Verbandschef Heinz Stempfle warnt vor Verlusten für die Stadt Bad Kissingen. Oberbürgermeister Dirk Vogel dagegen baut auf Förderungen, mit denen sogar noch investiert werden könnte.
Dass die Stadt sich für eine Landesgartenschau ab 2028 bewirbt, sorgt für Gesprächsstoff - nicht nur im Stadtrat, der vor drei Wochen sein Okay zum Bewerbungsverfahren gegeben hat, sondern auch in der Stadt. Der Bad Kissinger Kreisverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hat sich nun ausführlich zu einer möglichen Landesgartenschau in Bad Kissingen geäußert. Auch wenn es Bedenken gibt - vor allem hinsichtlich der Investitionssumme -, stellt sich der Verband deutlich hinter das Vorhaben.
Kreisvorsitzender Heinz Stempfle nennt eine Landesgartenschau, die damit verbundene Stadtentwicklung und die Fördergelder als "eine tatsächlich einmalige Chance". Die Hoteliers und Gastronomen sind überzeugt, dass weniger schöne oder ungenutzte Bereiche verschönert und verbessert würden. Das nutze nicht nur im Austragungsjahr, sondern mache die Stadt auch in den Folgejahren als Tourismusstandort attraktiver.
Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) und die Stadtverwaltung haben sich bei der Standortfrage als großen Schwerpunkt das Gebiet um den Schlachthof, die Eishalle und den Sportpark sowie den Ballinghain und die alte Stadtgärtnerei ausgesucht. Das hält die Dehoga für schlüssig. "Eine zusätzliche innerstädtische Grün,- Park- und Gartenlandschaft wäre eine sinnvolle Ergänzung zu den bisherigen Grünanlagen in und um Bad Kissingen", sagt Stempfle. Neben dem historischen Ambiente ist die Natur "nachweislich einer der wichtigsten Gründe zum touristischen Besuch unserer Kurstadt".
Städte wie Würzburg, Bayreuth und Bamberg hätten bei vergangenen Landesgartenschauen zwischen 0,7 und 1,05 Millionen Besucher gezählt. Die Übernachtungszahlen dort werden überwiegend durch Geschäftsreisende generiert, in Bad Kissingen hingegen hält sich ein Großteil der Gäste über mehrere Wochen in den Hotels und Kliniken auf. Das sind günstige Voraussetzungen, findet der Dehoga-Kreisvorsitzende: "In Bad Kissingen sollte eine ähnlich hohe, bestenfalls sogar höhere Besucherzahl gesichert sein."
Warnung vor finanzieller Überbelastung
Trotz der generellen Zustimmung hat die Dehoga Bedenken, die vorab geklärt werden müssten, etwa in Bezug auf das finanzielle Risiko. "Wir wissen, dass Landesgartenschauen trotz aller Fördermaßnahmen bisher wohl ausnahmslos mit Verlust abgeschlossen haben", so Stempfle. Die Stadt müsse sicherstellen, dass andere wichtige Investitionen nicht durch mögliche Verluste einer Landesgartenschau verzögert werden. "Der infrastrukturelle Zustand unserer Stadt lässt schon jetzt zu wünschen", sagt er. Auch Folgekosten, etwa für den Unterhalt neuer Parkanlagen, müssten berücksichtigt werden.
Alle bisher frei zugänglichen Parkanlagen der Stadt müssten es auch während der Landesgartenschau sein - schließlich leisten Gäste bei ihrem Aufenthalt dafür Kurtaxe. Zudem müsse die Stadt sich Gedanken machen, wie sie das Verkehrsaufkommen bewältigt. Es brauche ein Verkehrsleitsystem und ausreichend Stellplätze, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen in Kur- und Wohnvierteln müsse vermieden werden.Der Dehoga Kreisverband wünscht, in die Planung direkt miteinbezogen zu werden.
Parkanlagen bleiben frei zugänglich
"Die Menschen erkennen die Chancen einer Landesgartenschau", sagt Oberbürgermeister Dirk Vogel . Er zeigt sich offen für Anregungen. Insbesondere bis zur Abgabe der Bewerbung im April 2022 werde es eine umfangreiche Bürgerbeteiligung geben. "Wir brauchen das Know-How der Stadtgesellschaft", betont er.
Zur finanziellen Belastung erklärt der OB, dass Bad Kissingen sich mit einer Landesgartenschau in die Lage versetze, zehn Millionen Euro Investitionen auszulösen. Auf die Stadt kommen maximal vier Millionen Euro zu. "Es werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit weniger, weil noch eine EU-Förderung zu erwarten ist", sagt Vogel. Sogenannte Satellitenprojekte, also Förderungen an anderer Stelle, seien ebenfalls möglich und nicht mitgerechnet.
Er macht deutlich: "Wir haben Geld zur Verfügung, das es ansonsten in der Höhe nicht geben würde. Damit können wir in die städtische Infrastruktur insgesamt viel mehr investieren als ohne Landesgartenschau".
Die Sorge der Beherbergungsbetriebe, die Parkanlagen würden während der Schau nicht frei zur Verfügung stehen, nimmt Vogel. "Unsere Parkanlagen sind viel zu schön, als dass sie für eine Landesgartenschau in Frage kämen", sagt er. Es gehe vor allem darum, die problematischen städtebaulichen Bereiche im Süden ins Visier zu nehmen. Die "Premium-Anmutung" Bad Kissingens solle nicht an der Südbrücke enden.
Abstimmung mit anderen Großprojekten
Das Verkehrsaufkommen bereitet dem Rathauschef keine Sorgen, auch wenn er Planungs- und Optimierungsbedarf sieht. Bad Kissingen ist als Tourismusstadt auf eine große Zahl Besucher ausgerichtet. Die größere Herausforderung wird seiner Meinung nach jedoch sein, "die vielen unterschiedlichen Baumaßnahmen (gemeint ist der Neubau der Südbrücke sowie der Bau der B286 neu, Anm. d. Red) mit dem Vorhaben in Einklang zu bringen". Es bleibe aber noch ausreichend Zeit für die Abstimmung.
Die Landesgartenschauen werden für die Jahre 2028 bis 2032 vergeben, Bad Kissingen strebt eine Schau ab 2030 an.