Warum trauern Sie nicht um die getötete Giraffe, Herr Mägdefrau?

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Helmut Mägdefrau. Foto: Nikolas Pelke
Helmut Mägdefrau. Foto: Nikolas Pelke

Nach der Tötung der Giraffe Marius in Kopenhagen richtet sich ein Sturm der Entrüstung gegen den Zoo in Dänemark. Helmut Mägdefrau, Vize-Chef des Nürnberger Tiergartens, kann die Empörung nicht so recht verstehen.

Nach der Tötung der Giraffe Marius in Kopenhagen richtet sich ein Sturm der Entrüstung gegen den Direktor des Zoos. Das Tier war am Sonntag erschossen worden, weil es nicht genügend Platz im Zoo gab. Wegen der Inzuchtgefahr konnte es laut Zoo aber auch nicht in einen anderen Tierpark umziehen. Auf Facebook rissen die wütenden Kommentare am Montag nicht ab: "Schäm dich, Kopenhagener Zoo", lautete ein Eintrag. Helmut Mädgefrau, der Vize-Direktor des Tiergartens Nürnberg, kann die Aufregung nicht so ganz verstehen.

Herr Mägdefrau, warum trauern Sie nicht um die getötete Giraffe in Dänemark?
Helmut Mägdefrau: Wir trauern auch nicht um jedes Rind oder Schwein, das auf unseren Tellern landet. Unsere Löwen und Tiger sind keine und werden keine Vegetarier werden. Warum soll die Giraffe ein besseres Tier sein als die, die wir verfüttern? Die Giraffe hatte keine Massentierhaltung und keinen Tiertransport hinter sich. Das sind klare Tierschutzargumente, die für das Verfüttern von Tieren aus dem jeweiligen Zoo sprechen.

Tut es Ihnen nicht in der Seele weh, dass das edle Tier auch noch an die wilden Löwen verfüttert wurde?
Diese Art der Verwertung beinhaltet Biofleisch, das tierschutzgerecht gewonnen wurde. Die Löwen haben beim Zerlegen noch artgemäße Beschäftigung. Was soll mir da in der Seele wehtun?

Tierliebe Menschen gelten gemeinhin als sympathisch...was gefällt Ihnen an der tierlieben Öffentlichkeit nicht?
Tierschutz und Tierliebe sind wichtig, müssen aber auf biologischen Grundlagen basieren. Die emotionale Entrüstung beim vorliegenden Fall grenzt an Heuchelei und ist durch nichts zu rechtfertigen.

Inwieweit könnten Sie ohne die mediale "Affenliebe" mehr für den Artenschutz tun?
Laut internationaler Naturschutzunion wurden die Nashörner in Südafrika durch legale Großwildjagd gerettet, die Bestände haben sich erholt. Das darf nicht mit der derzeitigen illegalen Wilderei verwechselt werden, die aktuell eine massive Bedrohung für Nashörner darstellt. Viele Europäer zucken beim Thema Großwildjagd zusammen, weil da ein individuelles Tier getötet wird. Auf der anderen Seite akzeptieren wir einen Flächenverbrauch in Deutschland mit dem Verlust der Lebensräume für eine Vielzahl von Tieren. Artenschutz und Tierschutz können nicht immer dieselbe Zielrichtung haben. Ohne Artenschutz können wir aber Tierschutz auf Dauer vergessen.