Zwar würde sich die Landwirtschaft an neue Gesetze und Verordnungen anpassen. "Doch wir müssen auch davon leben können. Es wird Zeit, dass Politik mit Hirn und Verstand gemacht wird." Die derzeitige Agrarpolitik sei nichts anderes als Stimmungsmache gegen seinen Berufsstand.
Angst vor der Zukunft
Dem pflichtet Benedikt Zehner bei, der vor einem Monat bereits an den Protesten in Bayreuth teilgenommen hat: "Mein Sohn ist jetzt zwei Jahre alt und eigentlich habe ich mir gewünscht, dass er mal meinen Betrieb weiterführt", sagt der Agrarwissenschaftler aus Haig. "Doch ich sehe aktuell keine Zukunftsperspektive. Kaum haben wir wegen einer neuen Verordnung in unserem Betrieb investiert, kommt schon die nächste. Ich kann doch nicht alle fünf Jahre meinen Stall umbauen!" Vor allem kleine Betriebe könnten das einfach nicht leisten.
Die jüngsten Verordnungen entbehren laut dem Ackerbauer jeder wissenschaftlichen Grundlage. "Ich habe mein Handwerk von der Pike auf gelernt und einen Bachelor in Agrarwissenschaft - und dann kommt die Politik und behauptet, dass alles, was wir gelernt haben, plötzlich falsch ist."
Zehnter wünscht sich Gespräche mit der Umweltministerin auf Augenhöhe. "Wir wollen Kompromisse finden - doch stattdessen wird uns einfach von oben ein Korsett aufgezwängt." So habe Svenja Schulze während der Demo lediglich für fünf Minuten ihren Standpunkt vertreten, ehe sie wieder verschwunden sei. "Da ist leider keinerlei Einsicht in Bezug auf das, was wir wollen und brauchen."
Den Bauern gehe es nicht darum, ihre Produkte teurer verkaufen zu wollen: "Wir gehen nicht wegen besserer Preise auf die Straße, denn die gibt der Weltmarkt vor. Alles, was wir wollen, sind bessere Bedingungen. Jeder redet davon, dass wir ein Europa sind, nur hier in Deutschland wird differenziert."
Dass die deutsche Landwirtschaft inzwischen auf dem Zahnfleisch geht, haben mittlerweile auch große Teile der Bevölkerung begriffen. "Besonders hat mich gefreut, dass uns viele Menschen am Straßenrand gewunken, geklatscht und mit dem Daumen nach oben gezeigt haben, als wir in die Stadt eingefahren sind", freut sich Zehnter. "Mein größter Wunsch ist, dass unsere Arbeit wieder einen höheren Stellenwert in der Bevölkerung einnimmt", hofft auch Limmer.
Auch fernab der Demonstration in Berlin wollen die örtlichen Bauern Flagge zeigen. "Unter anderem zünden die daheim gebliebenen Landwirte in den oberfränkischen Landkreisen Mahnfeuer an", kündigt Fischer an - und auch weitere Aktionen seien in Planung.
Inzwischen sind tausende Landwirte aus ganz Deutschland über regionale WhatsApp-Gruppen miteinander vernetzt. "Die Berufsverbände haben uns immer wieder gesagt, dass es nicht möglich ist, so viele Landwirte zusammenzubringen", erinnert sich Fischer. "Aber was wir in den vergangenen zwei Monaten schon auf die Beine gestellt haben, ist unglaublich. Wo ein Wille, da ein Weg."
Initiative "Land schafft Verbindung"
Gründung
Aus Protest gegen die Agrarpolitik wurde aus den Reihen der deutschen Landwirte am 1. Oktober 2019 die Facebook-Gruppe "Land schafft Verbindung" gegründet.
Mitglieder
Innerhalb von zwei Monaten haben sich durch die Initiative rund 100 000 Landwirte in regionalen WhatsApp-Gruppen miteinander vernetzt.
Aktionen
Die Initiative ruft zu bundesweiten Veranstaltungen wie den Demonstrationen in Bonn und Berlin auf.
Mit einem 4-Tonnen-Traktor 350 km nach Berlin und wieder zurück. Da würde mich mal der CO 2-Ausstoß interessieren.