"Sonnenkönig" Seehofer drückt Windkraftgesetz durch

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Archivbild: Gründel
Archivbild: Gründel

Wegen der Abstandsregelung für Rotoren greift die Opposition Horst Seehofer und die CSU scharf an. Die drückt das Gesetz durch. Verfassungsklagen sind schon angekündigt.

Den ganzen Tag lang hatte die Opposition aus SPD, Feien Wählern und Grünen versucht, das so genannte 10H-Gesetz der CSU noch zu verhindern: Am Morgen im Ältestenrat des Landtags, dann mit einer Geschäftsordnungsdebatte im Plenum und schließlich am Abend mit einer dritten Lesung. Die CSU aber hielt von Anfang an dagegen und drückte mit ihrer parlamentarischen Mehrheit das Gesetz durch. Es schreibt künftig bei Windrädern das Zehnfache der Höhe der Anlage als Mindestabstand zur Wohnbebauung vor. Über Ausnahmen sollen die Gemeinden selbst entscheiden können. Damit würge "Sonnenkönig" Horst Seehofer den Ausbau der Windkraft in Bayern ab, sagte Natascha Kohnen für die SPD.
Während die SPD noch überlegt, haben Freie Wähler und Grüne schon Verfassungsklage angekündigt gegen das Gesetz.

Alles klar, befand CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer gleich nach der Sitzung des Ältestenrats, und sein Parlamentarischer Geschäftsführer Josef Zellmeier legte nach: Die Opposition dürfe ihre Rechte "nicht missbrauchen, um ein sinnvolles Gesetz zu verzögern, das die Menschen in Bayern mit großer Mehrheit wollen".

Die Opposition hatte eine weitere Anhörung zum Gesetzentwurf der CSU beantragt. Der war bei der ersten Expertenrunde durchgefallen. Die zweite Anhörung wird stattfinden, aber erst nach der gestern erfolgten Verabschiedung des Gesetzes. Dies nannte Thomas Gehring für die Grünen eine Verletzung der Rechte der Opposition.

Natascha Kohnen versuchte, die CSU-Abgeordneten bei ihrer Ehre zu packen. Sie erfüllten, wider besseres Wissen, nur ein Wahlversprechen ihres Ministerpräsidenten Horst Seehofer: "Wir sind doch nicht mehr im Absolutismus, wo der Sonnenkönig sagt, wo's lang geht." Das sei ein Märchen, erwiderte Erwin Huber für die CSU: "Wir stimmen zu nicht aus Gehorsam, sondern aus Überzeugung."

Die CSU bringe mit ihrem Gesetz den Ausbau der Windkraft in Bayern zum Erliegen, sagte für die Freien Wähler der Forchheimer Thorsten Glauber. Von der Eile der CSU zeuge die Schlampigkeit ihres Entwurfs: "Wir wollen ein gutes Gesetz, aber daran ist die CSU nicht interessiert."

Für die Grünen nannte Martin Stümpfig das Gesetz eine Verhinderungsplanung: "Es läutet das Totenglöckchen für die Windenergie." Stümpfig: "Die Energiewende ist nichts mehr wert. Es zählen nur noch Wahlversprechen."
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) widersprach: "Dieses Gesetz ist kein Windkraftverhinderungsgesetz, sondern ein Bürgerbeteiligungsgesetz, ein Gemeindemitwirkungsgesetz." Bisher waren die Gemeinden machtlos gegen den Bau von Windkraftanlagen im Außenbereich. Dort gilt jetzt die 10H-Regelung, die die Gemeinde aber mittels eines Bebauungsplans dann unterschreiten kann, wenn sie das will. Herrmann: "Die Entscheidung ist jetzt da, wo sie hingehört: Bei den Menschen vor Ort."

Verfassungsklagen sieht Horst Seehofer gelassen entgegen: "Wenn die Opposition das will, dann soll sie das halt tun."


Kommentar: Die CSU reicht ihr Problem nach unten durch

Einst wollte die CSU 1500 zusätzliche Windräder in Bayern, und die sollten dann glatte zehn Prozent des Strombedarfs liefern. Daraus wird nichts. Derzeit bringen rund 700 Rotoren gerade 1,5 Prozent, und eine massive Steigerung ist nicht zu erwarten.

Dennoch ist das Argument der Opposition fadenscheinig, dass die neue Abstandsregelung für Rotoren, die die CSU gestern unter großem parlamentarischen Getöse durchgedrückt hat im Landtag, nun den Ausbau der Windkraft in Bayern komplett zum Erliegen bringen wird. Auf nur noch 0,05 Prozent der Fläche des Freistaats seien neue Windmühlen möglich, sagt die SPD. Also gar nicht.

Das mag vielleicht rechnerisch stimmen, aber die CSU hat hat eine Hintertür eingebaut: Jede Gemeinde kann den Mindestabstand unterschreiten, falls sie das beschließt. Damit will die CSU dem Vorwurf begegnen, dass sie den Ausbau der Windkraft abwürgt. Sie nennt das Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Tatsächlich aber reicht sie ihr Problem nach unten durch.

Es lohnt sich, ihrem alten Fahrensmann Erwin Huber, einst Parteivorsitzender und Wirtschaftsminister und jetzt Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, genau zuzuhören. Der verteidigt das Gesetz zwar, sagt aber: "Jetzt hängt es davon ab, ob die Gemeinden Mut haben und Kraft aufbringen."

Soll heißen: Die CSU erfüllt Horst Seehofers Wahlversprechen und schützt die Bürger vor neuen Rotoren. Gleichzeitig aber schützt sie sich selbst: Die Kommunen können ja bauen lassen, falls sie wollen. Als ob es dort einheitliche Stimmungslagen gäbe für oder gegen Windräder. Die Bürgermeister werden sich sauber bedanken für ihre neue Zuständigkeit im Windkraft-Streit.