Der kleine, herrenlose Rehpinscher, der über zwei Monate durch Bamberg-Ost lief, wurde angefahren. Nach einer Verkettung ungünstiger Umstände erlag "Emma" ihren schweren Verletzungen.
"Das ist wirklich tragisch!" Liebhard Löffler, Vorsitzender des Tierschutzvereins Bamberg und Umgebung, kann seinen Ärger nicht unterdrücken. "Emma" ist tot. Der so genannte Phantom-Hund trieb sich seit etwa zwei Monaten in Bamberg-Ost herum.
Niemand hatte den dunklen Rehpinscher einfangen können. Er hatte verschiedene Futterstellen, zuletzt eine in einer Lebendfalle im Garten von Doris B. Die Chancen standen gut, den Hund darin einzufangen. Doch nun ist "Emma" tot, durch eine Verkettung ungünstigster Umstände, aber wohl auch infolge menschlichen Versagens. "Emma", so der Obduktionsbericht, wurde wahrscheinlich angefahren und ist ihren inneren Verletzungen erlegen.
Das hätte so wohl nicht sein müssen, wenn "Emma" geholfen worden wäre, sie also entweder gleich "erlöst" oder aber operiert worden wäre, so Löffler.
Ein Häufchen Elend gefunden Doch der Reihe nach. Bekanntlich hielt sich der kleine Hund zwischen Pödeldorfer - und Zollnerstraße auf. An einem Tag Ende letzter Woche gegen 22 Uhr hatte er nach der Beobachtung von Doris B. das in der Falle bereit gestellte Futter gefressen. Irgendwann danach muss der Unfall passiert sein. Gegen 23.30 Uhr fand Student Lukas das Häufchen Elend vor der Wohnung seiner Freundin in der Zollnerstraße. Bislang hatte "Emma" immer panikartig das Weite gesucht, wenn ihr Menschen nahe kamen. Lukas und seine Freundin überlegten fieberhaft, was zu tun wäre. Sie riefen bei der Polizei an.
Dort wurden sei ihnen sinngemäß erklärt, sie sei nicht zuständig und sie sollen sich an den Tierschutzverein oder einen Tierarzt wenden.
Die Nachfrage der Redaktion bei der Polizei ergab, dass der Diensthabende durch die Meldung "da liegt ein Hund" nicht davon ausgehen konnte, dass das Tier verletzt war. Die Verständigung über die Notfallnummer des Tierheimes habe "wechselnden Erfolg", so Holger Dremel. Selbst darf die Polizei aus Hygienegründen keine Tier im Streifenwagen transportieren. Das Gleiche gelte für die Fahrzeuge der Diensthundeführer, erklärte er dazu weiter.
Lukas erwähnt, dass seine Freundin Anna eine Tierhaarallergie und er furchtbare Angst vor Hunden hat. Das Paar telefonierte Tierärzte ab - bis nach Aschaffenburg. Dann landeten sie bei der Notrufnummer der Tierklinik Bamberg. Dort wurde ihnen erklärt, sie müssten das Tier nach Gaustadt bringen.
Doch der Student und seine Freundin haben kein Auto. "An ein Taxi haben wir ehrlich gesagt gar nicht gedacht." Außerdem waren sie sich nicht sicher, ob sie in Gaustadt in der Klinik tatsächlich jemanden antreffen würden.
Sie klingelten die Nachbarn wach. Aber die wussten auch nicht weiter. Schließlich fassten sich Lukas und Anna ein Herz und nahmen den Hund mit in ihre Wohnung. Das Tier war in der Zwischenzeit apathisch. Bis zum Schluss harrte Lukas bei "Emma" aus, die dann kaum noch reagierte. Bis sie gegen halb drei starb, blieb der junge Mann bei ihr. Am nächsten Tag rief er im Tierheim an. Dort zählte man eins und eins zusammen: "kleiner, dunkler Hund, Geschirr, Fundort Zollnerstraße".
Zwischenzeitlich hatte Lukas Leute mit Auto organisiert und fuhr mit "Emma" zum Tierheim. "Wir wollten Gewissheit", so Löffler. Schließlich war man mit dem Fall vertraut, hatte in Absprache mit Doris B.
den Plan mit der großen Falle erarbeitet, die Falle organisiert und die Strategie abgesprochen. Man verständigte die Pathologie, wir "wollten wissen, ob der Hund womöglich vergiftet oder misshandelt worden war". In solchen Fällen wird Anzeige erstattet. Doch war dieser Hund tatsächlich der "Phantom-Hund"?
Nur Doris B. hatte "Emma" öfter gesehen. Es wäre vermutlich nur noch die Sache einiger Abende gewesen, damit der Rehpinscher sich so weit in die Falle getraut hätte, dass man sie hätte "scharf" machen können.
Die Familie von Doris B. hatte sich in den vielen Wochen von "Emmas" Besuchen auch schon mit dem Gedanken angefreundet, dem Tier eine dauerhafte Bleibe zu geben.
Dann kam Löfflers Anruf, ob sie einen toten Hund identifizieren würden, bei dem es sich um "Emma" handeln könnte. Ein schwerer Gang.
Doris B., die das Tier ja auch immer nur in Fluchtsituationen vorbeihuschen sah, war sich "zu 95 Prozent" sicher, dass der tote Hund der Phantom-Hund war. Zumal auch alle Indizien dafür sprachen. Sicherheitshalber beschloss man, wie gewohnt Futter in die Falle zu stellen. Siehe da, bereits in der nächsten Nacht war die dann scharf gestellte Falle gefüllt - mit einem wütenden schwarzen Kater. Familie B. probierte es ein paar weitere Nächte. Nichts. Nur die Gewissheit, dass der tote Hund wirklich "Emma" sein muss.
Jederzeit erreichbar Dass sie so ein tragisches Ende hatte, hätte nicht sein müssen.
Liebhard Löffler macht der Polizei Vorwürfe: "Die haben unsere Notrufnummer und können uns jederzeit erreichen." Ob der Zuständige das nicht wusste, oder nichts tun wollte? "Wir hätten in jedem Fall jemanden geschickt." Im Zweifelsfall hätte der Tierschutzverein die Taxikosten übernommen. Auch die Tierklinik Bamberg behandle nachts und außerhalb der Sprechstunden Notfälle, wenn sie ihrerseits übers Notrufhandy verständigt wird, so Löffler. Er legt allen ans Herz, in einem Fall wie "Emma" in jedem Fall zuerst die Polizei zu verständigen.