Roland Jahn hat schon schwere Rückschläge im Leben überstehen müssen. Doch er kämpft sich wieder hoch. Jetzt nutzt der 43-Jährige die Chance zur Weiterbildung und drückt noch einmal die Schulbank, um beruflich aufzusteigen.
Näher beieinander können die Marksteine für den Auf- und Abstieg im Leben eines Menschen nicht liegen: Wenn Roland Jahn heute zur Arbeit nach Scheßlitz fährt, biegt er kurz vor der Stelle, an der sich der schwere Autounfall ereignet hatte, von der A 70 ab. Es war 2014, als Jahn im Wagen von Bayreuth, wo er damals arbeitete, nach Bamberg unterwegs war. Bei dem Unfall überschlug sich das Auto mehrfach. Als der heute 43-Jährige aus dem Wrack kletterte, hielt er sich schützend die Hand über die leicht gewölbte Stelle an seiner linken Körperseite, dort, wo sich die Spenderniere befindet, die er wenige Jahre zuvor nach einem lebensbedrohlichen Organversagen transplantiert bekam.
Schwere Rückschläge für Roland Jahn. "Ich bin dem Tod zwei Mal von der Schippe gesprungen", sagt er. Doch aufgeben wollte er nie: "Ich bin ein Kämpfer." Und er wollte und musste wieder arbeiten, kämpfte sich mühsam hoch. Verzichtete auf die ihm zustehende Erwerbsminderungsrente. So sollte nach dem Abstieg der Aufstieg folgen - auch beruflich, was für den Familienvater sehr wichtig ist.
Eigentlich ist Jahn Greenkeeper für Golfplätze, wie sein Großvater, der diesen Job bereits bei den Amerikanern in der Bamberger Kaserne ausgefüllt hatte. Doch die Kaserne gibt es nicht mehr, einen Golfplatzbetreuer braucht es nicht mehr. Nun ist Jahn seit insgesamt 15 Jahren im Lagerbereich als Ungelernter tätig. Und es sieht so aus, dass er nach all den Rückschlägen, Krankenhausaufenthalten, unsicheren Zukunftsaussichten fast am Ziel angelangt ist.
Abschluss zum Fachlageristen
Im Herbst wird er seine Prüfung zum staatlich anerkannten Fachlageristen IHK bei der Industrie- und Handelskammer ablegen. Der 43-Jährige macht das im Rahmen einer berufsbegleitenden Weiterbildung beim Bildungswerk der bayerischen Wirtschaft (bbw gGmbH) in Bamberg. Der Kurs bereitet ihn auf die Prüfung bei der IHK vor.
"Die Seminarteilnehmer sind immer sehr motiviert, machen die Prüfung oft mit Auszeichnung", betont Weiterbildungsinitiatorin Ute Endres vom bbw. Arbeitnehmer wie Roland Jahn haben zwar keine Lehre, aber jede Menge Erfahrung im nicht erlernten Beruf. Mehrere Jahre im betreffenden Job sind mindestens Voraussetzung dafür, sich zur Fachkraft weiterbilden zu können. Und der Wille, wieder für ein paar Wochen die Schulbank zu drücken. Inzwischen wirbt Roland Jahn begeistert für diese Chance zum Aufstieg.
Solche Weiterbildungen sind in vielen Bereichen möglich, zum Beispiel auch im Beruf Maschinen- und Anlagenführer. Ute Endres und vor allem auch die Ansprechpartner zum Sonderprogramm "Weiterbildungsförderung Beschäftigter" der Bundesagentur für Arbeit beraten sowohl Firmen als auch Arbeitnehmer, die Interesse an einer Weiterbildung haben.
Vorteile bestehen für beide Seiten: Qualifizierte Arbeitnehmer sind besser geschützt vor Entlassung, und in Zeiten des Fachkräftemangels ist es laut Endres gerade für kleinere Unternehmen wichtig, die eigenen Beschäftigten zu qualifizieren. Besser qualifizierte Arbeitnehmer sind deutlich flexibler einsetzbar und können so auch ans Unternehmen gebunden werden. "Gerade in Zeiten, in denen die Auftragsbücher nicht voll sind, sollten Unternehmen die Chance nutzen, die Beschäftigten weiterzubilden", erklärt Endres.