Mit allen Mitteln sucht die Polizei nach einem möglichen Heckenschützen, der in Nürnberg-Schweinau auf fahrende Autos schießen könnte. Am Montag wurde eine Ermittlungsgruppe gegründet. Die Suche nach dem Täter läuft auf Hochtouren.
Seit Tagen ist die Polizei in Nürnberg und Fürth alarmiert. Mit Hubschraubern und Hundertschaften ist man einem möglichen Heckenschützen fieberhaft auf der Spur, der im Bereich der Südwesttangente in Höhe des Stadtteils Schweinau auf fahrende Autos schießen könnte. "Wir können noch keine Entwarnung geben", sagt ein Polizeisprecher am Montag. Aber auch zur Panik bestehe kein Anlass. "Wir suchen die berühmte Stecknadel im Heuhaufen", so der Polizeisprecher weiter.
Am Montagvormittag wurde eine sechsköpfige Ermittlungsgruppe gegründet. Die Sonderkommission "Tangente" geht derzeit jedem Hinweis nach und sucht auch in der Vergangenheit nach vergleichbaren Vorfällen. Mittlerweile sind 50 Hinweise bei der Polizei eingegangen. Eine heiße Spur haben die Beamten noch nicht gefunden. Vor einer Woche hatte sich ein Fahrlehrer bei der Polizei per Notruf gemeldet. Während der Fahrt über die Südwesttangente hörte der Mann am Steuer einen lauten Knall. Die Beamten stellten kurze Zeit später eine Eindellung in der Beifahrertür des Wagens fest, die vermutlich durch ein Geschoss verursacht worden war.
Einen Tag später ereignete sich bereits der nächste Vorfall: Eine Frau hatte ebenfalls eine Beschädigung an der Beifahrertür ihres Fahrzeuges festgestellt. Diesmal konnte die Spurensicherung in der Gummidichtung der Beifahrertür sogar ein deformiertes Geschoss sicherstellen. "Es könnte sich um Munition aus einer Kleinkaliberwaffe handeln", sagt der Polizeisprecher zu den ersten Ermittlungsergebnissen der Kriminaltechniker. Den genauen Waffentyp habe man noch nicht herausfinden können. Am Wochenende folgt der nächste Vorfall: Zunächst meldet eine 34-jährige Pkw-Fahrerin, dass sie am Samstag gegen 14.15 Uhr aus Richtung der Ackerflächen nahe der Anschlussstelle Kleinreuth bei Schweinau einen lauten Knall gehört habe. Unverzüglich suchen mehreren Streifen die Stelle ab. Auch ein Polizeihubschrauber war im Einsatz. Die Ursache des Knalles blieb allerdings unklar. Ein Schaden am Fahrzeug der 34-Jährigen konnte bislang jedenfalls nicht festgestellt werden.
Kurze Zeit später meldete eine 21-jährige Pkw-Fahrerin einen "Einschlag" an der Windschutzscheibe ihres Nissan. Der Hubschrauber stieg sofort wieder in die Luft und suchte insbesondere im Bereich um den "Schweinauer Buck" nach einem möglichen Heckenschützen. Am Montag suchte auch die Bereitschaftspolizei erneut nach möglichen Projektilen - bislang ebenfalls ohne Erfolg.
Polizei ist auf Zeugen angewiesen
Die Ermittlungen scheinen sich derzeit auf eine Fußgängerbrücke zu konzentrieren, die im Bereich Schweinau über die Südwesttangente führt. Derzeit seien jedoch alle Szenarien reine Spekulation. Auch über mögliche Motive könne nur gerätselt werden. "Die Südwesttangente wird täglich von tausenden Fahrzeugen benutzt. Wir wollen keine übertriebenen Ängste schüren, aber wir gehen der Geschichte sehr ernsthaft nach", betont der Polizeisprecher weiter. Anwohner werden derzeit befragt. Auch ruft die Polizei mögliche Zeugen auf, sich mit Hinweisen an den Kriminaldauerdienst unter der Rufnummer 0911 / 2112 3333 zu wenden. Die zentrale Sachbearbeitung hat die Kriminalpolizei Nürnberg übernommen. Sie ermittelt in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts.
Mittlerweile ist der Fall auch im Bayerischen Landtag angekommen. "Diese Art von perfiden Angriffen gibt es leider immer wieder", sagt der Vorsitzende des Innenausschusses, Florian Herrmann (CSU). Mittlerweile kursieren auch Befürchtungen, es könne sich um einen Nachahmer des "Autobahn-Schützen" handeln, der von seiner Fahrerkabine aus immer wieder auf andere Lastwagen geschossen hatte und kürzlich zu einer langen Haftstrafe in Würzburg verurteilt worden ist. Der berühmte Kriminalpsychologe Professor Friedrich Lösel aus Erlangen weist darauf hin, dass in derartigen Fällen eine gewisse Wut auf die Gesellschaft meistens von Bedeutung sei. Aus irgendeinem Grund fühlten sich diese Täter meist ungerecht behandelt. "Die erlebte Aufmerksamkeit und 'Prominenz' in den Medien ist dabei sehr wichtig", sagt Lösel. Die mediale Aufmerksamkeit würde den Täter bekräftigen und könne sein Verhalten steigern. "Manchmal sind auch akute psychische Störungen bedeutsam", sagt Lösel.