Manche Schüler gehen sogar freiwillig am Wochenende in die Schule. Zum Beispiel, wenn sie mit Sprühdosen und unter Anleitung eines Profis, die Wände ihrer Mensa mit einem Graffiti gestalten dürfen.
Freiwillig am Wochenende in die Schule gehen? Für neun Schüler des Frobenius-Gymnasiums Hammelburg kein Thema. Denn diesmal ging es um Graffiti in Theorie und Praxis. Etwas das garantiert nicht auf dem Lehrplan steht. Im Rahmen des Modellprojektes "Coaching in der Schulverpflegung" stand nach der Optimierung der Mittagsverpflegung, der gemütlicheren Gestaltung des "Frobistübles", auch die räumliche Verschönerung des Aufenthaltsbereich bei der Mensa an.
Ein Team aus Eltern, Schülern und Kantinenpersonal mit Lehrer Manuel Potschka als Ansprechpartner und Koordinator arbeitet seit zwei Jahren an dieser Aufgabe. Das Graffitiprojekt hat nun Mutter Yvonne Schäfer (Mitglied des Mensateams) federführend organisiert. Wichtig war es, den zweitägigen Kurs der Graffitischule "Style scout" aus Nürnberg finanziert zu bekommen. Freunde des Gymnasiums, Elternbeirat, SMV und die Schule stellten das Geld für den Kurs bereit.
Das Mensateam stellte die Einnahmen vom Saftverkauf auf dem Frühjahrsmarkt zur Verfügung. Mehr als ein halbes Jahr hat es gedauert, bis es vor Ort losgehen konnte.
Freitagnachmittag vermittelte Graffitiprofi Carlos Lorente erst einmal Theoretisches zu Geschichte des Graffiti, rechtlichen Fragen und vielem mehr. Das Wort Graffiti leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet in die Wand ritzen, zeichnen, schreiben. Auch in der Antike wurden somit schon Graffiti erstellt. Die Graffiti-Akademie gibt es seit 2012.
Geschäftsführer Lorente arbeitet viel mit Jugendlichen in Schulen und Jugendprojekten zusammen. Wichtig ist es ihm, dass die Teilnehmer vor der Praxis auch die Grundlagen für das Sprayen vermittelt bekommen. Das ist ihm hier in Hammelburg gelungen.
Nur mit Atemschutzmasken "So ruhig seid ihr bei mir im Unterricht nie", kommentiert Manuel Potschka.
Denn die Teilnehmer aus der 8. bis 12. Klasse lauschen dem Dozenten auch beim Theorieteil aufmerksam. "Ich fand die Geschichte des Graffiti toll", zeigt sich Schüler Ignat begeistert. Ganz wichtig sind Lorente die rechtlichen Grundlagen, Materialkunde und auch der Gesundheitsschutz bei dem Graffitikurs. So machte Lorente deutlich, dass an falscher Stelle zu sprühen, ein Straftatbestand sei und die Reinigungskosten empfindlich hoch seien. In geschlossenen Räumen arbeitet die StyleScout Schule mit Atemschutzmasken. Ideal war an diesem Schnupperkurs, dass Lorentes Graffitischule alles stellt, von den Atemmasken bis über die Dutzenden von Spraydosen in allen Farbvarianten.
In Gruppenarbeit erstellten die Schüler Entwürfe für Schriften und Zeichnungen, übten Techniken des Sprayens und Nachzeichnen mit Stiften auf Pappkartons.
Dann ging es an die Wand im Schülercafé vor der Kantine, die als zusätzlicher Aufenthaltsbereich der Mensa dienen soll. Die Schüler hatten keine Berührungsängste großflächig zu sprühen. Lorente gab Tipps und Tricks zu den Techniken. Ganz am Schluss, als die Hauptmotive an die Wand gesprayt waren, griff er verfeinernd selbst zu Stift und Dose.
Chillout-Area Was an der Wand entstehen wird, war vor dem Wochenende völlig offen. Die Spannung, was die Mitschüler und Lehrer dazu sagen würden, war groß. Als erster konnte Potschka das Werk betrachten. Zwei freundliche Faultiere lächeln den Betrachter kopfüber hängend an. Der Schriftzug "Mooorgen" ist eine Erinnerung an die meist noch verschlafene Begrüßung der Lehrer durch ihre Schüler. Ein großer Hamburger prangt ebenfalls an der Wand.
Ein Zettel zeigt an, wozu der Aufenthaltsbereich gedacht ist: Food, Love, Sleep...also auf neudeutsch: eine Chillout-Area...
Helmut Schreiner, Direktor des Frobenius-Gymnasiums, unterstützte die Idee schon im Vorfeld. Am Montagmorgen sah er das Ergebnis zum ersten Mal und war begeistert. "An dieser Stelle und mit diesem Workshop ist Graffiti sinnvoll eingesetzt. Es ist eine echte Bereicherung für die Schule." Für Lorente stellt sich die Frage, ob es in Hammelburg Freiflächen gäbe, die für solche Kunstaktionen genutzt werden könnten. Natürlich nur in Absprache mit den Besitzern und der Stadt. "Bauzäune mit Holzplatten verkleidet sind eine ideale Fläche. Das Sprayen ist eine impulsive, schnelle Ausdrucksform, gut um Emotionen darzustellen, das spricht Jugendliche besonders an." Potschka ist zuversichtlich, dass auch bald die Sitzgelegenheiten und Tische für diesen Bereich bestellt werden können.
Wirklich eine super Idee, jungen Menschen so eine Möglichkeit der krativen Gestaltung zu bieten. Die Belehrung zum Umgang mit den Spraydosen, Atemschutz, sowie die rechtlichen Grundlagen kann nur positive Auswirkungen auf die kreative Jugend haben.