Die "Nacht der Weinkultur" erzählt von der Stadthistorie und öffnet für die Teilnehmer Keller und Flaschen .
Der kleine Felsenkeller des Winzerbetriebs Plewe ist für Außenstehenden normalerweise verschlossen. Doch Reiner Stein und über zwei Dutzend andere Gäste aus der näheren Region konnten bei der "Nacht der Weinkultur" hineinschauen.
"Man lernt bei jeder Führung und Weinprobe immer noch hinzu", sagte Stein, der mit seiner Ehefrau Ilse schon im Vorjahr mit dabei war. So habe er erfreut zur Kenntnis genommen, dass einige Winzer heutzutage wieder auf die Spontangärung zurückgreifen. "Das erinnert mich an meine Kindheit vor einem halben Jahrhundert, als ich noch klein genug war, in die Weinfässer zu klettern und sie von innen zu säubern", erklärte Stein.
Bereits zum zweiten Mal fand die "Nacht der Weinkultur" in Hammelburg statt. Christiane Schmid führte die Teilnehmer rund drei Stunden lang durch die Geschichte der Weinstadt. Sie erzählte von der Schenkungsurkunde von Kaiser Karl dem Großen aus dem Jahre 777 und den wechselvollen Einflüsse von fulda und Würzburg für die Stadt.
Im Mittelalter sei der Wein oft mit Kräutern und Gewürzen versetzt worden. Den damaligen Tagesverbrauch gab Schmid mit etwa drei Litern pro Kopf an. Vorbei an der Stadtkirche und den historischen Mauern führte die beschauliche Tour zu den Winzerbetrieben Lange, Eilingsfeld und Plewe. Im Vorjahr waren es die Betriebe Müller, Ruppert und die Winzergenossenschaft gewesen.
"Tolle Sache. Es hat sich gelohnt, an diesem interessanten Weinabend teilzunehmen", meinten die Besucher nach Kostproben von Silvaner, Müller-Thurgau und Domina. Sie wollten nicht nur ihre Kenntnisse über die verschiedenen Weinsorten erweitern, sondern speziell auch die Besonderheiten der verschiedenen Winzerbetriebe kennenlernen. "Zudem liebe ich auch den geselligen Aspekt", sagte Christiane Küchler, und ihr Ehemann Andreas stimmte ihr voll und ganz zu. Teilnehmer Walter Frank erklärte: "Dieses Weinerlebnis ist ein wichtiges Stück Hammelburger Kultur."
"Grüner Apfel, gelbe Paprika, Fruchtigkeit und nur wenig Säure", kommentierte Winzerin Ulrike Lange die Geschmacksprobe ihres 2011er Silvaners. In der Vinothek im Rathaus genossen die Gäste den edlen Tropfen. Lange sprach von einer guten Weinernte und zufriedenstellender Nachfrage - vielfach auch von auswärtigen Touristen.
Verkostet wurde auch die Sorte Perle, die auch frostige Nächte in Obereschenbach aushalte. Sie sei überdies für eingefleischte Biertrinker oder junge Weineinsteiger bestens geeignet.
Einen trockenen Müller-Thurgau des Jahrgangs 2011 goss Bioland-Winzer Peter Plewe seinen Gästen in die Gläser. Fäulnis und Frost habe dem Wein im Vorjahr zu schaffen gemacht. In diesem Jahr sehe es besser aus, erklärte Plewe. "Wenn der Winzer lacht, gehört ihm der letzte Zahn gezogen", beschrieb er die Marktsituation. Seit 1994 ist sein Betrieb von Bioland zertifiziert. Plewe kann mittlerweile mit Humor von den Anfangszeiten sprechen: "Anfänglich galt ich als Öko-Freak, kurz vor Kinderschänder und Kommunist."
Rotwein mache lediglich ein Viertel seines Weinbestandes aus, sagte Winzer Wolfgang Eilingsfeld. "Natürlichkeit und Sauberkeit sind die Grundvoraussetzungen für die Spontanvergärung meiner Weine", erklärte er seine Arbeit. Der Klimawandel sei in den vergangenen Jahren deutlich spürbar: "Von früher 60 Grad Öchsle stieg der Durschnitt des Süßegehalts in den Trauben auf jetzt 80 Öchslegrade."