Ausgerechnet eine schlimme Verletzung wird beim TSV Wollbach zur Initialzündung auf dem Weg zur Meisterschaft. Mit dem Titel in der Kreisklasse Rhön 1 und dem Aufstieg in die Kreisliga Rhön knüpft der Verein wieder an an die unvergessenen Bezirksliga-Zeiten.
Ein Gänsehaut-Moment. Früh musste Florian Erb vom Platz getragen werden mit einer schweren Knöchelverletzung. Unter dem Applaus der geschockten Kollegen. Jede Form von Mitgefühl hatte der Keeper verdient. Doch der eigentliche Mutmacher kam ausgerechnet von dem, der da unter Schmerzen auf der Trage lag, der bis heute kein Spiel mehr bestritten hat mit seiner geballten Faust und seinem "Auf geht's. Ihr schafft das noch". Fast schon kitschig, dass der TSV Wollbach kurz danach das 0:1 kassierte, sein erstes Spiel im neuen Jahr aber noch mit 2:1 gewann.
Eine Initialzündung. Weil die Mannschaft erkannt hatte, dass eben alles möglich ist in dieser Saison, die tatsächlich eine meisterliche wurde. Auch Thorsten Ziegler lässt keinen Zweifel daran, dass bei aller Qualität der Zusammenhalt der Faktor X war. "Vor einer Trainingseinheit im Winter haben die Jungs 20 Zentimeter Schnee vom Platz geräumt. Das fand ich einzigartig.
Und ist irgendwie typisch für diesen Verein, der immer nach der besten Lösung sucht." Offensichtlich war auch der Coach die beste Lösung. Der langjährige Landesliga-Spieler der DJK Waldberg war nach einer schöpferischen Pause zum TSV Wollbach gekommen - das Ende eines langen Werbens.
"Thorsten stand schon länger bei uns ganz oben auf der Liste, Kontakt hatten wir deswegen in der Vergangenheit regelmäßig", erzählt Steffen Schmitt. Und erinnert sich grinsend an die entscheidenden Worte vor der Saison. "Auf deinen Anruf habe ich schon gewartet", hatte Thorsten Ziegler dem TSV-Abteilungsleiter damit indirekt grünes Licht gegeben. Und irgendwie passte es von Anfang an zwischen beiden Seiten. "Ich kenne und schätze die Wollbacher Mentalität", sagt Thorsten Ziegler. Und meint damit nicht nur die gemeinsamen Erlebnisse in der Diskothek vor Ort.
"Wir hatten schon immer ein gutes Verhältnis zu den Waldbergern", sagt dazu TSV-Spielführer Mathias Kirchner, dessen Opa Robert damals Besitzer des Rhöner Musik-Tempels war. Was einmal mehr zeigt: Irgendwie gehört in Wollbach alles und jeder zusammen. Angepackt wird gerne - und nachhaltig. Die schmucke TSV-Sportanlage bietet jedenfalls optimale Voraussetzungen.
Jungs wie "Cosmos" Kirchner leben diesen Altruismus vor, in dem Egoismus keinen Platz hat. "Man wächst da einfach rein", sagt Mathias Kirchner, der sich die Kapitänsbinde teilt mit Matthias Albert und Christoph Kriener. Ein Trio, das auch abseits des Platzes vieles bewegt. Dafür sorgt, dass die neue Generation und ehemalige Bezirksliga-Recken wie Matthias Kessler, Stephan Voll oder Marco Krapf ein schlagkräftiges Gebilde auf und neben dem Platz stellen.
"Wir wollten vor der Saison attraktiven, aber auch erfolgreichen Fußball anbieten.
Meister zu werden war nicht der Plan. Aber wir haben früh gemerkt, dass es passt. Und ich habe schnell gesehen, dass in der Truppe Potential steckt", sagt Thorsten Ziegler. Die Viererkette ist auch in der Kreisklasse obligatorisch gewesen, aber das vorherige 4-4-2 hatte der Trainer etwas modifiziert. "Ich bevorzuge ein 4-2-3-1-System, weil die Mischung zwischen defensiv und offensiv passen muss. So stehen wir kompakter und strahlen dennoch Torgefahr aus durch unsere schnellen Flügelspieler."
Erfolg schweißt zusammen. Und macht attraktiv. Dass die "Wöllbicher" auswärts mehr Fans als der Hausherr anlockten, war eher der Regelfall denn die Ausnahme. Sogar der Fahrrad-Treff, der einmal in der Woche unterwegs ist, trat mit einer fußballbegeisterten Delegation in die Pedale, um der Mannschaft den Rücken zu stärken.
Hinter den Kulissen durften derweil Abteilungsleiter Steffen Schmitt und Sportvorstand Dieter Wolf ihr organisatorisches Talent unter Beweis stellen bei der Planung diverser Events. Wie zum Beispiel dem Ausflug mit 54 Personen zum Biathlon nach Oberhof. "Wir hatten viel Spaß. Einige haben jedenfalls keinen einzigen Skifahrer gesehen, obwohl wir schon zweimal dort waren", so Steffen Schmitt.
Denkwürdig auch das entscheidende Spiel beim BSC Lauter. Nach dem 4:0-Derbysieg hatte sich die Mannschaft wie gewohnt im Kreis versammelt, als Steffen Schmitt die frohe Kunde überbrachte von der überraschenden Schondraer Heimniederlage gegen den FC Westheim, womit sich der Titeltraum drei Spieltage vor Saisonende tatsächlich erfüllt hatte.
"Wir hatten keine Getränke dabei, aber einen dicken Geldbeutel", erzählt Dieter Wolf lachend vom Start der Feierlichkeiten mit Kabinen-Party in Lauter und dem Autokorso nach Wollbach mit einem Abstecher zu Roland Wehner, dem Edel-Linienrichter, der eigentlich kein Spiel verpasst, aber ausgerechnet an diesem Tag krank zuhause war. Und der anschließenden, sehr, sehr langen Feier im TSV-Sportheim. Das alles in den Meister-T-Shirts, die der Abteilungsleiter schon zwei Wochen im Kofferraum spazierengefahren hatte, weil der erste Matchball versemmelt worden war mit der 0:1-Heimpleite gegen die DJK Kothen.
Auch das folgende Heimspiel gegen Vizemeister DJK Schondra ging in die Binsen (0:3). Verständlich, weil das schmucke TSV-Gelände eine einzige Party-Zone war.
Die Frauenrother Blasmusik spielte auf, Bürgermeister Waldemar Bug und Sport-Vorstand Dieter Wolf fanden in ihren Ansprachen die passenden Worte zu diesem historischen Ereignis, nachdem die letzte Meisterschaft bereits 18 Jahre zurücklag. Und eine besondere Überraschung gelang Willi Kirchner von der Band "foUr" mit einem eigens im Tonstudio eingespielten Meistersong, der seine öffentliche Premiere am TSV-Sportheim erlebte. Der wird sicher auch im Gepäck jener bislang 23 Personen zu finden sein, die sich bereits für den geplanten Mallorca-Ausflug angemeldet haben.
Thorsten Ziegler durfte das Momentum auch aus anderen Gründen genießen. Weil der TSV Wollbach zur Winterpause noch ungeschlagen war, damit eine Wette verloren gegangen war, musste der Trainer bei einer Fete in ein Nikolaus-Kostüm schlüpfen.
Teil zwei der Unbesiegbarkeits-Wette hätte den Hamburger-SV-Fan Ziegler am Ende der Saison zum Tragen eines Bayern-München-Trikots verpflichtet. Die erste Saison-Niederlage im Spiel gegen die DJK Kothen hatte Thorsten Ziegler zum Wettgewinner gemacht. Wenn es mal läuft, werden sogar Niederlagen zum Erfolg.