Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan: Welche Rolle spielt Russland?

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Aserbaidschan verfügt über Öl- und Gasvorkommen.
Aserbaidschan verfügt über Öl- und Gasvorkommen.
Von Gulustan - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9896142
Baku, die Hauptstadt von Aserbaidschan.
Baku, die Hauptstadt von Aserbaidschan.
CC0 / Pixabay / faiknagiyev
Jerewan, die Hauptstadt Armeniens.
Jerewan, die Hauptstadt Armeniens.
CC0 / Pixabay / Makalu
Aserbaidschan wäre ein wichtiger Lieferant für Gas.
Aserbaidschan wäre ein wichtiger Lieferant für Gas.
CC0 / Pixabay / Capt-M

Was würde ein Aufflammen des Konfliktes zwischen Aserbaidschan und Armenien für uns bedeuten? Worum geht es in dem Konflikt?

  • Worum geht es in diesem Konflikt?
  • Was würde ein Krieg dort für uns bedeuten?
  • Welche Rolle spielt Russland dabei?
  • Wie kann man ihn verhindern?

Seit Jahrzehnten sind Aserbaidschan und Armenien verfeindet. Immer wieder kam es zu Konflikten, teilweise auch zu Kämpfen. Nun scheint die Situation erneut zu eskalieren, ein Krieg kann nicht ausgeschlossen werden. Doch worum geht es bei dieser Feindschaft? Wie ist sie entstanden und welche Rolle spielt Russland dabei?

Der Konflikt – worum geht es und wie ist er entstanden?

Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan dreht sich in der Hauptsache um das Gebiet Bergkarabach. Es handelt sich dabei um einen ethno-terriorialen Konflikt, dessen Ursprünge bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Während des Zerfalls der Sowjetunion eskalierte er zu einem Krieg, der mehrere zehntausend Todesopfer kostete und zu massenhafter Flucht und Vertreibung führte. Im Mai 1994 wurde ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, allerdings gibt es bis zum heutigen Tag kein Friedensabkommen.

1991 erklärte die Region Bergkarabach, die überwiegend von Armeniern besiedelt wird, einseitig die Unabhängigkeit von Aserbaidschan. Diese wurde international nie anerkannt, wird allerdings militärisch durch Armenien abgesichert, unter anderem durch die völkerrechtlich als illegal angesehene Besetzung von sieben weiteren aserbaidschanischen Provinzen. Im September 2020 wurde eine Militäroffensive von Baku angeordnet, um diese Provinzen zurückzuerobern. Im November desselben Jahres konnte durch die Vermittlung der Russischen Föderation ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen werden, Grenzen wurden neu festgelegt und damit neue Tatsachen im Südkaukasus geschaffen. Doch immer wieder kam es zu Kampfhandlungen, von einem dauerhaften Frieden ist die Region weit entfernt. 

Im September dieses Jahres kam es erneut zu schweren Zwischenfällen. Nach armenischen Angaben hätten aserbaidschanische Truppen Armenien angegriffen. Aserbaidschan erwiderte, man habe auf armenische Sabotageversuche reagiert, denn Armenien habe versucht, Wege, welche von den aserbaidschanischen Soldaten benutzt würden, zu verminen. Zwar wurde am 15. September eine erneute Waffenruhe vereinbart, doch der armenische Botschafter in Deutschland, Viktor Yengibaryan, warnte vor einer erneuten Eskalation. Erwähnenswert ist auch, dass diese Vorfälle sich nicht in Bergkarabach ereigneten, sondern auf dem Gebiet Armeniens in den Städten Goris, Sotk und Dschermuk. 

Welche Rolle spielt Russland und welche Folgen hätte ein Krieg für uns?

Russland hat 2020 maßgeblich dazu beigetragen, dass eine Waffenruhe vereinbart wurde. Auch im aktuellen Fall hat Russland wieder vermittelt. Außerdem ist Russland die Schutzmacht Armeniens, während die Türkei ein Verbündeter Aserbaidschans ist. Das ist insofern brisant, als die Türkei Mitglied der NATO ist. Armenien ist wirtschaftlich, energiepolitisch und sicherheitspolitisch von Russland abhängig. Durch den Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, ist es geschwächt und abgelenkt. Das könnte Aserbaidschan nutzen, um zu testen, inwieweit Russland noch bereit und in der Lage ist, Armenien beizustehen. Armenien hat bereits das OKVS, die Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit, welche von Russland dominiert wird, um Hilfe gebeten. In der OKVS gibt es eine Klausel, die besagt, dass die Organisation hilft, wenn ein Mitglied in seiner Souveränität durch ein Nicht-Mitgliedsland angegriffen wird, wie es Aserbaidschan ist. Problematisch ist es allerdings, Grenzverletzungen zu belegen, da die Grenze nicht markiert ist.

Für die EU, und damit auch für Deutschland, könnte der Ausbruch eines offenen Krieges erhebliche Konsequenzen haben. Das autoritär regierte Aserbaidschan unter Staatschef Ilham Alijew, kann von einer bequemen Position aus agieren. Anfang August hatte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während eines Besuchs in Baku eine Vereinbarung mit Alijew getroffen, die vorsieht, dass die EU mehr Gas aus Aserbaidschan erhält, um die Lieferverluste, die durch den Krieg Russlands mit der Ukraine entstanden sind, auszugleichen. Das bringt auch wieder Probleme mit sich, denn durch das Gas ist Aserbaidschan für die EU ein attraktiver Partner. Allerdings würde durch dieses Abkommen auch die Diktatur in Aserbaidschan gestärkt, was gegensätzlich zur Wertepolitik innerhalb der EU läuft. Durch die aktuellen Sanktionen gegen Russland, welche aus dem durch das Land geführte Angriffskrieg gegen die Ukraine verhängt wurden, kann Aserbaidschan seine Lieferungen an die EU mehr als verdoppeln, was einen massiven Zufluss von Devisen bedeutet. Statt wie aktuell 8,1 Milliarden Kubikmeter wären dies jährlich rund 20 Milliarden Kubikmeter. 

Ein offener Krieg in der Region würde letztlich dazu führen, dass Aserbaidschan nicht mehr lieferfähig sein könnte und Gas noch teurer wird. Ob und wie weit Russland sich engagiert, ist eine Frage, die man nicht beantworten kann. Eine weitere Gefahr wäre eine mögliche Unterbrechung der Gas-Pipeline im Südkaukasus, würde diese durch Kriegshandlungen beschädigt oder zerstört. Doch auch von politischer Seite droht die Gefahr, dass die Gaslieferungen aus Aserbaidschan gestoppt werden könnten. Im Falle eines offenen Konfliktes könnten die USA Sanktionen verhängen, welche dann auch Gaslieferungen an die EU beträfen. Als NATO-Partner wäre die EU möglicherweise gezwungen, diese Sanktionen zu unterstützen. Damit wäre der Liefervertrag hinfällig, es würde kein Gas mehr in die EU fließen. 

Fazit

Neben dem Krieg in der Ukraine, den Krisenherden auf dem Balkan und im chinesischen Meer sowie in Korea ist der Konflikt im Südkaukasus eine weitere Bedrohung, deren Auswirkungen auf uns kaum abschätzbar sind. In erster Linie wäre der Zufluss von Gas, das dringend benötigt wird und dessen Preis explodiert, in Gefahr. Auch stehen sich in der Region Russland und die Türkei als jeweilige Verbündete der Länder gegenüber. Das Auswärtige Amt hat reagiert und bereits eine Teilreisewarnung für Armenien und Aserbaidschan erlassen.