austritt und in der Stadtratsfraktion verbleibt, ist zwar seltsam, aber nicht das Maul aufmachen wert. Ich wundere mich eher über die angegebenen Gründe, weil die unglaubwürdig sind. Problematischer ist der Übertritt in eine andere Fraktion! In der CSU-Fraktion muss die Überläuferin wie bisher abstimmen, um die GroKo nicht zu gefährden. Was hat denn dann ein Wechsel für einen Sinn? Die CSU kommt in eine Situation von existenziellem Ausmaß.
Am Alter (73 Jahre) Anstoß zu nehmen, ist unfair – ja geradezu altersdiskriminierend! Dass ein älterer Mensch nicht die jüngerer Leute und deren Sorgen verstehen solle (ein jüngerer hingegen die der älteren) ist albern. Mehr will ich nicht sagen. Sonst müsste ich eine Art Proporz fordern: Bei 56.000 Wählern und 44 Stadträten bekommt die Altersgruppe 19 bis 29 Jahr mit 10.058 Wahlberechtigten acht Stadträte und die Gruppe über 80 Jahre (die ja auch ein Recht auf ihre Vertretung ha) mit 5.314 Wahlberechtigten vier Stadträte. Was nun?
Sehr geehrter Herr Stenglein,
ganz unabhängig vom Alter ist es nicht, wenn man schreibt, dass die Dame langsam aber sicher in Pension gehen sollte. Sich mit dann fast 74 Jahren wählen zu lassen, bedeutet ja, dass sie am Ende der Legislaturperiode 80 Jahre alt sein wird. Bei allem Respekt vor Ihrem persönlichen Alter, sollte man dann nicht mal jüngeren (z.B. 30-40 jährigen) das Ruder überlassen. Warum hat der Gesetzgeber für "Otto Normalverbraucher" denn eigentlich die Altersgrenze für die Rente bzw. Pension eingeführt? Das hat nichts mit "Altersdiskriminierung" zu tun. Wenn einem nichts als die Politik als Lebensinhalt bleibt (siehe auch Wolfgang Schäuble, Jahrgang 1942), dann ist es wirklich an der Zeit, abzutreten. Die reine Politik als Lebensinhalt ist m. E. nicht erstrebenswert. Da geht einiges vom "wahren" Leben an den betroffenen Personen vorbei!
nun sehr geehrte frau ackermann, wie und wo und bei welcher gruppierung sie die letzten 8 monate der jetzigen stadtratsperiode verbringen, ist so was von egal, denn irgendwie aufgefallen sind sie in den letzten jahren im bamberger stadtrat nicht. aber verschonen sie uns mit ihrer angedachten und erhofften anwesenheit im neuen bamberger stadtrat, und dies hat auch etwas mit dem alter zu tun, irgendwann muss man schon erkennen, wann schluss und der platz für jüngere leute ist, die sich den heutigen problemen stellen können und wollen.
Ekelhaft das ganze! Der reine Trieb zum Erhalt der Einflussnahme und Machtgeilheit. Mit bald 73 Jahren sollte man langsam aber sicher einen Abschluss finden. Hat die Frau sonst nix zu tun? Gehen Sie in Pension Frau Ackermann!
Vielen Dank, Heinrich!!! Sie nehmen mir die Worte aus dem Mund, exakt das gleiche wollte ich auch schreiben!
Nur leider ist Frau Ackermann nicht die einzige, die in diesem Alter - eigentlichen Rentenalter - in der (Bamberger) Politik aktiv ist! Und sie ist noch nicht mal die Älteste... Wie soll denn ein Politiker mit, am Ende einer Amtsperiode, knapp 80 Jahren die Interessen von Kindern, Jugendlichen, jungen Familien etc. vertreten und vor allem überhaupt erst einmal VERSTEHEN!?!?! Selbst wenn er "modern", "up-to-date" und geistig fit ist?
Aber Machtbesessenheit, Ämter-Geilheit und natürlich die finanziellen Entschädigungen verhindern, dass endlich Jüngere und die nächste Generation wirklich mal "dran kommen". Traurig!!!