Im Jahr 1992 werden zwei kleine Jungen innerhalb weniger Monate nacheinander entführt und brutal ermordet. Dann schlägt der Täter ein drittes Mal zu - doch das Opfer überlebt. In der ARD-Doku "Letzte Ausfahrt Todesmoor" erinnert sich Rafael daran, wie er dem berüchtigten "Moor-Mörder" entkam.
Mai 1992: Der sechsjährige Michael spielt vor seinem Elternhaus im beschaulichen Saale in der Altmark. Plötzlich hält ein blauer Opel Kadett vor dem blonden Jungen. Der Fahrer spricht ihn an und Michael steigt ein. Was damals noch niemand ahnt: Es wird der letzte Moment gewesen sein, in dem Michael lebend gesehen wird. Nur elf Tage später wird die Leiche des Kindes entdeckt. Es wurde entführt, missbraucht und brutal ermordet. Ein grausames Verbrechen, dass weit über Saale hinaus für Schlagzeilen und Angst sorgt. Die Beamten sind sich schnell sicher: Michael war nicht das erste Opfer.
Denn nicht nur ein verdächtiges Autokennzeichen führt die Beamten bei den Ermittlungen schnell ins niedersächsische Celle, auch ein fast identischer Mordfall, der die Stadt nur wenige Monate zuvor erschütterte, deutet auf eine mögliche Verbindung zum Mord an Michael hin. Im März 1992 wurde in Celle der neunjährige Rudolf nach seinem Fußballtraining entführt, missbraucht und ermordet. Beide Leichen wurden in der Nähe von Celle gefunden - in einer Gegend mit Mooren, die dem Täter in den Medien schnell den Namen "Moor-Mörder" verlieh.
Die Ermittlungen laufen nach dem Tod der beiden Jungen auf Hochtouren. Bis es am 2. Oktober 1992 in der bayerischen Stadt Hof zu einem dritten Entführungsfall kommt. Wieder handelt es sich um einen kleinen blonden Jungen, wieder wurde das Kind in ein fremdes Auto gelockt wurde. Doch dieses Mal gelingt der Polizei der entscheidende Durchbruch.
Entführungsopfer Rafael: "Ich habe ihn noch genau vor Augen"
Denn der siebenjährige Rafael überlebt. Heute ist er 40 Jahre alt, verheiratet und dreifacher Familienvater. In der ARD Doku-Reihe "Letzt Ausfahrt Todesmoor" sprach er jetzt erstmals über seine Entführung vor 33 Jahren.
"Am zweiten Oktober war ich auf dem Weg von meiner Schule nach Hause und dann wurde ich angesprochen", erinnert sich Rafael, der in der Doku nicht sein Gesicht zeigen will. "Ich habe ihn noch genau vor Augen. Wenn der in dem Alter heute noch mal an mir vorbeilaufen würde - ich würde den auf 500 Meter Entfernung erkennen", ist er sich sicher. Dabei sei der Täter nicht auffallend aggressiv oder extrem gewesen: "Er war ein ganz normaler Mensch, wie wir alle", so der 40-Jährige.
Rafael erinnert sich, dass ihn der Unbekannte damals nach einer Straße gefragt habe. Er sei allerdings zunächst weitergelaufen. So, wie er es von seinen Eltern gelernt habe. Doch der Täter ließ nicht locker. Er lief dem Siebenjährigen hinterher, forderte ihn auf, mitzukommen und betonte, Rafaels Mutter habe ihn geschickt, "um ihn abzuholen".
Dieser lässt sich zunächst nicht einschüchtern, verlangt von dem Fremden den Namen seiner Mutter. Doch anstatt zu antworten, zückte der Mann ein Messer. "Er hat mich dann mitgeschliffen, zu seinem Auto", erzählt Rafael.
Ermittler erinnert sich an Moment des Geständnis zurück
Der heute 40-Jährige erinnert sich, dass er damals um Hilfe geschrien habe, jedoch niemand reagiert habe. Vermutlich habe man ihn schlichtweg für ein "quängelndes Kind" gehalten, mutmaßt er. Der Fremde sei daraufhin losgefahren, raus aus Hof, immer weiter Richtung München. Er fuhr den weißen Skoda seiner Freundin. Die befand sich währenddessen nichtsahnend bei einem Handballturnier. Seinen eigenen Wagen, den blauen Opel Kadett, ließ der Täter bewusst zurück. Denn er wusste bereits, dass die Polizei nach dem Fahrzeug suchte.