Investieren, ohne neue Schulden zu machen? Ein Spagat, der auch in Bamberg immer schwieriger wird. Trotz einer anfänglichen Deckungslücke von 50 Millionen Euro will die Stadt 2014 wieder viele Millionen in Bamberger Projekte stecken. Nicht nur in die Brose-Ansiedlung.
Der möglicherweise zweitmächtigste Mann im Rathaus Bamberg ist nicht leicht zu finden. Wer Bertram Felix besucht, muss in den rückwärtigen Trakt des barocken Rathausgebäudes gehen. Zweiter Stock, holzvertäfelter Gang, hinter dem Schreibtisch hängt ein Ölgemälde mit einer historischen Ansicht Bambergs. Die ländliche Idylle aus der Hand von Hans Bayerlein steht in einem gewissen Gegensatz zum kantigen Reich der Zahlen, in dem es sich der 40-jährige Volkswirt eingerichtet hat. Das ist nicht immer bequem und manchmal nicht einmal so unverrückbar wie es scheint. Schnelllebige Zeiten mit gewaltigen Umbrüchen bestimmen die Tagesordnung. Auch eines Finanzreferenten: "Die Berechenbarkeit unserer Einnahmequellen ist praktisch nicht mehr gegeben", sagt der Mann, nachdem wir zwei Stunden über Zahlen gesprochen haben. Solche, die Bamberg in den nächsten Jahren prägen, und solche, die es nicht tun werden.
Haushaltsübergabe - eine alljährliche Prozedur im demokratischen Leben der Stadt, bei der die gewählten Bürgervertreter die Eckdaten des kommenden Jahres erfahren, ehe sie selbst Hand anlegen und ihre Wünsche formulieren können - wenn sie es denn können, denn die Sachzwänge sind bekanntlich groß, meistens sogar übermächtig.
So sind es auch diesmal zwei Botschaften, die Felix am Mittwochnachmittag den Stadträten ins Stammbuch schreibt. Bambergs Einnahmequellen stagnieren oder gehen leicht zurück, die Ausgaben für Personal und Energie steigen, teils deutlich - ein Spagat, der immer schwerer zu bewältigen ist. Zum Beispiel die Gewerbesteuereinnahmen, immer noch die wichtigste Geldquelle der Stadt: Die Energiewende und die Absatzschwierigkeiten der Automobilindustrie haben bei großen heimischen Firmen Bremsspuren hinterlassen. Für die Bürger bedeutet das: Nicht alles, was wünschenswert wäre, ist auch machbar. 3,5 Millionen Euro für das Projekt Soziale Stadt, 900 000 Euro für die Sanierung der maroden Straße am Laubanger, 600 000 Euro für die Erneuerung der sanierungsbedürftigen Oberen Brücke - gestrichen! Insgesamt stehen 17 Millionen Euro auf der schwarzen Liste dessen, was sich die Stadt 2014 teils wieder einmal nicht wird leisten können. Auch einen Posten für die Sanierung der Jugendherberge sucht man vergeblich in den Haushaltstiteln.
Doch so schlecht wie um die Städte Nordrhein-Westfalens, die längst nur noch gesetzlich vorgeschriebene Leistungen erfüllen können, ist es um die Kommunen Bayerns nicht bestellt. Namentlich Bamberg wird, das ist die positive Nachricht des Kämmerers, auch 2014 einiges tun, um seinen Instandhaltungsstau abzuarbeiten. Zum Beispiel die maroden Schulgebäude. Hier geht es um einen dreistelligen Millionenbetrag, der in den nächsten Jahren abgestottert werden soll: Im kommenden Jahr werden 2,6 Millionen Euro in die Schulen fließen, der Löwenanteil davon in die Sanierung der Graf-Stauffenberg-Schule, deren leckendes Turnhallendach bereits erneuert wurde. Auch städtische Gebäude und Betriebsanlagen gehören zu den Sorgenkindern der Verwaltung. Zwei Millionen gehen 2014 alleine auf ihr Konto.
Nicht zuletzt taucht der Name Brose in den Haushaltsplänen auf. 1,3 Millionen Euro sind 2014 für die Ansiedelung des Unternehmens aus Coburg reserviert, weitere 1,5 Millionen für 2015, womit das Gesamtpaket von elf Millionen Euro bereits abfinanziert wäre. Ein Teilvorhaben davon ist die Umsiedelung des TSV Eintracht von der Breitenau in den Volkspark, womit 2014 begonnen werden soll.
Unumstritten dürften in dem Zahlenpaket die Ausgaben sein, die der Bamberger Feuerwehr zugutekommen: Mit 440 000 Euro sollen hier unter anderem eine neue Drehleiter und der Neubau eines Feuerwehrhauses in der Wunderburg anfinanziert werden. Für andere Projekte gilt diese Sicherheit weniger: So wird man sich im Stadtrat möglicherweise gerne darüber streiten, ob das Projekt Franz-Fischer-Brücke in Bug tatsächlich 2015 begonnen werden soll, oder ob man, wie die Grünen meinen, mit dem derzeitigen Ampel-Provisorium noch länger leben könnte.
Unklar ist auch, ob der seit Jahren immer wieder verschobene Neubau einer Radwegeanlage am Regensburger Ring den Haushaltsbeschluss Ende Dezember überlebt. 220 000 Euro sind für dieses Lieblingsprojekt der Grünen veranschlagt, das nach einer Pressemitteilung mittlerweile auch die CSU für sich beansprucht. Peter Gack von den Grünen hat das zum Anlass genommen, daran zu erinnern, dass es die CSU und die SPD waren, die immer wieder gegen mehr Geld für den Radverkehr gestimmt hatten.
Eine Nettoneuverschuldung will man in Bamberg wie bereits in den Jahren zuvor vermeiden. Ja sogar eine, wenn auch kleine Schuldentilgung sieht der Haushalt vor: von 30,04 auf 29,8 Millionen Euro soll das Konto der Miesen schrumpfen.
Dass es dabei bleibt, ist nicht selbstverständlich angesichts des nahenden Wahltermins. Nur allzu gerne werden sich die Fraktionen in der Stadt mit wohlfeilen Präsenten in Erinnerung rufen wollen. Doch klar ist auch: Begehrlichkeiten jedweder Art haben einen ernst zu nehmenden natürlichen Feind: Bertram Felix, der im Rathaus längst als eine Art Super-Referent gehandelt wird. Er hat schon manchen allzu großzügigen Stadtratswunsch auf null gestellt.