"Wir gehen davon aus, dass es noch mehr Betroffene gibt", erklärt die Sprecherin des Erzbistums Eichstätt gegenüber inFranken.de. Bis dato sind aus der aktiven Amtszeit des Pfarrers zwar nur die Fälle aus den 1960er Jahren bekannt. Doch am Freitag (18. November 2022) gab der Eichstätter Kreisverband der Caritas bekannt, dass der Priester nach seinem Ruhestand 2005 als Hausgeistlicher im Seniorenheim St. Willibald in Schwabach praktizierte - und dort erneut übergriffig wurde. "Betroffen waren insbesondere Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen des Seniorenheims. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand und der Aktenlage leitete die damalige Verbands- und Einrichtungsleitung Maßnahmen ein, damit der Hausgeistliche nicht mehr alleine Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohner hatte", heißt es in der Stellungnahme.
Geistlicher wird Aushilfspfarrer im Kreis Forchheim - nach Übergriffen in Seniorenheim in Schwabach
Ob die Staatsanwaltschaft zu den Missbrauchsvorwürfen informiert wurde, wird hier nicht erwähnt. Es sei "auf seinen Auszug aus der Dienstwohnung im angrenzenden Nebengebäude hingewirkt" worden. 2012 legte der Priester demnach das Amt als Seelsorger im Seniorenheim nieder, 2013 habe er die Wohnung aufgegeben. Doch trotz der erneuten Straftaten zog es ihn wieder in das kirchliche Umfeld. Der des sexuellen Missbrauchs beschuldigter Pfarrer habe sich nämlich "in seinem Ruhestand von 2012 bis zu seinem Tod 2016 dauerhaft im Erzbistum Bamberg aufgehalten", heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung des Erzbistums Bamberg.
"Den Unterlagen zufolge wohnte er von Ende 2012 bis Juli 2014 in Heroldsbach, wo er als Aushilfsgeistlicher in der Gebetsstätte tätig war. Von Juli 2014 bis zu seinem Tod im Oktober 2016 lebte er in Bamberg", heißt es weiter. Der Bamberger Bistumsleitung seien "die Missbrauchsvorwürfe, die sich auf Taten in den 1960er-Jahren beziehen, zu keinem Zeitpunkt bekannt" gewesen. "Während und nach seiner Zeit in Heroldsbach und Bamberg sind dort keine Vorwürfe bekannt geworden. Er hatte auch keinen offiziellen Seelsorgeauftrag", heißt es.
"Dass er Gottesdienste gehalten hat, das war bekannt", erklärt ein Sprecher des Erzbistums Bamberg gegenüber inFranken.de. Von den Vorwürfen gegen den verstorbenen Priester habe man allerdings "erst vor einigen Wochen aus den Medien erfahren", heißt es dort. Nun rufe man "mögliche Betroffene von sexuellen Übergriffen auf, sich zu melden, um die Aufarbeitung zu unterstützen". Weshalb die Fälle aus dem Erzbistum Eichstätt erst jetzt, sechs Jahre nach dem Tod des Pfarrers, ans Licht kommen, wirft hingegen viele Fragen auf.
Sexueller Missbrauch: Warum informierte das Erzbistum Eichstätt nicht früher?
Denn alle deutschen Erzbistümer hatten ihre Personalakten für eine Untersuchung zu sexuellem Missbrauch durch Priester (MHG-Studie), die 2018 fertiggestellt wurde, durchgesehen und anonymisiert an die zuständigen Wissenschaftler und Wissenschaftler weitergegeben. "Die Akten wurden an die Staatsanwaltschaft weitergegeben und sind auch in die MHG-Studie eingeflossen", bestätigt die Sprecherin des Erzbistums Eichstätt gegenüber inFranken.de. Damals waren keine Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, wie der Donaukurier berichtet hatte. Hier verweist man auf die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums (UAK), die aufgrund der Fidei-Donum-Erkenntnisse "im ersten Halbjahr 2022 die einschlägigen Personalakten gesichtet" habe.
"Es handelt sich um eine Strukturfrage, wie man die Aufklärung in die entsprechenden Bahnen lenken kann", so die Sprecherin. In Kürze soll ein eigener Bericht über den fränkischen Missbrauchspriester durch die UAK veröffentlicht werden. Bis dahin wolle man sich beim Erzbistum Eichstätt nicht zu Details äußern - entsprechende Fragen von inFranken.de , etwa zu Zahl, Alter und Geschlecht der Betroffenen, ließ man hier unbeantwortet. Auch ohne die Medienberichte sei es zur Offenlegung der Fälle gekommen, so die Sprecherin. "Diese kamen dem UAK-Bericht einfach zuvor."
Die neusten Erkenntnisse aus Schwabach zum sexuellen Missbrauch seien "erschütternd und beschämend" - auch der Caritasverband arbeite mit der Aufarbeitungskommission zusammen. Zudem werde die UAK Eichstätt "ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, das sowohl eine strafrechtliche als auch kirchenrechtliche Würdigung des Sachverhalts leisten soll", so die Sprecherin. Bestandteil des Gutachtens werde "das Verhalten der Verantwortlichen der älteren sowie jüngeren Vergangenheit sein". Der Generalvikar des Erzbistums Eichstätt habe "nahezu alle ehemaligen Einsatzorte des Pfarrers mit externen Ansprechpersonen besucht, um dort durch Gespräche mögliche weitere Betroffene zu finden".
Ansprechpartner des Erzbistums Eichstätt sind hier zu finden. Das Erzbistum Bamberg hat hier eine Liste von Ansprechpartnern bereitgestellt.