Wer sich einen "echten Hitler" kaufen will, braucht gute Nerven. Bei einer Versteigerung am Samstag in Nürnberg lieferte sich ein Chinese und ein Mann aus dem Nahen Osten eine Bieterschlacht. Am Ende ging das Aquarell "Standesamt und Altes Rathaus" für stattliche 130.000 Euro in den Orient.
Mit dem Lastenaufzug geht es hinab in den Auktionssaal, der eher an ein großes Möbellager erinnert. Unter den hohen Decken funkeln Kronleuchter um die Wette. Die Wände sind mit gerahmten Ölschinken tapeziert. Zwischen Schränken und Vitrinen sitzt Herbert Weidler leicht erhöht auf einem schlichten Holzbänklein und hält einen kleines Hämmerchen in der Hand.
Von hier hat der Auktionator eine prima Aussicht auf das Publikum. Eine Frau mit Kopftuch balanciert den Katalog auf ihrem Schoss, während Herbert Weidler hämmernd allerlei Nippes unters Volk bringt. Eine Tischuhr geht für 250 Euro weg. Ein Polyphon - das ist eine Vintage-Soundanlage, mit denen Ur-Ur-Großväter gerne Villen beschallt haben - reißt sich die Bieternummer 26 für 150 Euro unter den Nagel. Dann ersteigert eine elegant gekleidete Dame einen Vogel aus Porzellan. "Ich sammle Pfauen. Ich habe schon zwei - das ist jetzt die Nummer drei." Große Gedanken habe sie sich nicht gemacht. Aus Jux und Tollerei habe sie mitgeboten. Um Kopf und Kragen gebracht finanziell hat sich die Dame zum Glück nicht. 30 Euro für den bunten Vogel. Plus Aufschlag und plus Steuer versteht sich.
Auf ein Bietergefecht hätte sich die Vogelfreundin gerne eingelassen. Besonders bei Pfauen versteht die Kunstfreundin keinen Spaß. "Sind viele Händler da", flüstert die Frau und zeigt auf Menschen, die in Auktionskataloge starren. "Man kennt sich in der Szene", sagte sie weise lächelnd und nickt den anderen Jägern und Sammlern von verlorenen Schätzen zu, während Herbert Weidler erneut auf sein Pult einhämmert.
Zehn Bieter für Hitler-Aquarell am Telefon Dann wird Weidler feierlich. Die Katalognummer "6649" wird aufgerufen. Zu sehen ist eine Darstellung des Standesamtes von München mit dem Turm des Alten Rathauses im Hintergrund. Nichts besonderes eigentlich. Wenn nicht ein Mann mit dem Bart und berühmter Despot das Aquarell signiert hätte: Adolf Hitler. "Ich habe zehn Bieter am Telefon", sagt Weidler und zählt ein paar Länder auf. Die üblichen Verdächtigen sind darunter: England, Spanien, Amerika und zweimal Asien. Dann geht es los.
Das Mindestgebot beträgt 4500 Euro. Aber der Auktionator ruft gleich einen deutlich höheren Preis auf. "Mir liegen zahlreiche schriftliche Gebote vor", erklärt Weidler und hantiert mit raschelnden Papieren herum. "Mehrere über 20, mehrere über 50 und sogar über 85 Tausend!" Ein Raunen geht durch das Publikum. Die ersten Bieter legen am anderen Ende der Welt wohl den Hörer auf. "Der Wahnsinn!", sagt ein Mann in der zweiten Reihe und dahinter flüstert ein anderer entsetzt "It´s too much!". Die meisten Menschen denken sich wahrscheinlich: Oh mein Gott!
Junger Chinese erhöht auf 90.000 Euro Ein junger Chinese in der dritten Reihe hebt den Arm und geht auf 90.000 Euro. Ein blonder Herr der Marke Businessman erhöht auf glatte 100.000. Der junge Mann aus China tippt panisch auf seinem Handy herum. Warten. Stille. Warten. Am Telefon bietet jemand 110. Dann das Zeichen aus der dritten Reihe: 120.000. Der Mann in der letzten Reihe gibt sich nicht geschlagen und stockt auf auf satte 130 000 Euro.
"Keiner mehr?", fragt Herbert Weidler und lässt nach einer endlosen Kunstpause das Hämmerchen krachend fallen. "Mit so viel haben wir nicht gerechnet", sagt Kathrin Weidler, während das Publikum ins Freie eilt. Vor der Tür gibt sich der geschlagene Chinese gelassen. Das Bild sei für die Frau eines reichen Chinesen gedacht gewesen. Im Reich der Mitte gelte der "malende Führer" noch als eine exotische Seltenheit. Besonders die beigefügte Originalrechnung hätten das Portemonnaie des Millionärs aus Schanghai locker gemacht.
Bieter hatte 5000 Euro in bar dabei Herbert Weidler sitzt derweil fast ganz alleine in seinem Auktionssaal. "Namentlich angemeldet war der Mann, der den Zuschlag bekommen hat, nicht", sagt Weidler. Trotzdem sei alles in Ordnung. Schließlich habe der blonde Mann, der für seinen Mandaten aus dem Orient im Saal geboten habe, kurzfristig aber vorschriftsmäßig 5000 Euro in echten Scheinen als Sicherheit hinterlegt. Ein Überraschungsbieter also. "Nun geht das Bild ins Ausland. Genauer gesagt in den Nahen Osten", sagt Weider scheinbar in Gedanken versunken. So als ob er sich gerade selbst fragt: Wer um alles in der Welt gibt so viel Geld für ein Bild dieses Mann aus? Vielleicht ist die einfache Antwort richtig: Ein Mann mit zu viel Geld auf dem Konto.
Da sieht man wo die echten NAZIs sitzen.