Am Hammelburger Berg: Die Haselmaus soll raus - aber wie?

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Am Hammelburger Berg an der Staatsstraße 2790 (früher B27) hat sich in zwei Bereichen die geschützte Haselmaus festgesetzt (eher hinten im Bild). Sie umzusiedeln, ist aufwendig. Foto: Steffen Standke
Am Hammelburger Berg an der Staatsstraße 2790 (früher B27) hat sich in zwei Bereichen die geschützte Haselmaus festgesetzt (eher hinten im Bild). Sie umzusiedeln, ist aufwendig. Foto: Steffen Standke

Die Haselmaus - in und rund um Bad Brückenau gilt sie vielen als Streitobjekt. Weil sie den dringend nötigen Ausbau des maroden Hammelburger Berges (St 2790, ehemals B27) weiter verzögert. So soll das Problem gelöst werden.

Der Ton in den beiden Bürgerversammlungen war rau, die Forderung eindeutig: "Die Maus muss raus", rief beispielsweise ein Teilnehmer in Volkers. Und Bürgermeister Jochen Vogel (CSU) gab in der Fragerunde für die Einwohner der Kernstadt zu, die Begründung des Staatlichen Bauamtes Schweinfurt für die Bauverzögerung nicht nachvollziehen zu können (wir berichteten).

Der Stein des Anstoßes ist gerade mal 15 Zentimeter lang und 15 bis 40 Gramm schwer. Die Haselmaus lebt gerne in dichtem (Hasel-)Gebüsch, (Brombeer-)Hecken, an breiten Waldsäumen und in Mischwälder mit reichem Unterwuchs. Ihr Fell leuchtet gelb- bis rotbräunlich, an Kehle und Brust weiß; am Schwanz erscheint es meist etwas dunkler. Beobachtet wurden auch schon rein weiße und schwarze Tiere. Einen Namen machte sich die Haselmaus als "Tier des Jahres 2017".

Ausgerechnet dieser naturschutzrechtlich geschützte "Star" hat sich am sogenannten "Hammelburger Berg", der ehemaligen B27 von Bad Brückenau Richtung Oberleichtersbach, angesiedelt. Und verhindert ähnlich dem inzwischen vergrämten Wiesenknopf-Ameisenbläuling den Ausbau der Buckelpiste.

Entgegen anderslautender Unterstellungen gibt es an der Existenz der Haselmaus am Hammelburger Berg nichts zu deuteln. Das teilt Konstantin Arnold, Abteilungsleiter Straßenbau beim Staatlichen Bauamt, auf Anfrage mit.

"Die Kartierung der Haselmauslebensräume ist abgeschlossen. Hierbei konnten Haselmäuse im Waldbereich sowie in den östlich der Straße gelegenen Gehölzen im Offenland nachgewiesen werden", schreibt er. Verwunderlich ist die Nähe zur Straße nicht, gilt die Haselmaus doch als sehr lärmresistent.

Laut Landratsamt gibt es "im Landkreis Bad Kissingen noch weitere Vorkommen der Haselmaus. Beispiele wären am Hegekopf südlich von Schönderling, am Klaushof, im Naturschutzgebiet Wacholderheide bei Münnerstadt oder im Neuwirtshauser Forst. Es gibt also noch weitere Populationen."

Wie viele Haselmäuse überhaupt am Hammelburger Berg leben, konnte Albert nicht sagen. "Eine genaue Abschätzung der Populationsgröße ist durch die Untersuchung nicht möglich. Vielmehr handelt es sich um den Nachweis, dass überhaupt Haselmäuse im Baufeld vorhanden sind."

Was auch noch wichtig ist: Die Untersuchungen belegen laut dem Baurat, dass "ohne begleitende Maßnahmen des Naturschutzes eine Schädigung der Haselmäuse während der Baumaßnahme zu erwarten" wäre. Derzeit stimme das Bauamt sich mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Bad Kissingen ab, welche Maßnahmen ergriffen - und wie sie umgesetzt werden.

Auch wenn noch keine Details feststehen, wird es wohl so laufen: Der Haselmaus wird ihrer jetziger Lebensraum madig gemacht beziehungsweise entzogen. Dafür wird in der Nähe ein anderer geeigneter gesucht beziehungsweise geschaffen, in den sie hoffentlich "freiwillig" umzieht.

Bei Konstantin Arnold klingt das so: "Von einem durch uns beauftragten Ingenieurbüro wurde zunächst der Eingriff in die Lebensräume durch die Baumaßnahme ermittelt. Darauf aufbauend wurden Maßnahmenvorschläge für den Ausgleich des verloren gegangenen Lebensraums und zur Minimierung der Störung der Haselmäuse erarbeitet."

Derzeit wird als Maßnahme "die Entwicklung eines circa 350 Meter langen Waldbereiches entlang der Staatsstraße 2790" im stadtnäheren Abschnitt /Bereich 1) diskutiert. "Hierzu müssen die dort befindlichen Fichtenaufforstungen teilweise entfernt und durch die Pflanzung von Sträuchern, welche sich besonders gut als Lebensraum der Haselmaus eignen, ersetzt werden", so der Abteilungsleiter.

Weiterhin will das Staatliche Bauamt im oberen Bereich 2 mehrere Haselmauskästen aufhängen sowie weitere Beerensträucher als Lebensräume für das geschützte Tier und Verbindungskorridor zu vorhandenen Gehölzen pflanzen lassen. Noch in diesem Monat sollen die Vorschläge mit der Unteren Naturschutzbehörde fertig abgestimmt sein.

Hoffnung auf einen schnelleren Baubeginn am Hammelburger Berg macht Arnold aber nicht, denn: "Die Maßnahmen sollen bis zum Frühjahr 2022 beendet sein, sodass die Umsiedelung der Haselmäuse danach beginnen kann."

Dieser Umzug könnte laut dem Mann vom Staatlichen Bauamt (mit Bezug auf das beauftragte Ingenieurbüro) so vonstatten gehen: "Die Haselmäuse sollen in den betroffenen Bereichen im Sommer mit Hilfe von Tubes oder Kästen eingefangen und in die optimierten Bereiche umgesiedelt werden. Im Winter vor Baubeginn sollten Gehölze entfernt werden. Ein Entfernen der Wurzelstöcke darf erst nach Beenden des Winterschlafes im Frühjahr erfolgen."

Deswegen bleibt es auch bei der Aussage, die Arnold schon im Februar dieses Jahres gegenüber dieser Redaktion tätigte: "Bei einer realistischen Betrachtung der Zeitabläufe ist nach dem derzeitigen Sachstand mit einem Baubeginn frühestens 2023 zu rechnen." Keine gute Nachricht also für diejenigen, die lieber früher als später am Hammelburger Berg gebaut hätten.

Hintergrund:

Verbote Die Haselmaus unterliegt laut dem staatlichen Bauamt als streng geschützte Art unter anderem den Verboten nach § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes. Demnach ist es verboten, die Tiere zu stören, zu schädigen oder gar zu töten. Ein Verstoß gegen diese Verbote stellt bei Vorsatz eine Straftat dar. Das Schädigungsverbot gilt auch für den Lebensraum der Haselmaus.

Erfassung Nach Vorkommen der Haselmaus geforscht wird mit Hilfe sogenannter "Haselmaus-Tubes". Dabei handelt es sich um circa 30 Zentimeter lange und im Durchmesser etwa sieben Zentimeter weite im Querschnitt quadratische Röhren aus Kunststoff, die mit Hilfe eines Brettes verschlossen werden. Durch Hineinleuchten mit einer Taschenlampe in die offene Seite oder Herausziehen des Brettes kann der Tube kontrolliert werden. Haselmäuse nutzen die Tubes zum Bau ihrer aus Blättern und Gras gefertigten Kugelnester, die als Tagschlafplatz dienen. Solche Nester oder die Tiere selbst können in den Röhren nachgewiesen werden.