Der bayerische Energiedialog ist am Montag nach drei Monaten zu Ende gegangen. Die Aussage von Ministerin Ilse Aigner, dass die Südlink-Trasse technisch verzichtbar ist, wird im Landkreis Bad Kissingen positiv aufgenommen.
von unseren Redaktionsmitgliedern
Benedikt Borst und Ulrike Müller
Wird Südlink gebaut oder nicht? Eine klare Antwort auf diese Frage hat Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gestern auf der Abschlusssitzung des Energiedialogs nicht gegeben. Rein technisch sei es laut Aigner möglich die Energieversorgung im Freistaat zu gewährleisten, ohne die umstrittenen neuen Stromtrassen Südlink und Südostpassage zu bauen.
"Zwei neue Trassen werden für Bayerns Versorgung nicht benötigt", wird sie in einer Pressemitteilung ihres Ministeriums zitiert.
Theoretisch seien keine Trassen nötig, wenn Bayern die Stromlücke mit neuen Gaskraftwerken schließe. Der Bund müsse die Marktbedingungen anpassen, damit Gaskraftwerke wirtschaftlich gebaut und betrieben werden können. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lehnte die Forderung nach staatlichen Zuschüssen ab. Aus seinem Ministerium hieß es auf Nachfrage, dass Deutschland weiter „deutliche Fortschritte beim Netzausbau“ braucht.
Rhöner Kundgebung in München Annähernd 100 Südlink-Gegner aus dem Landkreis Bad Kissingen nutzten die Gelegenheit und demonstrierten gestern vor Beginn der Abschlussveranstaltung vor dem Bayerischen Wirtschaftsministerium in München.
"Wir haben noch einmal auf die Schutzwürdigkeit der Rhön hingewiesen", sagte Organisator Markus Stockmann von der Bürgerinitiative Gegenstrom-Elfershausen. Er nahm das Ergebnis zurückhaltend auf. Hinsichtlich der geplanten Stromtrasse durch den Landkreis forderte er einen genauen Nachweis. "Der Energiedialog hat noch nicht den Bedarf von Südlink geklärt", erklärte er.
Stockmann bewertete es als positiv, dass der Dialog geführt wurde, und dass noch keine Entscheidung pro Südlink gefallen ist. "Wir müssen jetzt abwarten, was in Berlin herauskommt."
Ergebnis enttäuschend Ähnliche Töne schlägt der Bund Naturschutz an. Der bayerische Landesverband zog am Donnerstag Bilanz.
Der Energiedialog sei "im Ergebnis enttäuschend". Kreisvorsitzender Franz Zang begrüßt es, dass es noch keine endgültige Entscheidung gibt. Aigners Ankündigung, den Dialog themenspezifisch fortzusetzen, sei "ein Sig nal, dass sich der sachliche Widerstand lohnt und wir damit Zeit gewinnen können." Zang wertete es als Erfolg, dass die Trasse in Frage gestellt werde. Kritik kommt von dem ehemaligen Grünen Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell.
Weil die Staatsregierung sowohl die Trassen als auch den Ausbau Erneuerbarer Energien torpediere, gefährde sie die Energiewende.
"Etappensieg für die Region" Bei der Lokalpolitik kommt Optimismus auf. Die Befürchtung, dass die eine Trasse, die eventuell benötigt wird, Südlink heißt, trat gestern in den Hintergrund.
Jochen Vogel, Bürgermeister von Motten (CSU) und Vorsitzender der Protest-Initiative "Rhönlink", ist zufrieden. "Unsere Positionen sind vertreten", sagte er, "wir warten jetzt ab, was bei den Verhandlungen auf Bundesebene rauskommt." Auch Brigitte Meyerdierks (CSU), Sprecherin der Rhönallianz, äußerte sich positiv. Nachdem sie zunächst von Aigners verfrühtem Gang an die Öffentlichkeit enttäuscht gewesen sei, schlägt sie nun versöhnliche
Töne an. Für den Fall, dass Südlink tatsächlich komme, sei sie "sehr guter Dinge, dass wir verschont bleiben". Woher kommt dieser Optimismus? Sie setze auf die Kernzonen im Biosphärenreservat und auf Erdkabel. Jochen Vogel ist sich sicher: "Für uns ist nach wie vor alles möglich."
Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner (CSU) gewinnt dem Energiedialog ebenfalls viel Positives ab. Es habe einen breiten gesellschaftlichen Konsens gegeben.
Der Freistaat verfüge jetzt über mehr Verhandlungsoptionen gegenüber Berlin. "Wir können für unsere Region mit einem positiven Gefühl herausgehen", sagte Kirchner. Landrat Thomas Bold (CSU) beurteilte es als "Etappensieg für die Interessen der Region", dass die Ansicht formuliert wird, die Versorgungssicherheit sei technisch ohne neue Trasse möglich.
"Ich glaube, es war der richtige Weg, dass der Energiedialog geführt wurde", sagte Bold.
Der Landkreis werde die Verhandlungen zwischen dem Freistaat und Berlin abwarten und bereite sich parallel weiter auf eine etwaige juristische Auseinandersetzung vor, um zu verhindern, dass Südlink durch Bad Kissingen führt.
Der Bayerische Energiedialog im Überblick Auftakt Seit November diskutiert das Bayerische Wirtschaftsministerium mit Energieexperten und Vertretern von
Bürgerinitiativen, Verbänden, Kommunen und Kirchen über die Energieversorgung in Bayern. Es geht um die Frage, wie sie ohne Atomstrom gesichert wird. Der Landkreis wurde von Mottens Bürgermeister Jochen Vogel und MdL Sandro Kirchner vertreten.
Kritik Öffentliche Proteste richten sich in Franken gegen den geplanten Bau zweier riesiger Stromtrassen, die Energie aus dem Norden nach Bayern transportieren sollen.
Ein Ziel des Energiedialogs ist es zu prüfen, ob die Trassen notwendig sind.
Südlink Eine der Trassen soll durch das Unesco Biosphärenreservat Rhön und den Kreis Bad Kissingen führen. Der Verlauf steht nicht fest. Zuletzt war von Insidern zu hören, dass Südlink als sicher gelte. Offiziell wurde das vom Wirtschaftsministerium abgestritten.
Entscheidung Der Energiedialog gibt im Ergebnis die Haltung der Bayerischen Regierung wieder. Endgültige Entscheidungen werden jedoch erst im Lauf der kommenden Monate in Ber lin getroffen.
Mir will einfach nicht einleuchten, warum "verantwortliche???" Politiker aus Berlin ständig die Forderung nach einem überdimenionierten Netzausbau erheben. Im süddeutschen Raum befinden sich mehr als die Hälfte aller in Deutschland einmal aktiv ans Netz angeschlossenen AKW. Mir kann doch keiner erzählen, dass der dort erzeugte Atomstrom ausschließlich südlich der Mainlinie verbraucht wurde. Es müssen also nicht unerhebliche Strommengen auch in die Großräume nördlich davon geflossen sein, die man auch nicht im Aktenkoffer transportiert hat.
Warum ist es dann nicht möglich, die vorhandenen Netze so umzurüsten, dass sie nun den Windstrom von der Küste bei Bedarf Richtung Süden transportieren können. Eine gigantische Neutrassierung wäre somit gar nicht nötig. Im Voralpenland gibt es schon genügend Beispiele, wie man Netze intelligent umrüsten kann und es ermöglichen, dass auch Strom in die Gegenrichtung fließt.
Die Sturheit der Bundesregierung riecht förmlich nach einer desolaten Lobbypolitik, die es den Netzbetreibern ermöglicht, sich weitere Einnahmequellen durch höhere Netzentgelte zu erschließen, die dann der Endverbraucher - nicht die sog. Großverbraucher - in Rechnung gestellt bekommt.