Das Weihnachtshaus in Hirschaid

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Ideen muss man haben ... Foto: Ronald Rinklef
Ideen muss man haben ...  Foto: Ronald Rinklef
Er nennt es die Landebahn für das Christkind: Hans-Günther Mühlbauer hat heuer die Einfahrt mit pinken Bäumchen gesäumt. Fotos: Ronald Rinklef
Er nennt es die Landebahn für das Christkind: Hans-Günther Mühlbauer hat heuer die Einfahrt mit pinken Bäumchen gesäumt.  Fotos: Ronald Rinklef
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ein Mann, ein Traum und über 100.000 LED-Lämpchen: Seit zehn Jahren beleuchtet Hans-Günther Mühlbauer sein Haus in Hirschaid. Alles begann mit einem kleinen Schwarz-Weiß-Fernseher und der Fantasie eines Kindes.

Es lag Schnee und es war Nacht, als plötzlich der LKW vor dem Haus hielt. Der Fernfahrer stiegt aus, ging zum Gartentor und begann zu fotografieren. Er war von der Autobahn abgefahren und den Lichtern gefolgt. Um genau zu sein: den über 100 000 LED Lämpchen, mit denen Hans-Günther Mühlbauer seit zehn Jahren sein Haus in Hirschaid beleuchtet. Nachmittags um 16 Uhr gehen die Lichter an, morgens um acht wieder aus. Alles mit Zeitschaltuhr gesteuert, wenn Hans-Günther Mühlbauer etwas macht, dann muss es perfekt sein.




Der Mann für die kniffligen Dinge
Hans-Günther Mühlbauer kommt direkt aus seiner Praxis in den Garten. Der letzte Patient ist gerade gegangen. Mühlbauer ist Allgemeinmediziner, 59 Jahre alt, fast ein wenig schlaksig und er spricht so, als könnte er auch mit dem Lesen von Hörbüchern Geld verdienen.


Da steht er nun, eine Tasse Glühwein in der Hand, ganz in Weiß, vom Hemd bis zu den Schuhen. Hinter ihm scheinen die pinken Bäumchen noch heller zu leuchten und die bunten Bäumchen noch mehr zu blinken. Er nennt es seinen kleinen Märchenwald.

Was aussieht wie ein Tannenbaum, geschmückt mit tausend kleinen Lämpchen, ist in Wahrheit ein Fahnenmast. Einbetoniert und mit einem Netz von LEDs überzogen, angeordnet wie ein Reifrock, gehalten von Alustangen.
"Mit den unmöglichen Aufgaben kommen sie dann immer zu mir", sagt Christian Wehr. Er arbeitet drei Tage die Woche als Hausmeister bei Mühlbauers. Jedes Jahr ab November ist er zusätzlich der Lichterbeauftragte der Familie. Manchmal müsse er mehrere Tage grübeln, wie er die neueste Idee nun am besten umsetzten kann.

Mit dem Dach fing alles an
Insgesamt acht Tage dauere es, bis alles hängt, sagt Wehr. Zuhause hat Christian Wehr eine Lichterkette. Am Küchenfenster. Mehr braucht er nicht. "Gott sei Dank gibt es Ostern keine Lichter", sagt er noch, dann wischt er über den Tablet-PC, den er die ganze Zeit in der Hand hält und zeigt ein Bild: sein Hund, ein brauner Labrador, mit Weihnachtsmütze und Lichterkette um den Hals.

Für Mühlbauer ist es Entspannung. Er setzt sich meist nachts um zwölf an den PC und sucht: Figuren, Farben, Formen. Manchmal gibt seine Frau auch Wünsche ab. Die kleinen pinken Bäumchen, die seit diesem Jahr die Hofeinfahrt säumen, waren ihre Idee. Sieben auf der rechten, zwölf auf der linken Seite. An der Kante von Rasen und Asphalt liegt ein weißer Lichterschlauch. "Die Landebahn für das Christkind", sagt Mühlbauer.  Für nächstes Jahr wünscht sich seine Frau einen Weihnachtsmann auf dem Dach, mit Rentierschlitten.

Da fing vor zehn Jahren alles an: auf dem Dach. Da brachte Mühlbauer die ersten Meter LED-Lichterschlauch an. Es folgten die Schornsteine, dann das Haus, schließlich die Garage. 50 Meter Lichterschlauch kosten rund 250 Euro. Bei Mühlbauers hängen Kilometer. Die Bäume kosten zwischen 100 und 200 Euro. Jedes Jahr kam ein bisschen mehr dazu.

Ein Baum mit knapp tausend LEDs komme auf rund vier Watt, das entspricht weniger als einem Viertel des Verbrauchs einer Lichterkette mit normalen Glühlämpchen. Der Stromverbrauch halte sich also in Grenzen, sagt Mühlbauer. Früher hat er alles noch selbst aufgebaut, heute fehlt ihm die Zeit dafür.

Ab und zu schnappt er sich noch eine Vase oder eine Marmorsäule, in die er dann kleine Lämpchen einbaut, die in seinem ganzen Haus verteilt stehen.  Licht, sagt er, das habe ihn schon immer fasziniert.


Zwei Fernseher in ganz Hirschaid
Als Hans-Günther Mühlbauer sechs Jahre alt war, gab es zwei Fernseher in ganz Hirschaid. Es war ein Film, schwarz-weiß, irgendwas über Amerika, da hat Mühlbauer ein Häuschen gesehen mit unendlich vielen Lichtern geschmückt. Damals schwor er sich, in so einem Haus wolle er später einmal leben.

Er macht es für sich. Nicht so sehr für die anderen. Auch wenn er sich freut, wenn sich andere daran erfreuen: Letztens kam eine Frau am Haus vorbei, ein Kind an der Hand. Das sah seine Mutter mit großen Augen an und fragte: "Wohnt hier das Christkind?"

Ein Mann und seine Lichterwelt
Es ist ein bisschen Alice im Wunderland, ein bisschen amerikanische Vorstadt, ein bisschen Nimmerland.  In Alices Wunderland lebt ein verrückter Hutmacher, in Nimmerland ist Peter Pan zu Hause; ein Junge, der nie erwachsen werden möchte. Im Herz, sagt Mühlbauer, da bin ich ein kleiner Bub geblieben.

Würde jetzt hinter einem der blinkenden Bäumchen ein Hase mit einer Taschenuhr hervorspringen und Merry Christmas anstimmen, man würde sich nicht wundern.

In Amerika war Mühlbauer noch nie. Es würde ihm aber sicher gefallen, sagt er, grinst und ist in Gedanken schon bei den Dekorationsideen für nächstes Jahr. Der Balkon, sagt er und geht ein Stück die neu gesäumte Landebahn entlang, der sei noch ein wenig schwach beleuchtet.