Insgesamt zehn Millionen Euro werden in den Allianzkommunen des Kissinger Bogens jedes Jahr für die Beschaffung von Erdöl und Erdgas ausgegeben.
Eine Biogasanlage in Burkardroth. Ein Nahwärmenetz für den Nüdlinger Altort. Eine Photovoltaikanlage auf der Erdaushubdeponie in Steinach. Klingt visionär? Ist es auch. Und dennoch sind diese Ideen zur Energiegewinnung und besseren Nutzung umsetzbar.
Zu diesem Ergebnis kommen Werner Haase und seine Mitarbeiter vom gleichnamigen Ingenieurbüro aus Karlstadt. Sie haben in den vergangenen 16 Monaten das Energiekonzept für die Allianzkommunen des Kissinger Bogens erstellt. Es umfasst 172 Seiten und wurde in der gemeinsamen Gemeinderatssitzung, die im Kursaal von Bad Bocklet stattfand, vorgestellt.
Fragebögen ausgewertet
Die Kernaussage lautet: Die Energiewende ist machbar. Nicht zuletzt, weil in den vier Allianzkommunen ein enormes Potenzial steckt.
Insgesamt zehn Millionen Euro geben die Bewohner und Gewerbetreibenden der Gemeinden Burkardroth, Bad Bocklet, Nüdlingen und Oberthulba jedes Jahr für die Beschaffung von Erdöl und Erdgas aus. Geld, das größtenteils ins Ausland abfließt. Das haben Haase und seine Mitarbeiter bei ihrer Bestandsaufnahme herausgefunden, die als Grundlage für das Konzept dient. Dabei haben die Experten unter anderem Fragebögen der Bewohner ausgewertet und die Kaminkehrer der Region befragt.
Demnach wurden 2013 in den vier Kommunen insgesamt etwa 71 200 Megawattstunden (MWh) Strom verbraucht. Den größten Anteil mit 31 170 MWh hat der Markt Oberthulba, der 44 Prozent des Gesamtvolumens nutzte. Im Markt Burkardroth fielen mit 16 560 MWh 23 Prozent an. Im Markt Bad Bocklet wurden 15 170 Megawattstunden Strom verbraucht und somit 21 Prozent. Den geringsten Anteil mit zwölf Prozent hatte die Gemeinde Nüdlingen. Dort wurden 81 270 MWh Strom verwendet. Doch wofür?
Weitere Windräder
"Den Großteil davon konsumieren die gewerblichen Verbraucher ", sagte Steffen Haase, der das Energiekonzept den Gemeinderäten vorstellte. Rund 36 000 MWh wurden 2013 allein von den Firmen der Region verbraucht, die privaten Haushalte hingegen nutzten etwa 26 000 MWh. Am geringsten ist der Stromverbrauch bei den Kommunen, die inklusive der Straßenbeleuchtung nur etwa vier Prozent des Gesamtstroms benötigen. Somit liegt das größte Einsparpotenzial bei den gewerblichen und privaten Verbrauchern.
Auf Photovoltaik setzen
Noch immer wird ein Großteil des Stroms als Mix zugekauft, haben Haase und sein Team herausgefunden. Der Anteil der regenerativen Stromerzeugung liegt in den vier Kommunen mittlerweile bei 25,7 Prozent. Erzeugt wird dieser Strom überwiegend von Photovoltaikanlagen. Aber auch die Windkraft, Biogas, Kraftwärmekopplungen sowie Wasserkraft werden dafür genutzt, jedoch noch nicht so umfänglich. Deshalb sehen die Experten vom Ingenieurbüro Haase hier Nachholbedarf.
Viel geht für Heizung weg
So stellen sie sich vor, dass weitere Windkrafträder installiert werden - sofern es die gesetzlichen Regelungen zulassen. Zudem sollen zusätzliche Photovoltaikanlagen entstehen, unter anderem auf der Erdaushubdeponie in Steinach, einem Ortsteil des Marktes Bad Bocklet, oder an der Kläranlage in Nüdlingen. Auch eine Biogasanlage für den Markt Burkardroth können sich die Energieexperten vorstellen.
Besonders viel Energie ziehen laut Haase auch die Heizungsanlagen in den vier Kommunen ab. Etwa 262 000 Megawattstunden werden pro Jahr insgesamt verbraucht. Allein 58,8 Prozent davon werden zum Heizen in Wohnhäusern benötigt, 39,7 Prozent für Gewerbe, Dienstleistungen und Handel sowie 1,5 Prozent für die kommunalen Gebäude. Dazu zählen nicht nur die Rathäuser, sondern auch Schulen, Turn- und Sporthallen und Feuerwehrhäuser.
Broschüre kommt heraus
Diese Wärme wird zu 59 Prozent durch das Verbrennen von Erdöl gewonnen. Der Anteil von Erdgas als Rohstoff liegt bei 16 Prozent. Nur etwa ein Viertel der Heizungswärme wird über regenerative Energielieferanten erzeugt. "Dreiviertel unserer Rohstoffe sind fossil und somit endlich. Darum müssen wir uns kümmern", sagte Steffen Haase.
Um bei der Heizung zu sparen, hält das Ingenieurbüro in erster Linie energetische Gebäudesanierungen für sinnvoll. Hierzu wird in den kommenden Monaten eine Broschüre über die Allianz Kissinger Bogen erstellt. Außerdem empfehlen Haase und Kollegen die Umrüstung auf moderne Heizungssysteme, wie etwa Wärmepumpen oder Strom betriebene Systeme. Denn der könne wiederum mit regenerativen Energien über Sonne oder Windkraft erzeugt werden.
Für Nüdlingen beispielsweise können sich die Experten ein Nahwärmenetz mit Blockheizkraftwerk vorstellen, das überwiegend den Altort mit seinen öffentlichen Gebäuden wie etwa das Feuerwehrhaus, die alte Schule oder das Rathaus, aber auch Privathaushalte versorgt.
Burkardroths Bürgermeister Waldemar Bug fasste es in seinem Schlusswort zusammen: "Die zehn Millionen, die jedes Jahr für Erdöl und Erdgas ausgegeben werden, könnten hier bleiben."
Serie Das Energiekonzept der Allianz Kissinger Bogen umfasst viele weitere Punkte, Maßnahmen und Ziele. Sie in einem Artikel zusammenzufassen, ist unmöglich. Deshalb werden wir Teile des Konzepts in verschiedenen Beiträgen in den kommenden Wochen vorstellen.