Im Arktischen Rat, in dem neben Russland die sieben weiteren Anrainerstaaten USA, Kanada, Dänemark, Norwegen, Island, Finnland und Schweden sitzen, hat derzeit Russland den Vorsitz. Doch alle anderen sieben Staaten haben ihre Kooperationen derzeit ausgesetzt. Man spricht derzeit nicht miteinander - auch nicht über die Lage in der Arktis. Dies ist angesichts des Kriegs in der Ukraine verständlich - für die Lage am Nordpol aber gefährlich.
4. "Neue Seidenstraße": Klimawandel schafft neue Handelswege
Immense Ressourcen, unklare Rechtslage und streitende Anrainer - da stellt sich die Frage, warum es bisher so ruhig in der Arktis ist. Die Antwort: Bisher sind die Bedingungen vor Ort so widrig, dass die internationale Bedeutung der Region noch gering ist. Doch das ändert sich gerade dank des Klimawandels. In etwa 20 Jahren, so die Schätzung, könnte das arktische Meer komplett eisfrei sein.
In den 1930er Jahren gelang es erstmals, nördlich von Russland ohne Überwinterung von Atlantik gen Pazifik zu fahren. Auch heute noch ist die Fahrt schwierig und gefährlich. Doch in wenigen Jahren sollen ähnlich viele Schiffe die Nordostpassage nutzen, wie den Suez-Kanal. Die Route würde den Transport von Asien nach Europa massiv beschleunigen und vereinfachen - kein Wunder also, dass ausgerechnet China ein großes Interesse an der Region hat.
Und natürlich ist auch die Ausbeutung der Ressourcenschätze der Arktis deutlich einfacher und lukrativer, wenn keine Eismassen das Meer bedecken oder Schifffahrt und Förderungstechnik gefährden.
5. Der neue "Kalte Krieg" wird heiß: Nirgendwo sonst sind sich die Großmächte so nahe
Die Arktis - das hört sich zunächst weit weg an. Doch dies liegt vor allem an der eurozentristischen Perspektive auf unseren Globus. Blickt man "von oben" auf unsere Erde wird klar: Nirgendwo sonst sind sich die Großmächte so nahe. Und wenn sich die skandinavischen Länder von Russland bedroht fühlen und der Nato beitreten wollen, dann geht es vor allem auch um die Arktis.
Dass massive Ressourcenvorkommen gepaart mit unklarer Rechtslage zu massiven Konflikten führen kann, ist keine neue Erkenntnis. Schon seit vielen Jahren warnen Expert*innen vor Konflikten in der Region und einem neuen "Kalten Krieg". Doch bisher wurde die Gefahr stets relativiert: Die potenziellen Konfliktparteien, allen voran Russland, USA und China, seien zu eng verknüpft, zu sehr auf internationalem Handel angewiesen, als dass die schwierige Lage an der Arktis wirklich zu einer globalen (Kriegs-)Gefahr führen könnte.
Selbst als Russland vor einigen Jahren begann, massiv seine militärische Präsenz in der Region auszuweiten, wurde dies weniger als direkte Aggression interpretiert. Vielmehr hieß es, das russische Militär sei besser an die Kälte angepasst und würde deswegen als billige Arbeitskraft zum Aufbau ziviler Infrastruktur im hohen Norden missbraucht.
Angesichts der Eskalation in der Ukraine und der neuen Gefahr globaler Konflikte zwischen dem Westen und einem Block aus Russland und China muss diese Lage vielleicht neu bewertet werden. Zumindest sprechen einige Punkte dafür, dass der "Kalte Krieg" um die Arktis gar nicht mehr so kalt ist und neben der Ukraine und Taiwan ein weiterer Konfliktherd zwischen den globalen Supermächten droht.
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