Vielen Deutschen droht auch nach 45 Jahren Arbeit ein Leben in Altersarmut. Das zeigt eine neue Erhebung aus dem Arbeitsministerium. Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnt, das Land könne bald "sozial implodieren".
Das Rentensystem in Deutschland steht schon lange in der Kritik, viele haben überhaupt kein Vertrauen mehr in die Rente. Zahlen des Bundesarbeitsministeriums zeigen nun, wie schlecht es wirklich um die Zukunft der Rentnerinnen und Rentner steht.
Von den insgesamt 22 Millionen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten erhalten nach derzeitigem Stand 9,3 Millionen im Alter eine Rente, die unter 1500 Euro pro Monat liegt. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und beruft sich dabei auf Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums. Um überhaupt auf diese Rentenhöhe zu kommen, muss man aktuell 45 Jahre lang eine 40-Stunden-Woche arbeiten und dabei rechnerisch einen Stundenlohn von 20,78 Euro erhalten. Das entspricht einem Bruttomonatslohn von 3602 Euro.
Millionen Deutsche erwartet Rente von unter 1500 Euro
Für eine spätere Monatsrente von 1200 Euro ist laut Erhebung ein Stundenlohn von 16,62 Euro nötig, beziehungsweise ein Bruttolohn von 2882 Euro im Monat. Dabei gilt dasselbe Schema: 40 Stunden Arbeit pro Woche, über einen Zeitraum von 45 Jahren. Eine Rente von 1300 Euro erreicht man mit einem rechnerischen Stundenlohn von 18,01 Euro, was 3122 Euro Brutto pro Monat entspricht.
Doch viele Beschäftigte in Deutschland sind von diesen Zahlen weit entfernt. So waren laut Statistischem Bundesamt 5,8 Millionen Jobs im Oktober 2022 von der Erhöhung des Mindestlohns betroffen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Fast 15 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland lagen zuvor unter einem Stundenlohn von 12 Euro. Die nächste Erhöhung ist für den 1. Januar 2024 geplant, dann soll der Mindestlohn auf 12,41 Euro steigen. Die Millionen Betroffenen liegen damit immer noch weit unter dem Lohn, der für eine künftige Rente von 1200 Euro nötig wäre.
Die Linken fordern daher die Bundesregierung zum Handeln auf. "Der aktuelle Mindestlohn und die geplanten Erhöhungen der Bundesregierung führen auch nach 45 Jahren Maloche in die Altersarmut", sagte der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, im Gespräch mit dem RND. Das sei "zynisch und respektlos" gegenüber den Beschäftigten. Bartsch spricht sich für einen Mindestlohn von 14 Euro ab 2024 aus, das wäre ein "Zeichen des Respekts". "Perspektivisch muss der Mindestlohn zu einer auskömmlichen Rente führen", so Bartsch.
"Sozialer Sprengstoff": Linke fordern deutliche Rentenerhöhung
Seiner Aussage nach spitze sich die Lohn- und Rentenproblematik weiter zu, wenn fast die Hälfte der heute Vollzeitbeschäftigten im Alter eine Rente von unter 1500 Euro erwarte. Im Osten sei die Lage "ungleich dramatischer". In den neuen Bundesländern droht mehr als der Hälfte der Bürger eine Rente unter 1500 Euro, vielen sogar unter 1200 Euro. Die aktuelle Erhebung aus dem Arbeitsministerium wurde von einer parlamentarischen Anfrage des Linken-Politikers angestoßen.
"Real werden die Renten in den kommenden Jahrzehnten schlechter ausfallen, als die Bundesregierung prognostiziert", sagt Bartsch, denn 45 Jahre seien für viele nicht zu schaffen. "Das Verarmungsrisiko im Alter wird weiter ansteigen." Für die Ampel müssten laut Bartsch angesichts dieses "sozialen Sprengstoffs" alle Alarmglocken schrillen.