Die Umkleidekabine des SV Meilschnitz war der ganze Stolz des Vereins. 57 Jahre später sind die Toiletten eklig, Vögel nisten auf dem Heizungsrohr.
Früher war alles besser. Frische Naturburschen, die das Fußballspiel in seiner eigentlichen Art zwar beherrschten. Um aber als Dorf-Kicker auch in der Bezirksliga allen Anforderungen gewachsen zu sein, wurden sie akribisch auf Routine, auf Taktik und vor allem auf Härte geschult. Schließlich waren die Fußballer der ganze Stolz des damals wie heute gut 350 Seelen-Örtchens Meilschnitz. Nur einen Steinwurf von der ehemaligen Zonengrenze nahe der Bayerischen Puppenstadt Neustadt bei Coburg entfernt.
Diese verschworene Gemeinschaft aus Lausbuben und Lokalmatadoren sorgte in der Saison 1962/63 für eine Sensation. "Wir hatten eine tolle Truppe", schwärmt Günter Munzer. Nicht nur sein Name, auch seine Spielweise erinnerte an Günter Netzer! Als A-Klassen-Neuling gelang auf Anhieb die zweite Meisterschaft und damit der Aufstieg in die höchste Klasse Oberfrankens und zweithöchste Bayerns. Mit eiserner Trainingsarbeit, Selbstdisziplin und noch größerer Kameradschaft wurde ein ungebrochener Teamgeist geschmiedet. "Unser Spielleiter Roland Bosecker ist bei der Aufstiegsfeier vor Freude mit seinem gelben Opel durch den Wald gerast, dann den Hang hinter dem oberen Tor runter in den Strafraum und ab zum Hup-Konzert ins Dorf." Der 78-Jährige weiß alles noch ganz genau. Als wäre es erst gestern gewesen.
Ein Häuschen mitten im Wald
Zum Mittelpunkt dieser bis heute nicht mehr erreichten Erfolgsgeschichte des SVM wurde die im Aufstiegsjahr rechtzeitig fertiggestellte Umkleide- und Sporthütte. Das Häuschen mitten im Wald ist der Inbegriff des Aufschwungs. Schon der Waldsportplatz, der heute in einem erbärmlichen Zustand ist, aber auf dem immer mal wieder gegen spielstärkere Gegner ausgewichen wird, entstand in eigener Initiative und mit Hilfsdiensten aus der Gemeinde. Doch der ganz große Idealismus innerhalb des Klubs zeigte sich beim Bau des immer noch als Umkleidekabinen genutzten Sportheims. Der Landkreis, der BLSV und die Gemeinde gaben Zuschüsse, doch weit über die Hälfte der veranschlagten 18 000 Mark wurden in freiwilliger Arbeit aufgebracht. "Wir haben alle mit angepackt." Egal ob Vorsitzender Zink, Vereinswirt Schaller, bei dem sich die Mannschaften bis dahin in der Kneipe umziehen mussten, oder die Spieler selbst - alle waren eingebunden.
Denn nicht nur im verbissen geführten Abstiegskampf - insgesamt kickten die Meilschnitzer acht Jahre in Folge in der Bezirksliga - wurde Beton angerührt. Es wurde gemauert, was das Zeug hält. Doch das Schmuckstück von damals ist inzwischen arg in die Jahre gekommen. Früher war alles besser! Wenig erinnert jetzt noch an die Glanzzeiten. Ganz im Gegenteil: "Da schimmelt es an allen Ecken und Enden. Draußen ist der Lack ab, der Putz fällt runter", stellt Günter Geiß fest. Der Elektriker ist das "Mädchen für alles", legt Hand an, wenn etwas nicht funktioniert. "Alter Ofen, das Rohr ist aus der Wand gerissen und hinten links nisten seit Jahren Vögel." Dann ist Schluss mit lustig: "Die Toiletten sind schon ein wenig eklig", nimmt Yannik Greiner kein Blatt mehr vor den Mund.
Von Vögeln und Toiletten
Der junge Architekt war bis vor kurzem noch Spielertrainer des abstiegsbedrohten Kreisklassen-Teams. Weil ihm das Projekt "70 Jahre SV Meilschnitz" aber derart ans Herz und über den Kopf wuchs, gab er das Amt ab. Was den Allrounder nicht davon abhält, Woche für Woche fleißig zu "knipsen". Die Hälfte der zehn "Kisten", die der SVM am letzten Sonntag gegen Schlusslicht SG Burgkunstadt II/Roth-Main schoss, gingen auf sein Konto. Noch wichtiger sind ihm aber die Pläne, die er in vielen nächtlichen Überstunden für die Renovierung des neuen Sportheims zeichnete. Grundlage für den rechtzeitig im Jubiläumsjahr fertiggestellten Anbau. Wieder ein Schmuckstück! Und wie damals mauerten, schraubten und strichen Naturburschen in vielen freiwilligen Stunden. War früher doch nicht alles besser? Das Problem: Die etwa 80 Meter entfernten Umkleidekabinen! "Das passt nicht mehr zusammen. Die müssen wir jetzt auch in Schuss bringen", sind sich der "alte Munzer", der fleißige Geiß und der umtriebige Greiner einig. Doch die Vereinskasse ist klamm. "Wir brauchen die Kohle von der Zeitung", gibt Greiner unumwunden zu.
Ex-Profi kommt in die Bruchbude
Zuvor müssen sich die Kicker aber weiter in "unserer Bruchbude" umziehen. Das gilt übrigens auch für den prominentesten Meilschnitzer: Zum Jubiläumskick am Sonntag, 19. Mai, kommt nämlich der 330-fache Bundesligaspieler Frank Greiner (1. FC Nürnberg, 1. FC Köln, FC Kaiserslautern und VfL Wolfsburg) nach Hause.
Chance auf 2000 Euro Die Umkleidekabine ist oft das Herzstück der Sportheime. Hier werden gemeinsam Siege gefeiert und Niederlagen analysiert. Dort wird diskutiert, gefachsimpelt, gelacht oder auch ein wenig gestritten. Einige Amateurvereine sind zu recht stolz auf ihre "wohnliche" Kabine, andere hoffen seit langem auf einen Umbau - und die Saale-Zeitung bietet hier ihre Unterstützung an.