Sexy Jeans, durchsichtige Hemden und warum manches sich in der Mode nie verändert

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Ein Besucher der Ausstellung in Nürnberg betrachtet ein Gemälde, auf dem sich Nürnberger Künstler in extravaganter geschlitzter Kleidung präsentieren - die Ausstellung erklärt, was von diesem Zeitpunkt an bis zur heutigen Selbstinszenierung der Internet-Selfie-Welt gleich geblieben ist. Foto: Barbara Herbst
Ein Besucher der Ausstellung in Nürnberg betrachtet ein Gemälde, auf dem sich Nürnberger Künstler in extravaganter geschlitzter Kleidung präsentieren - die Ausstellung erklärt, was von diesem Zeitpunkt an bis zur heutigen Selbstinszenierung der Internet-Selfie-Welt gleich geblieben ist. Foto: Barbara Herbst
Kuriose Fotografien aus den 1950er Jahren werden an die Wand projiziert: Damals präsentierten Schauspieler die historischen Kostüme des GNM auf so etwas wie Historien-Catwalks vor Prominenz aus Wirtschaft und Politik - nach dem Zweiten Weltkrieg war das Museum darauf angewiesen, Geldgeber bei Laune zu halten. Foto: Barbara Herbst
Kuriose Fotografien aus den 1950er Jahren werden an die Wand projiziert: Damals präsentierten Schauspieler die historischen Kostüme des GNM auf so etwas wie Historien-Catwalks vor Prominenz aus Wirtschaft und Politik - nach dem Zweiten Weltkrieg war das Museum darauf angewiesen, Geldgeber bei Laune zu halten. Foto: Barbara Herbst
 
Das erotischste Stück der Barockmoder-Kollektion: Die Nürnberger stellten sich damals exotische Frauen vor, die unter dem dünnen Seidenstoff "nackhendt" gingen. Foto: Barbara Herbst
Das erotischste Stück der Barockmoder-Kollektion: Die Nürnberger stellten sich damals exotische Frauen vor, die unter dem dünnen Seidenstoff "nackhendt" gingen. Foto: Barbara Herbst
 
Drunter trug man Kamisoljacken. Diese Leib- und Nachtwäsche wurde aus Seide und Metallfäden gestrickt. Foto: Barbara Herbst
Drunter trug man Kamisoljacken. Diese Leib- und Nachtwäsche wurde aus Seide und Metallfäden gestrickt. Foto: Barbara Herbst
 
Foto: Barbara Herbst
Foto: Barbara Herbst
 
Foto: Barbara Herbst
Foto: Barbara Herbst
 
Der 400 Jahre alte Schuh ist eines der ältesten Exponate. Foto: Barbara Herbst
Der 400 Jahre alte Schuh ist eines der ältesten Exponate. Foto: Barbara Herbst
 
Das Museum zeigt besodnere Stücke wie alte Schnittmuster... Foto: Barbara Herbst
Das Museum zeigt besodnere Stücke wie alte Schnittmuster... Foto: Barbara Herbst
 
... die historische Modezeitschrift Harpers Bazar .... Foto: Barbara Herbst
... die historische Modezeitschrift Harpers Bazar .... Foto: Barbara Herbst
 
... und das originale Vorbild für die Titelseite. Foto: Barbara Herbst
... und das originale Vorbild für die Titelseite. Foto: Barbara Herbst
 
Extravagant: Hut mit Hirschapplikation. Foto: Barbara Herbst
Extravagant: Hut mit Hirschapplikation. Foto: Barbara Herbst
 
Foto: Barbara Herbst
Foto: Barbara Herbst
 
Foto: Barbara Herbst
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Das Flugblatt kritisierte Mode als Sünde und insbesondere die Träger der gerüschten Halskrausen als eitle Fische. Foto: Barbara Herbst
Das Flugblatt kritisierte Mode als Sünde und insbesondere die Träger der gerüschten Halskrausen als eitle Fische. Foto: Barbara Herbst
 
Foto: Barbara Herbst
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Foto: Barbara Herbst
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Foto: Barbara Herbst
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Foto: Barbara Herbst
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Foto: Barbara Herbst
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Foto: Barbara Herbst
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In geschlitzten "Bluderhosen" inszenierte sich der modebewusste Mensch des Frühbarock für den Porträtmaler. Heute wird in zerschlitzten Jeans fürs Selfie posiert. Manches ist in Mode geblieben. Anderes war längst vergessen, kam aber wieder. Was eine Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg über Kleidung und Gesellschaft verrät.

War es vor zwei oder vor drei Jahren, dass weiße Lederschuhe in Mode kamen? Oder ist es doch schon so viel länger her? Im Germanischen Nationalmuseum (GNM) Nürnberg diskutieren zwei Besucherinnen über ein weißes Leder-Riemen-Schühchen in einer Vitrine. "Könnte man tragen", sagt die eine. "Hippiemäßig" findet die andere den 400 Jahre alten Schuh wegen seiner ins Leder gestanzten Ornamente. "Aber zu einer Tunika ... könnte man ihn tragen!"


Einzigartige Sammlung

Der weiße Tanzschuh ist eines der ersten Stücke, mit denen das Museum vor über 150 Jahren begann, seine Sammlung historischer Kleidung, "Kostüme" genannt, aufzubauen. Heute zählt die frühneuzeitliche Kostümsammlung des GNM zu den ältesten, bedeutendsten und umfangreichsten der Welt. Zum ersten Mal wird sie jetzt in einer Sonderausstellung gezeigt: "In Mode - Kleider und Bilder aus Renaissance und Frühbarock" ist bis 6. März zu sehen.


Hüte und Handwerkszeug

Etwa 50 Originalkostüme aus der Zeit zwischen 1560 und 1650 wurden in einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt neu bearbeitet. Kleider und Ärmel, Samtmäntel, Seidenwämser, Halskrausen und Hüte werden nun gemeinsam mit Gemälden und Handwerkszeug, mit schematischen Schnittmustern und Flugblättern so präsentiert, dass es nicht nur um Zeitgeschmack und Handwerk geht. Sondern um die gesellschaftliche Bedeutung von Kleidung.


Parallelen zur modernen Modewelt

Dabei gibt es jede Menge Par allelen zur heutigen Modewelt. Der praktische Nutzen war bei den kostbaren Textilien weniger wichtig als ihre Funktion als Statussymbol, als Provokation und Spiel. Wenn heute unter Rissen in zerschlissenen Jeans nackte Haut hervorblitzt, ist das ein alter Trick. Die spielerische Wirkung, bei der mit einer Bewegung etwas eben noch Verborgenes sichtbar wird, ist eine Erfindung von Modeschöpfern des ausgehenden 16. Jahrhunderts.


Mode: gerissen und zeitlos

Der Hipster des Frühbarock trug geschlitzte "Bloderhosen", bei denen mehrere Stofflagen den Drunter-und-Drüber-Effekt erzielten. Solch "unzimbliche" Tracht wurde ähnlich wie heute eine kunstvoll zerfetzte Jeans nicht von jedermann geschätzt: Je länger und wilder die Schlitze seinerzeit waren, desto mehr galten sie der christlich motivierten Modekritik als Teufelswerk. Doch der reiche Patrizier provozierte damals genauso gern wie manch Modeblogger heute. Es gibt vieles, was in der Mode wiederkehrt und einiges, das sich nie ändert. Im Barock dienten Repräsentationsbildnisse der wohlüberlegten, beiläufig wirkenden Selbstinszenierung. Heute heißen solche Bilder Selfie.


Reizwäsche des Barock

Interessant ist auch die Inszenierung der Geschlechter in der Mode. Ein unauffälliges, schlabberig-weites Hemdgewand ist das erotischste Stück der Ausstellung. Es soll aus der Türkei stammen; die Nürnberger stellten sich exotische Frauen vor, die unter dem dünnen Seidenstoff "nackhendt" gingen. Doch insgesamt ist die frühneuzeitliche Mode überraschend geschlechterneutral. So wie heute die Jeans wurden viele Kleidungsstücke von Männern und Frauen gleichermaßen getragen. Männer waren nach heutigen Maßstäben sehr offen für Mode: Genau wie die Dame trug auch der barocke Herr beispielsweise gern mal weiße Leder-Riemen-Schühchen mit Hippie-Ornamentik.


Zur Ausstellung

Termin Das Germanische Nationalmuseum Nürnberg zeigt "In Mode - Kleider und Bilder aus Renaissance und Frühbarock" bis zum 6. März 2016.

Öffnungszeiten Dienstag bis Donnerstag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr. Heiligabend, am Ersten Feiertag und an Silvester hat das Museum geschlossen.

Programm Am Aktionstag "In Mode" am Sonntag, 10. Januar, ab 10 Uhr finden spezielle Führungen, eine Aufführung des Jugendclubs des Staatstheaters Nürnberg und eine offene Schneiderwerkstatt (auch am Sonntag, 7. Februar) statt. Weitere Informationen unter www.gnm.de.