Bei Berichten über ausgesetzte Tiere oder ausgelegte Giftköder ist die Empörung in den Kommentarspalten sehr groß. Geht es aber um Massentierhaltung und Klimaschutz, zeigen die eigens ernannten Tierliebhaber*innen ihr wahres Gesicht. Ein Kommentar.
An einer Raststätte im Kreis Ansbach wurden vergangenes Wochenende zwei Katzenbabys ausgesetzt. Immer wieder gibt es zudem Berichte über ausgelegte Giftköder auf Spazierwegen. Die Leser*innen reagieren auf solche Meldungen entsetzt - zu Recht. Den Täter*innen wird die Menschlichkeit abgesprochen und sie werden zu "Bestien" erklärt. Man könnte also meinen, die Menschen in den Kommentarspalten seien echte Tierfreund*innen.
Die Freude müsste demnach groß sein, wenn immer mehr Supermärkte, Restaurants und sogar Möbelhäuser auf pflanzliche Alternativen zu Fleischprodukten setzen. So hat beispielsweise Ikea jetzt angekündigt, dass ab Oktober 2022 vegane Gerichte immer die "erschwinglichere Variante" im Vergleich zu Fleischgerichten sein werden. Was Ikea damit nicht angekündigt hat ist, dass Speisen mit Fleisch teurer werden sollen. Pflanzliche Angebote sollen lediglich genauso viel kosten oder günstiger werden. Es wird also niemandem etwas weggenommen.
"Ich fühle mich als Fleischesser diskriminiert"
Aber in den Kommentarspalten wittert man schon die nächste Verschwörung. Diskriminierung sei das. Man werde nur noch bevormundet und gezwungen, auf Fleisch zu verzichten. Vermeintliche Horrorszenarien entstehen: Die Gesellschaft werde zunehmend von Minderheiten beherrscht, die unsere Kinder mit "neuartiger Gendersprache" und "grüner Ideologie" indoktrinieren. Demnächst werde man sogar fragen müssen, wann man den nächsten Atemzug nehmen dürfe.
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Na ja, also entweder all das wird passieren, oder Ikea wird einfach nur Preise haben, die widerspiegeln, dass das eine ein beendetes Leben und das andere eine Pflanze ist. Und nein, Pflanzen spüren keinen Schmerz. Dafür bräuchten sie ein zentrales Nervensystem.
Aber nicht nur Ikea, auch Rewe macht sich zum Feindbild so mancher Fleischesser*innen. Denn einige Märkte bieten jetzt vegane "Fleischtheken" an. Bei dem Wording steigt direkt der Puls bei den Kommentartipper*innen. "Vegane Fleischprodukte? Warum müssen Veganer*innen ihr Essen denn immer wie Fleisch aussehen lassen? Sollen doch einfach Gras essen", wird beispielsweise kommentiert. Außerdem seien vegane Alternativen doch immer so ungesund, voller Chemie und einfach unnatürlich! Darauf folgt dann gerne der Vergleich zu Wildtieren und den Menschen früher. Ein Löwe beispielsweise würde auch sein Fleisch jagen. Genauso wie das die Menschen früher gemacht haben. Der Mensch sei einfach dafür geschaffen. Das würde auch sein Gebiss zeigen. Ja, deswegen jagen die Leute heutzutage ihr Fleisch auch immer noch. Also im Supermarkt. Und mariniert. Roh gegessen wird das Steak auch nicht, aber der Löwe wird ja wohl auch einen Grill haben.
"Das haben wir schon immer so gemacht!"
Komischerweise sind also genau die, die bei Berichten zu ausgesetzten Haustieren am lautesten "Menschen sind böse!" schreien, auch die, die bei Artikeln über Veganismus "Darauf erstmal ein Steak!" kommentieren. Warum ist das so? Für dieses Phänomen hat die Sozialpsychologie einen Namen: kognitive Dissonanz. Damit gemeint ist laut dem Stangl Lexikon ein als "unangenehm empfundener Gefühlszustand". Der entsteht, wenn man verschiedene Gedanken, Meinungen oder Einstellungen hat, die eigentlich nicht so ganz zusammen passen. Wenn man also Kätzchen furchtbar süß findet und Menschen, die sie aussetzen, am liebsten auf den Mond schießen würde, gleichzeitig aber halt das Schnitzel aus der Massentierhaltung so gut schmeckt. Da braucht es natürlich eine moralische Rechtfertigung, warum das eine schrecklich und das andere okay ist.
Dafür muss wie so oft das gute alte "Haben wir schon immer so gemacht" herhalten. Die willkürliche Konstruktion von "Die sind süß, die dürfen in meinem Bett schlafen" und "Die heißen Nutztiere, die darf ich essen" ist zwar dadurch immer noch nicht so wirklich legitim, aber wenn das schon immer so ist, ist man dem quasi machtlos ausgesetzt. Genauso wie Kriege okay sind, weil die Menschheit die seit vielen tausend Jahren führt, oder? Aber nein, das ist ja was ganz anderes, klar.
Ich rege mich auch fürchterlich auf wenn Unmenschen Tiere aussetzen oder Giftköder auslegen...aber ich lasse mir nicht vorschreiben, wann ich was essen darf, ich esse oft genug Fleisches und habe auch nicht das geringste Problem mit Fleischersatzprodukten
Jedoch lasse ich mir nicht von Firmen, die lediglich Greenwashing betreiben wie ikea um die Ökoschäfchen als Kunden zu gewinnen, vorschreiben keine Pommes mehr zu essen u.ä.....ausgerechnet ikea, die illegal geschützte Wälder in Rumänien und Russland abholzen...einfach mal ikea greenwashing googeln, das sollte eigentlich auch dem Menschen möglich sein, von dem dieser so gar nicht neutrale Artikel stammt...😒
...*ich esse oft genug fleischlos...sollte das heißen 🙄
Ich verstehe nicht wirklich, warum man in dem Kommentar zwei völlig unterschiedlichen Themen (ausgesetzte Haustiere und Ernährung) miteinander vermischt. Das eine hat mit dem anderen doch überhaupt nichts zu tun.