Migrations- und Wehrdienstdebatte, der wirtschaftliche Abstieg Deutschlands und zuletzt die Rentenreform: Grünen-Chef Felix Banaszak musste für die Streitthemen der Regierung bei "Maybrit Illner" (ZDF) so Manches einstecken. Nur Michael Kretschmer blieb überraschend still ...
Die Diskussionen innerhalb der Koalition halten an. Zur Ursache der Probleme zwischen Union und SPD stellte Maybrit Illner am Donnerstag in ihrer Sendung eine gewagte - wenn auch nicht ganz neue - Theorie auf: Ob die Ampelregierung wohl zu viel liegen gelassen hätte? Eine Antwort forderte sie unter anderem von Felix Banaszak.
"Jetzt machen Sie es sich zu einfach", blieb der Parteivorsitzende der Grünen gelassen und fügte hinzu: "Ich bin gerne bereit, mich für alles verprügeln zu lassen, was in den Jahren davor nicht gut gelaufen ist, aber die Logik von Friedrich Merz war: Wenn die alle mal weg sind, leben wir wieder in einem Land, wo Milch und Honig fließen. Und Überraschung: Die Probleme sind tiefgreifender."
Die Rentenreform, der wirtschaftliche Abstieg Deutschlands, Arbeitskräftemangel - bei all den Themen, die an diesem Abend zur Sprache kamen, kam Illner immer auf die Frage zurück: "Sie glauben, es hat nichts mit grüner Politik zu tun?" Auch Michael Bröcker, Chefredakteur von "Table Media", machte die "kleinteilige grüne Politik der letzten Jahre mitverantwortlich" für zu viel Bürokratie und fehlenden Erfolg etwa in Sachen Klimaschutz. "Es ist einfach, wenn man einen Sündenbock hat", hatte Jura-Professorin und Autorin Elisa Hoven dafür eine Erklärung parat.
Dass ausgerechnet Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sich mit dem Grünen-Bashing zurückhielt, verdutzte wohl niemanden so sehr wie Banaszak selbst: "Ich bin auch ganz überrascht", kommentierte er gewohnt schlagfertig. "Ich werde nachher noch gefragt: Was hast du mit dem Mann gemacht - so war er doch noch nie?!" Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite.
Michael Kretschmer: "Das Klimaziel 2040 mauert uns ein"
Dann aber setzte Kretschmer doch noch zur Kritik an. Der frühzeitige Ausstieg aus der Atomenergie durch Robert Habeck sei genauso falsch gewesen, wie "auf Teufel komm raus die Erneuerbaren auszubauen". Am Ziel der Klimaneutralität sei festzuhalten. Seiner Ansicht nach müsse man auf dem Weg dahin jedoch "viel viel flexibler werden". Kretschmer meinte: "Katherina Reiche muss noch erfolgreicher sein, und wenn sie das sein soll, dann müssen wir ihr helfen. Das Klimaziel 2040 mauert uns so ein, das viele Dinge danach nicht möglich sein werden."
Banaszak sah das anders: Zwar sei eine Anpassung der Energiewende an die veränderte geopolitische Situation nötig. Für diese wolle die Wirtschaftsministerin seines Erachtens aber nicht sorgen. "Was sie macht, ist zu sagen: All das, was funktioniert, wird ausgebremst. Als hätte Deutschland das Problem, dass wir überall zu schnell gewesen wären", warf er der Reiche vor und fügte hinzu: "Was mich stört, ist, dass jetzt einige so tun, als ließen sich all die Strukturprobleme der deutschen Wirtschaft lösen, indem man es mit dem Klimaschutz lässt."
Dies sehe kein Experte so - "außer die Grünen", widersprach Bröcker. Deutschland mache ohnehin nicht zu wenig für den Klimaschutz, bezog sich der Journalist auf Berichte. Vielmehr hätte die Bundesrepublik die Energiewende nicht richtig angepackt und zu viel staatliche Gelder in ineffiziente Maßnahmen gesteckt. Reiches Vorgehen bezeichnete er als "Akzentuierung in Richtung Energieversorgung und Sicherheit".