Der spirituelle Nordosten Thailands

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Das historische Wasserrad zeigt, wie Felder bewässert wurden. Foto: Christian Kolb
Das historische Wasserrad zeigt, wie Felder bewässert wurden.  Foto: Christian Kolb
Phantasievolle Masken und Kostüme zum Phi Ta Khon Festival. Fotos: Christian Kolb
Phantasievolle Masken und Kostüme zum Phi Ta Khon Festival.  Fotos: Christian Kolb
 
Jeden Morgen in aller Frühe sammeln die Mönche Opfergaben.
Jeden Morgen in aller Frühe sammeln die Mönche Opfergaben.
 

Reisejournalist Christian Kolb berichtet von seinen unvergesslichen Erfahrungen im ursprünglichen Teil des Landes

Thailand hat seinen Gästen mehr zu bieten als die Millionenstadt Bangkok und die bekannten Strände im Süden des Landes. Eine Flugstunde von der Hauptstadt entfernt liegt die von Touristen bisher kaum entdeckte Provinz Loei. Im ursprünglichen Thailand spielt die Spiritualität bis heute eine große Rolle. Meine Erwartungen werden übertroffen von Tempelanlagen, Reisfeldern und in Europa kaum bekannten Kulturen.
Mein Flug führt von Frankfurt in die Hauptstadt Bangkok. Am nächsten Morgen breche ich nach dem Frühstück auf, um mir die bekannten Sehenswürdigkeiten wie den liegenden Buddha und den Königspalast anzuschauen. Der Grand Palace beeindruckt mich mit seiner asiatischen Architektur, den verschiedenen Ausstellungen und auch durch den Tempel des Emerald Buddha. Anschließend zieht es mich in den weitläufigen Lumphini Park im Bezirk Pathum Wan. Wie die anderen Spaziergänger schlendere ich um den See. Dort liegen große Warane, die mich an kleine Drachen erinnern, in der Sonne. Nach Sonnenuntergang trinke ich in der Roof-Top-Bar einen Cocktail.
Mein Inlandsflug in die Provinz Loei startet vom zweiten Flughafen der Metropole. Bei der Landung fällt mir gleich ins Auge, dass Loei eine eher ländliche Region ist. Dafür bietet sie reiche Kultur und Spiritualität. Um die verschiedenen sehenswerten Orte zu erreichen, empfiehlt es sich, einen klimatisierten Wagen zu mieten. Jedes Jahr im Juni findet im Dan Sai Distrikt das dreitägige Phi Ta Khon Festival statt, bei dem die Einheimischen in phantasievoller Verkleidung verschiedene Rituale vollziehen. In einem kleinen Museum informiere ich mich über die Geschichte des Festivals und bestaune die kunstvollen Masken.
Diese bestehen aus einem Kokosnussblatt für das Gesicht, einer Nase aus weichem Holz und einem Hut aus einem Bambuskorb. Während die Einheimischen sich viel Zeit nehmen, um die bedrohlich wirkenden Geister-Masken in den Monaten vor dem Fest in Handarbeit zu fertigen, habe ich weniger als eine halbe Stunde, um bei einem Workshop eine Miniaturmaske zu bemalen. Während die Maske noch trocknet, schaue ich mir den Tempel Wat Ohon Chai an, der gleich neben dem Museum liegt.
Im Ban Doen Cultural Center treffe ich den örtlichen spirituellen Führer. Dieser ist nicht nur für die Bewahrung des spirituellen Erbes verantwortlich, sondern auch ein wichtiger Berater für die örtliche Bevölkerung in allen Lebenslagen. Die Übersetzerin erklärt mir, dass Jahr für Jahr mehrere tausend Menschen zu ihm kommen, um seinen Rat in spirituellen, privaten und beruflichen Fragen zu bekommen. Mich zieht es weiter zum nächsten Tempel. Wat Neramit Wipatsana lautet der Name einer eindrucksvollen Anlage, in der ich neben der kunstvollen Buddha-Statue die traditionellen Bilder sehe. Anschließend steige ich vom Auto um auf das Fahrrad.


Weiterreise per Rad

Der Dan Sai Fahrradclub hat seine Zentrale am örtlichen Krankenhaus. Auf der Fahrt über wenig befahrene Straßen und Feldwege komme ich durch kleine Dörfer, vorbei an historisch wirkenden Wassermühlen und durch Reisfelder. Auf einem beobachte ich, wie eine Farmerin eine neue Art Reis zu säen ausprobiert. Dabei werden die Setzlinge in kleinen Bündeln vom Rand des Feldes ins Wasser geworfen. Später halte ich mit dem Rad unterhalb des Tempels Phrathat Si Song Rak. Das buddhistische Monument aus dem Jahr 1563 ist fast 20 Meter hoch. Wie viele Tempel ist auch dieser reich geschmückt mit Opfergaben.
Als ich in Chiang Khan am Grenzfluss Mekong ankomme, lerne ich eine neue Opfergabe kennen. Gemeinsam mit anderen Gästen schmücke ich eine kleine Insel aus Bananenblättern mit Kerzen und Blüten aus Bienenwachs. Anschließend fahre ich mit einem Boot über den Mekong. Wie von den Mönchen empfohlen lasse ich meine schwimmende Opfergabe zu Wasser.


Neuer Tag, neue Abenteuer

Der Wecker klingelt am nächsten Morgen um halb sechs. Höchste Zeit aufzustehen, denn in einer halben Stunde beginnen die Mönche ihren Rundgang. Um kurz vor sechs ist es soweit. Am Ende der Straße erblicke ich die ersten leuchtend orange gekleideten Mönche. In aller Ruhe gehen diese die Straße entlang, lassen sich kleine Portionen Reis in ihre Schalen geben und ziehen dann weiter. Ich verabschiede mich nach der Prozession aus Chiang Khan und mache mich auf den Weg zur Volksgruppe der Tai Dam.
Auf dem Weg mache ich Station an der Chai Kong Road. Auf offenem Feuer wird dort süßer Klebreis in den angeblich längsten Bambusröhren des Landes gegart. Der Reis schmeckt süß und köstlich. Dann fahre ich zum Museum Ban Na Pa Nat, das sich mit der Geschichte und Kultur der Tai Dam beschäftigt. Die Volksgruppe lebt bis heute getrennt von anderen Bewohnern der Gegend in eigenen Dörfern. Eine Bewohnerin des Dorfes zeigt mir, wie sie den Reis pflanzt und lädt mich ein, es selbst auszuprobieren. Schnell streife ich die Schuhe ab und sinke bis zu den Knien ein in den warmen Schlamm. Mit den Händen unter Wasser versuche ich die Setzlinge in den schlammigen Grund zu pflanzen. Nach einigen Minuten gebe ich die mühevolle Arbeit auf und bewundere die Reisbauern, die ihre Setzlinge schnell und geschickt in den Boden pflanzen.
Viel zu schnell ist die Zeit in Loei vergangen, doch mein Rückflug nach Bangkok wartet nicht. Wie auf dem Hinweg habe ich Zeit in der Hauptstadt eingeplant, um weitere Sehenswürdigkeiten anzuschauen und in das Leben in der Metropole einzutauchen.
Am Abend heißt es für mich Abschied zu nehmen vom gastfreundlichen Thailand mit seiner reichen kulturellen und spirituellen Tradition. Elf Flugstunden später bin ich reich an Erfahrungen und unvergesslichen Eindrücken zurück in Frankfurt. Christian Kolb