Bad Brückenau: Hausverbot am Schulzentrum

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In den Faschingsferien ist das Schulzentrum in Römershag menschenleer. Foto: Ulrike Müller
In den Faschingsferien ist das Schulzentrum in Römershag menschenleer. Foto: Ulrike Müller

Im vergangenen Jahr wurden im Raum Bad Brückenau 30 Straftaten von Zuwanderern begangen. Einer der Tatverdächtigen hat nun Hausverbot am Schulzentrum.

Sein Name ist Giorgi (Name von der Redaktion geändert) und er lebt schon länger in Bad Brückenau. Lange genug jedenfalls, um sowohl in der Kriminalstatistik 2014 - wenn auch nur in einem Fall - als auch 2015 (in zehn Fällen) aufzutauchen. Hier ein Ladendiebstahl, dort ein Joint und zwei Fälle von Körperverletzung. Nun hat das Schulzentrum Römershag ein Hausverbot gegen den 19-Jährigen verhängt. "In Abstimmung mit der Polizei und in Einvernehmen mit allen drei Schulen", bestätigt Stefan Bub, Leiter des Franz-Miltenberger-Gymnasiums.


Kein Köln-Syndrom

"Die Kinder haben im schulischen Umfeld keine Furcht", nimmt Torsten Stein, Leiter der Realschule Stellung. Er merke seinen Schülern aber an, dass sie die Sicherheitslage in Deutschland beschäftigt. Auch die bewaffneten Konflikte in der Welt und die Migrationsströme seien ein Thema. Noch ein weiteres Hausverbot ist der Redaktion bekannt. Nach einer Auseinandersetzung im Januar (siehe Übersicht unten) hat Alex Walther vom "Fußgänger" den Asylbewerbern aus Volkers den Besuch untersagt.

30 geklärte Straftaten wurden von Januar bis November 2015 im Altlandkreis Bad Brückenau von Zuwanderern begangen. Das entspricht sechs Prozent der insgesamt 496 geklärten Fälle. Landkreisweit waren es im selben Zeitraum 107 Straftaten (4,8 Prozent). In ganz Unterfranken führt die Polizeiliche Kriminalstatistik 1893 Straftaten auf (sechs Prozent) - wobei ausländerrechtliche Delikte wie etwa unerlaubte Einreise gesondert erfasst werden.


Leistungen auch nach Ablehnungsbescheid

Die Bad Brückenauer Polizei hat bei 30 Straftaten insgesamt 16 Tatverdächtige mit zehn verschiedenen Nationalitäten erfasst. Für die Gesamtheit der etwa 250 bis 300 Asylbewerber im Altlandkreis stellt Dienststellenleiter Herbert Markert aber fest: "Unsere Flüchtlinge sind nicht kriminell." Und: "Wir haben kein Köln-Syndrom." Straftaten in Zusammenhang mit sexueller Belästigung seien im Dienstbereich weder innerhalb noch außerhalb der Unterkünfte angezeigt worden.

Was Giorgi angeht, so zeigt seine Geschichte beispielhaft die Schwachstellen der Deutschen Asylpolitik auf. Aus Datenschutzgründen gibt keine der zuständigen Stellen Auskunft über seinen Aufenthaltsstatus, die Höhe seiner Bezüge oder den aktuellen Wohnort. "Asylbewerber erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz", das gelte auch für "solche Asylbewerber, deren Asylantrag abgelehnt worden ist und die vollziehbar ausreisepflichtig sind", teilt Marlene Rathgeber von der Regierung von Unterfranken lediglich mit. Ob das bei Giorgi der Fall ist, sagt sie nicht.


327 Abschiebungen in 2015

Dass viele Zuwanderer ohne Bleibeperspektive noch immer in Deutschland sind, zeigt ein Blick auf die Abschiebe-Zahlen. Im vergangenen Jahr wurden im Bezirk Unterfranken bei 105 Transporten insgesamt 327 Menschen zurückgeschickt. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 wurden 8580 Neuankömmlinge dem Bezirk zur Unterbringung zugewiesen. Im Landkreis Bad Kissingen wurden 15 Personen bei fünf Transporten abgeschoben, darunter eine Familie in Wernarz. "Hinderungsgründe für eine Abschiebung können unter anderem sein: fehlende Reisedokumente, gesundheitliche Probleme, fehlende Reisefähigkeit", zählt Marlene Rathgeber ein paar Gründe auf.

"Die Leute begehen Straftaten, aber bis sie die Konsequenzen zu spüren bekommen, vergeht sehr viel Zeit", sagt Daniel Seeburg, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion, nicht ganz unkritisch. Das gilt im Übrigen nicht nur für Asylbewerber. Giorgi ist nicht der einzige junge Mensch in der Kurstadt, der für Unruhe sorgt. Er ist nicht der einzige, dem Konsequenz fehlt - oder eine Perspektive.

Einen Kommentar zum Thema finden Sie hier.


Nennenswerte Vorfälle in Zusammenhang mit Asylbewerbern im Altlandkreis Bad Brückenau:

September 2014 Ein Fall von häuslicher Gewalt, bei der eine Frau und ihr Kind mit einem Messer bedroht werden, spielt sich in der Gemeinschaftsunterkunft in Volkers ab. Die Polizei nimmt drei Männer in Gewahrsam und leitet Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung ein. Um eine weitere Eskalation zu verhindern, werden mehrere Personen auf andere Unterkünfte verteilt.

Dezember 2014 Die Polizei findet Diebesgut im Wert von rund 7500 Euro bei drei Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft in Volkers. Die Mehrheit der Waren stammt nicht aus Geschäften in Bad Brückenau. Die Polizei geht daher von bandenmäßigen Ladendiebstahl aus.

Juli 2015 Im Rahmen einer Schleierfahndung wird ein Auto mit zwei Asylbewerbern und einem Besucher der Bundesrepublik Deutschland angehalten. Der Fahrer steht unter Drogen. Die Polizei findet bei ihm und einem der beiden Mitfahrer (ein Bewohner aus Volkers) einen Joint und eine geringe Menge Marihuana.

August 2015 Die Polizei sucht in einem Zimmer der Gemeinschaftsunterkunft in Volkers nach Diebesgut. Dabei fällt den Beamten eine geringe Menge Marihuana in die Hände.

September 2015 Die Polizei kontrolliert zwei Asylbewerber aus Volkers und findet Diebesgut und einen Joint.

Januar 2016 Zwei Asylbewerber aus der Gemeinschaftsunterkunft in Volkers randalieren in einer Kneipe in der Altstadt, es kommt zu Handgreiflichkeiten. Die Polizei nimmt die Täter in Gewahrsam. In der Zelle versucht einer von beiden, sich zu strangulieren, verletzt sich dabei aber nicht. Er wird in ein Bezirkskrankenhaus eingewiesen.