Denn die nach eigenen Angaben größte Ticketbörse der Welt für Privatpersonen steht in der Kritik. Was auf den ersten Klick und Blick wie eine offizielle Verkaufsstelle aussieht, entpuppt sich als Umschlag- und Handelsplatz, auf dem Verkäufer Tickets aller Couleur anbieten. Die Bandbreite reicht dabei vom Sport über andere Events bis hin zu Konzerten oder sonstigen Veranstaltungen. Wer jedoch die Anbieter sind, ist nicht bekannt.
Versteckte Zusatz-Gebühren: "Viagogo schlägt ordentlich beim Preis drauf
Hinzu kommt, dass die Plattform bei der Abwicklung kräftig mitverdient - was dem Käufer aufgrund einer künstlich erzeugten Drucksituation bis zum Schluss nur rudimentär gewahr wird. Laut Verbraucherzentrale gehört es zur Strategie, dass diverse Grafiken dem potenziellen Käufer eine Knappheit an Tickets vorgaukeln.
So kosten Steinbergers Tickets statt der avisierten 79,20 Euro tatsächlich 112,95 Euro. Neben der Buchungsgebühr (23,36 Euro) kommen noch 5,95 Euro Bearbeitungsgebühr und 4,44 Euro Mehrwertsteuer hinzu. "Ich war schon etwas überrascht", gibt der Franke zu, "dass so viele Gebühren anfallen."
Beschwerden über "Viagogo" häufen sich bei Verbraucherzentrale
Auch andere Käufer murren ob der nicht klar erkennbaren Zusammensetzung des Gesamt-Preises und sprechen in verschiedenen Printmedien von "Abzocke" - weil sie durch die Abwicklung über "Viagogo" letztlich deutlich tiefer ins Portemonnaie greifen mussten. Bei der Verbraucherzentrale häufen sich dementsprechend die Beschwerden über die intransparenten Geschäftspraktiken.
Auf ihrer Internetseite schreibt die Verbraucherzentrale, "dass während des gesamten Kaufvorgangs nicht deutlich wird, dass "Viagogo" nicht Verkäufer der Tickets ist, sondern zwischen privaten Verkäufern und Käufern vermittelt". Und weiter: "Das Risiko, dass das Ticket nicht geliefert wird oder die Preise höher sind als bei direkter Bestellung, tragen somit Sie als Käufer."
Online-Plattform abgemahnt: "Viagogo" soll Preise in Zukunft transparenter machen
Zudem weise das Unternehmen nicht ausreichend darauf hin, dass noch weitere Kosten hinzukommen. Das verstoße nach Ansicht der Verbraucherschützer gegen den Grund der Preisklarheit. Aus diesem Grund wurde "Viagogo" von den Verbraucherschützern per Mahnschreiben aufgefordert, die "Dienstleistung als Ticketbörse auf seiner Seite deutlich und die Preise transparent zu machen".
Ungültige Tickets, Garantien, die irreführend und nicht bindend sind, und zum Teil abstruse Zusatzkosten: "Viagogo" lässt das offensichtlich alles an sich abperlen. Dabei ist es unerheblich, wer gegen das Unternehmen vorgeht: ob die Verbraucherzentrale oder der Fußball-Weltverband FIFA - "Viagogo" ficht das offenbar alles nicht an. Selbst Parlamentarier im Londoner Unterhaus, die "Viagogo"-Vertreter geladen hatten, bekamen keine Antwort - weil niemand von "Viagogo" der Ladung gefolgt war.
Info über "Viagogo":
"Viagogo" wurde 2006 von Eric Baker, der an Elite-Universitäten studierte, gegründet.
Interview mit FCN-Vorstand Niels Rossow: "Wir sperren die Kundenkonten von Ticket-Schwarzhändlern"
Der Zweitmarkt für Fußballtickets ist nicht immer ein Segen - weil sich dort mitunter schwarze Schafe tummeln, die das große Geschäft wittern. Wie der 1. FC Nürnberg dagegen vorgeht, was er potenziellen Käufern rät und warum er kurzfristig eine Kooperation mit "Viagogo" eingegangen ist, erklärt Niels Rossow, kaufmännischer Vorstand beim 1. FC Nürnberg im Interview..
Was war der Grund, mit "Viagogo" zu kooperieren?
Niels Rossow: Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Saison 2012/13 gab es keine Möglichkeit, rechtlich gegen Zweitmarkt-Plattformen vorzugehen. Der Ansatz des 1. FC Nürnberg war damals, mit "Viagogo" zu kooperieren, um somit eine autorisierte Möglichkeit für den Zweitmarkt seiner Fans anbieten zu können und gleichzeitig die Preise dort durch diese Kooperation zu kontrollieren.
Hat sich der Verein blenden lassen?
Rossow: Nein. Zu diesem Zeitpunkt waren die Vertragsgespräche mit "Viagogo" konstruktiv, zielführend und verbindlich. Es wurden alle besprochenen Inhalte eingehalten. Auch weitere Vereine haben sich nach uns noch mit "Viagogo" kooperativ zusammengeschlossen.
Wie lange sollte die Kooperation dauern?
Rossow: Die Kooperation endete nach der Saison 2013/14.
Aus welchem Grund wurde die Zusammenarbeit beendet?
Beide Parteien haben nach der Entwicklung ab 2014 keinen Grund für eine Verlängerung gesehen. Der 1. FC Nürnberg ist im Anschluss auf 'Fansale' als Zweitmarkt-Plattform für seine Tickets umgestiegen.
Gab es von den Fans Beschwerden über die "Viagogo"-Praxis?
Rossow: Zur damaligen Umsetzung sind keine Beschwerden bekannt geworden.
Wie wird das Ticketing beim 1. FC Nürnberg aktuell gehandhabt und wie geht der Verein vor, wenn Fans mit Tickets, die sie über "Viagogo" geordert haben, ins Stadion wollen?
Rossow: Zur Bekämpfung des nicht autorisierten Ticket-Marktes kooperiert der Club mit einer Kanzlei. Dabei gehen wir insbesondere gegen Verkäufe auf nicht autorisierten Plattformen wie "Viagogo", Ebay oder Ebay-Kleinanzeigen vor. Tickets sowie Kundenkonten von Ticket-Schwarzhändlern werden gesperrt, juristische Schritte geprüft. Das bedeutet auch, dass die Tickets nicht mehr zum Zutritt zum Stadion berechtigen. Fans mit potenziellen Schwarzmarkt-Tickets sollten sich frühzeitig an das FCN-Service-Center wenden. Bei einer aktiven Mitarbeit zur Identifizierung der Schwarzhändler gibt es eine Bestätigung, dass das Ticket nicht zum Zutritt ins Stadion berechtigt. Mit dieser Bestätigung kann der Fan in der Regel beispielsweise bei PayPal oder seinem Kreditkartenunternehmen beziehungsweise der jeweiligen Ticket-Plattform, darunter "Viagogo", die Rückzahlung des Kaufpreises beantragen. Zudem bieten wir - je nach Verfügbarkeit - ein neues, gültiges Ticket zum Tageskartenpreis an.
Was raten Sie potenziellen Ticketkäufern, die den Club sehen wollen?
Rossow: Wir raten dringend, Tickets nur über offizielle Verkaufsstellen zu beziehen oder den autorisierten Ticket-Zweitmarkt zum An- und Verkauf von Tages- und Dauerkarten zu nutzen.
Die Fragen stellte unser Mitarbeiter Dirk Kaiser.
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