Insgesamt 31 Schüler aus Vernon besuchen von Sonntag, 9. Juni, bis Mittwoch, 19. Juni 2013, Bad Kissingen. Der Schüler- Austausch hat eine lange Tradition und ist generationenübergreifend, engagiert und offen.
Stefan Czelustek streicht sich nachdenklich übers Kinn und fährt sich mit der Hand durch die Haare. Ein Klischee, dass Deutsche gegenüber Franzosen haben? "Baguettes", schießt es dem 15-jährigen Schüler spontan durch den Kopf. Nein, das wäre zu einfach! Dann kommt die Idee, aber sie lässt sich gar nicht so leicht ausdrücken.
Stefan sucht nach Worten: " Franzosen sind nicht so ordentlich und irgendwie ausschreitungsfreudiger." Er meint damit: revolutionärer. LehrerinAlexandra Cade aus Vernon versteht, worauf er hinaus möchte: "In Frankreich gibt es keine Warnstreiks, da wird gleich alles lahmgelegt."
Vorurteile ablegen Alexandra Cade spricht fließend deutsch mit einem feinen Akzent.
Seit fast 20 Jahren ist sie auf französischer Seite an dem Schüleraustausch zwischen dem Lycée Georges Dumezil und dem Jack-Steinberger-Gymnasium beteiligt und ist eine treibende Kraft. "Wir wollen mit dem Austausch Klischees überwinden", sagt die 47-Jährige. Deshalb führt sie mit den Schülern Interviews und will anschließend in Vernon einen Artikel darüber veröffentlichen.
Cade will mit den jungen Menschen die deutsch-französische Freundschaft pflegen: "Die verdient Respekt, Engagement, Überzeugung und Ausdauer."
Seit Sonntag sind die Vernonesen für zehn Tage zu Besuch. Zum 44. Mal kommt eine französische Schülergruppe an die fränkische Saale. "Was für mich besonders wichtig ist, ist die Tatsache, dass nach so vielen Jahren immer noch so großes Interesse an dem Austausch gibt", freut sich die Lehrerin.
Neugier wurde vererbt Das Projekt funktioniert generationenübergreifend und es reicht auch über das Schulische hinaus. Alexandra Cade beispielsweise hat ihre Deutschlandbegeisterung längst an Tochter Juliette weitergegeben, die sowohl schon mit dem Schüleraustausch, als auch mit Delegationen im Rahmen der Städtepartnerschaft nach Bad Kissingen gekommen ist.
"Sich auszutauschen ist wichtig, wenn man eine Fremdsprache lernt", sagt Studentin Juliette. Wenn man im Ausland bei einer Gastfamilie wohnt, "kann man nicht schüchtern bleiben und einfach nichts sagen."
Wie Juliette ist auch Stefan Czelustek über seine Mutter zum ersten Mal mit der Partnerstadt in Berührung gekommen. Gisela Hahn war schon als Gymnasiastin an dem Austausch beteiligt und pflegt noch immer den Kontakt zu ihrer Freundin von damals.
"Meine Mutter ist jetzt Mitglied im Partnerschaftskomitee", erzählt Stefan. Sie fährt deshalb noch immer oft nach Vernon.
Direkter Kontakt "Letztes Jahr war ich das erste Mal dabei und habe bei der Kirschmesse geholfen." Auf der Frühjahrs-Messe betreiben die Bad Kissinger traditionell einen eigenen Stand.
Stefan findet den direkten Umgang mit den Vernonesen wichtig: "Wenn man eine Woche bei einer Familie verbracht hat, lernt man das Land besser kennen." Vorurteile können da viel besser aus der Welt geschafft werden. Das ist etwas anderes, als irgendwo eine Woche Urlaub im Hotel zu wohnen.
Gegensätze verbinden Apropos Klischee: "Die treffen in Wirklichkeit nie zu", meint Alexandra Cade.
Zum Beispiel, dass die Franzosen denken, Deutsche würden immer gehorchen und seien immer ordentlich und absolut keine Revolutionäre. Damit sind die Deutschen im Klischee das genaue Gegenteil von den Franzosen. "Immerhin ergänzen wir uns", lacht Cade.