Bayern will die Lebensperspektiven der Westafrikaner verbessern, so dass diese ihr Heil nicht in der Flucht suchen. Das Erzbistum Bamberg hilft dabei.
H inter der unscheinbaren Gebäudefassade am Place du Martyr Mamadou Diop verbirgt sich ein hochmodernes Unternehmen. "Nadji.Bi" in der senegalesischen Kleinstadt Mbour produziert solarbetriebene Taschenlampen und Akkus für Smartphones. Mit einem gewissen Stolz präsentiert Firmenchef Julien Potron der Delegation aus Bayern mit Europaministerin Beate Merk diese innovativen Erzeugnisse, die vor allem der ländlichen Bevölkerung zugute kommen. Die Elek-trifizierung hat das Land bisher kaum erreicht. Aber Sonne gibt es satt.
Obendrein sichert Potron rare Arbeits- und Ausbildungsplätze. Aufmerksam hört Ministerin Merk zu, als Zahlen genannt werden: 30 Prozent der senegalesischen Hochschulabsolventen sind langzeitarbeitslos. Da bekommt es ein besonderes Gewicht, dass "Nadji.Bi" im Jahr 2016 rund 1000 junge Menschen in Sachen erneuerbare Energien fortgebildet hat mit dem Ziel, sie in dörflichen "Solarboutiquen" einzusetzen. Darin werden die Dorfbewohner im Umgang mit den Solargeräten geschult sowie Reparaturen erledigt.
Als die bayerische Europaministerin Merk mit ihrer Delegation aus der Staatskanzlei in den westafrikanischen Senegal aufbrach, war ihre Mission klar: Im Zuge des Sonderprogramms der Staatsregierung "Perspektiven für Flüchtlinge in ihren Heimatländern" wollte sie erkunden, durch welche Projekte gerade junge Senegalesen zum Bleiben und zur Rückkehr ermutigt werden können. "Bayern als Zielland für Migration stellt sich der Verantwortung, im Rahmen seiner Möglichkeiten die Situation von Flüchtlingen und Migranten in ihrer Heimat oder deren unmittelbaren Nachbarländern zu verbessern", sagte Merk. Denn wenn sichtbar dazu beigetragen werde, den Menschen vor Ort eine bessere Lebensperspektive zu geben, werde der Migrationsdruck auf Europa verringert: "Wer eine Perspektive für sich und seine Kinder sieht, bleibt in seiner Heimatregion", vermutete Merk.
Ihren Besuch im Senegal inklusive Empfang durch Staatspräsident Macky Sall verstand die Ministerin als "politischen Startschuss" für die Freigabe von drei Millionen Euro, die der Freistaat dort bis 2018 investieren will. Auf der Arbeitsebene waren schon zuvor Kontakte mit möglichen Projektpartnern geknüpft worden. Dabei kristallisierte sich das Erzbistum
Bamberg als der Partner mit den höchsten Aussichten auf eine nachhaltige Entwicklung zugunsten junger Senegalesen heraus: Seit zehn Jahren pflegt Bamberg eine Diözesanpartnerschaft mit dem Bistum Thiès und unterstützt dort unter anderem etliche Schul- und Berufsausbildungseinrichtungen.
"Wir wollen Synergieeffekte nutzen und uns in der Region Thiès engagieren", erklärte Merk. Dass die katholische Kirche von Bamberg intensiven Kontakt mit Thiès hat, "ist für uns Anlass zu sehen, wie wir diesen weiter unterstützen können".
Das versicherte die CSU-Politikerin auch dem Bischof von Thiès, André Gueye, der sie in seinem Haus empfing. "Der Flüchtlingsstrom lässt sich durch internationale Solidarität eindämmen, die Perspektiven zum Bleiben im Senegal eröffnen", sagte der Bischof. Und nannte auch gleich seinen Wunschkatalog: Die Wasserversorgung im Agrarbereich müsse verbessert werden, inklusive Installation von erneuerbaren Energien wie Solarpumpen. Der Bedarf an Fortbildungen in diesem Sektor sei hoch, ebenso wie die generelle Berufsausbildung, "damit junge Leute nicht auf die Idee kommen, wegzugehen", so Bischof Gueye.
Tatsächlich versuchen Tausende Senegalesen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Sorgfältig erstellte Statistiken gibt es natürlich nicht, die konkrete Auskunft darüber geben, wie viele der rund 15 Millionen Einwohner es unter dem Strich sind, die die mörderische Reise über das Meer antreten. Oder nach Ablauf eines Touristenvisums untertauchen.
Die Häfte ist jünger als 18 Jahre
Nur 1,4 Prozent der Asylanträge wird stattgegeben. Der Senegal zählt zu den sogenannten "sicheren Herkunftsländern", gilt als Stabilitätsanker in Afrika. So lautet die Sicht von außen. Doch junge Senegalesen sehen die politischen Verhältnisse in ihrer Heimat viel kritischer. "Die Politiker machen viele Versprechen, realisieren aber nichts", beklagt etwa Gabriel Tine aus Thiès. Der 30-jährige Diplom-Germanist engagiert sich trotzdem oder gerade deswegen in der Oppositionspartei REWMI, die 2006 gegründet wurde. 50 Prozent der jungen Menschen unter 30 Jahren seien arbeitslos, in die wichtige Landwirtschaft werde nicht investiert, der Gesundheitsbereich tendiere im Standard gegen Null, es fehlten Schulen und Lehrer, die Bevölkerung leide unter Mangelernährung - "immer nur Reis und Baguette", während das gute Gemüse zu niedrigen Preisen nach Europa exportiert werde, kritisiert Gabriel. "Alle Sektoren im Senegal sind krank!" bilanziert der Deutschlehrer, der sich mit etwas Unterricht an einer Privatschule übers Wasser hält.
Zumindest träumt Gabriel nicht davon, den Senegal zu verlassen. Vielmehr möchte er eines Tages Bürgermeister von Thiès werden und als erste gute Tat mit einem deutschen Unternehmen für die Müllentsorgung eine Kooperation eingehen: "für ein sauberes Thiès", sagt er angesichts der stinkenden Abfallberge an den Straßen.
Gabriel und seinen zahllosen Schicksalsgefährten Zukunftsperspektiven zu verschaffen, hat sich nun Ministerin Merk auf die Fahne geschrieben. Ihr ist klar, dass sie gerade Migration nicht nur durch die deutsche Brille betrachten darf. Auswanderung hat im Senegal Tradition. In nahezu allen afrikanischen Ländern haben sich Senegalesen ein neues Zuhause geschaffen. Von den 15 Millionen Einwohnern Senegals ist die Hälfte jünger als 18 Jahre: "eine immense Herausforderung", betonte Merk, die mit dem Senegal erstmals ein schwarzafrikanisches Land besuchte.
Das Sonderprogramm der Staatsregierung kooperiert mit einem des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das BMZ hat das Neuvorhaben "Réussir au Sénégal" ins Leben gerufen, eine Beschäftigungs- und Qualifikationsoffensive, die die deutschen Erfahrungen im Energiesektor nutzen will, um Jugendlichen und Rückkehrern mehr moderne, attraktive Jobs zu schaffen. Vor diesem Hintergrund stand auch der Besuch bei "Nadji.Bi".
In den kommenden Wochen wird Merk ihre Erfahrungen in konkrete Schritte umsetzen. Das Erzbistum Bamberg soll daran beteiligt werden. In das Sonderprogramms sind neben dem Senegal auch der Libanon, Nordirak und Tunesien aufgenommen werden. Das Fördervolumen für die vier Länder umfasst 20 Millionen Euro, verteilt auf die Jahre 2017 und 2018.
1.) Lösungsbeschreibungen (Familienplanung) sind keine Vorverurteilungen!
2.) Wenn die überwiegende Mehrzahl der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeitslos sind, dann tragen sie keineswegs dazu bei, dass ihre Eltern nicht verhungern. Im Gegenteil sie müssen noch mit versorgt werden.
3.) Man kann aus der Geschichte (Fehler) anderer Menschen und Völker lernen oder man man begeht die gleichen Fehler und hat dann auch die gleichen Probleme und muss damit leben. Wenn dem so ist, dann wird wohl Afrika in den nächsten Jahrhunderten die gleichen Tragödien erleben, wie Europa.
4.) Was wäre wohl im Agrarstaat China los (gewesen), wenn hier nicht die Ein-Kind-Ehe über Jahrzehnte hin propagiert worden wäre?
Sie verwechseln hier Äpfel mit Birnen!
China ist ein diktatorisch regiertes Land in dem per Gesetz, mit Dekreten und Strafen(!!) Dinge wie Familienplanung verordnet werden können und konnten.
Afrika besteht aus 55 Ländern mit hunderten von Sprachen und Dialekten, Stämme und Clans geben in den meisten ländlichen Bereichen immer noch den Ton an. Regierungen sind feudalistisch und undemokratisch - wenn auch meistens vom Volk "gewählt". Religionen liegen miteinander im Streit. In den ehemaligen Kolonien der Europäer sind die ehemaligen "oberen 10.000 (Weißen)" lediglich von den heutigen "oberen 10.000 (Schwarzen)" abgelöst worden.
Wie lange haben wir in Europa dazu gebraucht, um unsere Gesellschaften halbwegs auf einen menschlichen, demokratischen und sozialen Kurs zu bringen? Sagen Ihnen die Jahre 1945 und 1989 etwas? Wie lange ist das her? Erzählen Sie mal den Kindersoldaten in Afrika davon.
Was glauben Sie, wie lange es noch dauern wird, AIDS-kranken Männern in Afrika klar zu machen, dass sie nicht Jungfrauen vergewaltigen sollen und dürfen, um ihre Krankheit los zu werden, weil's nichts bringt. Ein anderes Stichwort lautet: Beschneidung von Mädchen. Das bekommen nicht mal wir in den Griff. Wie viele eingewanderte afrikanische Mädchen werden noch immer heimlich in Deutschland beschnitten?
Dieser Prozess dauert so lange wie er dauert, Evolution vor Revolution. Ich weiß, wovon ich rede, ich fliege seit 1982 regelmäßig in verschiedene afrikanische Länder und habe dort die Lebensverhältnisse kennengelernt. Selbst im angeblich so weit entwickelten Südafrika ist man noch weit davon entfernt, von europäischen Verhältnissen reden zu können. Und verwechseln Sie Downtown Kapstadt oder die dortige Waterfront bitte nicht mit den Slums in den Vororten. Da könnten Sie in große Schwierigkeiten geraten.
Ich maße mir jedenfalls nicht an, die entscheidenden Ratschläge zu geben.
Hoffnungslos allein reicht für die Beschreibung der Situation in Afrika. In der derzeitigen Konstellation hat der gesamte Kontinent keine Chance. Die Ressourcen werden von den globalisierten Rohstoffkonzernen ausgebeutet und Nahrungsmittelkonzerne verhindern jede Form der Selbstversorgung im Keim.
Noch ein paar Sätze zu den vielen Kindern, die in den meisten afrikanischen Ländern geboren werden.
Dies entspricht genau den Verhältnissen vor der industriellen Revolution sowohl in Deutschland als auch in Europa. Ausgehend von England (Mitte des 18. Jahrhunderts) kam diese erst Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland an. In Europa waren die meisten Staaten Agrarländer. Die Bevölkerung war gezwungen, viele Kinder in die Welt zu setzen, um ohne jedwede soziale Absicherung im Alter gegen das Verhungern (nicht Altersarmut!!) gewappnet zu sein. Und je mehr Kinder da waren, desto größer war die Wahrscheinlichkeit zu überleben, da man von diesen versorgt wurde!! Auch bezüglich der Kindersterblichkeit war es hier nicht anders. Kinderarbeit ab 10 Jahren gehörte zum "Tagesgeschäft".
Sozialsysteme war ein Fremdwort, die heute in Afrika in keinster Weise vorhanden sind. Und das Argument Stämme, Clans, Religionskriege, Bereicherung der Führungsschicht verhindern dort eine "soziale Revolution" war hier nicht anders. Hier hießen die Clans + Stämme Fürstentümer und Königreiche. Und bereichtert haben sich die Herrschenden gemeinsam mit Thurn und Taxis und Co. Und halb Europa litt unter Religionskriegen und Hexenverfolgungen!
Was ich sagen will heißt, dass der aktuelle Status Quo in Afrika nichts mit Überbevölkerung zu tun hat. Diese ergibt sich nur aus der Armut heraus.
Lösungsansätze? Ich habe keine Patentlösungen, aber Hilfe zur Selbsthilfe ist ein Ansatz. Und Bildung, die überhaupt erst eine Grundvoraussetzung für Änderungen ist. Und auch ein Wort zu den unterdrückten Frauen: Hier in Deutschland wurde das allgemeine Wahlrecht für Frauen erst am 30.11.1918 eingeführt. Den Führerschein durften nicht berufstätige Frauen (kein Geld!) bis 1966 nur mit Zustimmung ihres Ehegatten machen!!
Ich wäre also an Stelle mancher Kommentatoren sehr viel vorsichtiger, was Vorverurteilungen anderer Menschen, Länder und Kontinente in dieser Hinsicht ausmacht.
Was nutzt das ganze diskutieren über Hilfen von außen?
Ich bin mir sicher, dass Afrika erst dann zu Wohlstand gelangen wird, wenn die Bevölkerungsexplosion von innen gestoppt wird. Von außen (Europa) wird bei der afrikanischen Wohlstandserlangung keine spürbare Hilfe zu erwarten sein - im Gegenteil: Die Grenzen werden immer dichter, die Abschiebungen immer rigoroser und die alternde Bevölkerung Europas wird immer weniger für Afrika aufwenden wollen.
Die Leserbriefe zu dem Thema können in 10 Jahren immer noch so abgedruckt werden denn es hat sich für Afrika nichts zum Positiven hin verändert - außer sie helfen sich selbst.