Kündigung von "Julia Pink" wegen Porno-Dreh: Diakonie Neuendettelsau bekommt recht

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Kirche und Porno, das verträgt sich auch aus juristischer Sicht nicht. Dies musste diese 38-jährige Erzieherin jetzt erfahren. Foto: epd
Kirche und Porno, das verträgt sich auch aus juristischer Sicht nicht. Dies musste diese 38-jährige Erzieherin jetzt erfahren.  Foto: epd

Kündigung rechtens: Die Diakonie Neuendettelsau durfte einer Erzieherin wegen ihrer Porno-Drehs kündigen, hat das Landesarbeitsgericht München entschieden. Pornos zu drehen sei aus kirchlicher Sicht eine "schwerwiegende sittliche Verfehlung". Das Porno-Sternchen versteht das nicht.

Porno und Kirche verträgt sich nicht: Die Kündigung einer Erzieherin wegen ihrer Porno-Drehs ist rechtens. Das Landesarbeitsgericht in München hat das entschieden und damit der Diakonie Neuendettelsau recht gegeben. Die kirchliche Einrichtung hatte einer 38 Jahre alten Erzieherin gekündigt.

Erzieherin war mehr als 15 Jahre beanstandungslos beschäftigt gewesen - dann drehte sie Pornos

Richter Reinhard Künzl hatte es mehrfach versucht. Eine Einigung sei eine für "beide Seiten gesichtswahrende" Lösung, sie wäre sachgerecht, sagte der Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht München. Die sechste Kammer hatte am Dienstag zu urteilen, ob die Diakonie Neuendettelsau eine mehr als 15 Jahre dort beanstandungslos beschäftigte Erzieherin wegen ihrer Freizeitbeschäftigung kündigen darf. Das Sozialwerk darf, entschied das Gericht. Denn die Erzieherin dreht in ihrer Freizeit unter dem Pseudonym "Julia Pink" Pornofilme und stellt sie auch ins Internet.

Richter Künzl hatte mehrfach in der knapp halbstündigen mündlichen Verhandlung durchblicken lassen, dass ein Urteil seiner Kammer ähnlich ausfallen könnte, wie das der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht in Augsburg. Ende Oktober 2014 hatte die dortige Richterin entschieden, dass das Sozialwerk der Erzieherin durchaus wegen ihrer Porno-Drehs kündigen darf, allerdings nicht fristlos. Der Rechtsanwalt der Diakonie betonte, es liege eine "schwerwiegende sittliche Verfehlung" der Frau vor, ihr Verhalten sei nicht mit der kirchlichen Sexualethik vereinbar.

Julia Pink und ihre "schwerwiegende sittliche Verfehlung"


Der Anwalt der Erzieherin, Florian Fleig, sah dies vollkommen anders. Wenn denn überhaupt eine "sittliche Verfehlung" vorliege, dann sicher keine schwerwiegende, die eine Kündigung rechtfertige. Er sehe keinen Verstoß gegen die kirchliche Sexualethik darin, dass seine Mandantin in ihrer Freizeit ihre Sexualität "anders auslebt als manch anderer". Auch Richter Künzl wollte von der Leiterin der Diakonie-Einrichtung, in der die Erzieherin Behinderte betreut hatte, wissen, wie und wie genau die Frau gegen die Sexualethik der evangelischen Landeskirche verstoßen habe.

Anders als in der ersten Instanz begründete die Einrichtungsleiterin detailliert die Beweggründe für die fristlose und ordentliche Kündigung. Mehrere Bewohner der Einrichtung könnten durchaus per Computer und Smartphone ins Internet gehen und sich dort die Pornos der Erzieherin ansehen. "Wir vermitteln in unserer sexualpädagogischen Arbeit andere Werte", sagte die Einrichtungsleiterin. In den Filmen werde der Eindruck der jederzeitigen Verfügbarkeit von Frauen als Sexualobjekt vermittelt. Schwerbehinderte Menschen könnten dies nicht als Fiktion einstufen.

Schwerbehinderte Menschen könnten dies nicht als Fiktion einstufen


Richter Künzl wollte zudem von der Einrichtungsleiterin wissen, woher sie eigentlich die Informationen über die Nebentätigkeit der Erzieherin hatte. "Ein Bekannter eines Mitarbeiters hatte das entdeckt", erzählte sie. "Ich verstehe, Mitarbeiter der Diakonie schauen solche Filme also nicht", kommentierte der Vorsitzende Richter diese Aussage. Bis heute weiß auch die 38-Jährige nicht, wer ihren Arbeitgeber auf die Pornos hingewiesen hat. Geändert hat das am Urteil nichts. Die Diakonie durfte der Frau kündigen. Eine Berufung ließ das Landesarbeitsgericht nicht zu.

Noch während der Beratungspause des Gerichts hatte der Ehemann der Erzieherin, ein Schrank von Mann in enger Jeans und noch viel engerem Hemd, gesagt: "Die Julia macht weiter, wenn sie verliert, die zieht das bis zum Ende durch." Sicher auch, weil sie den Rummel um ihre Person durchaus genossen hat. Boulevardblätter und Fernsehsender haben sich um die Geschichte gerissen, auch am Dienstag verfolgten wieder etliche Medienvertreter den Prozess. Nach dem Urteilsspruch gab sie vor dem Landesarbeitsgericht ein TV-Interview nach dem anderen.

Die rechtlichen Möglichkeiten sind laut Rechtsanwalt Fleig nun "ziemlich beschränkt". Man könne zwar Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung einlegen - dabei müsse man jedoch im Urteil rechtliche Fehler nachweisen. "Die Chancen damit zu scheitern sind hoch", räumte Fleig ein. Trotzdem wolle "Julia Pink" erst das schriftliche Urteil abwarten, ehe sie eine definitive Entscheidung treffe. Die 38-Jährige selbst zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht. Sie verstehe "noch immer nicht, was genau ich eigentlich verbrochen habe".

Von Daniel Staffen-Quandt, epd