Werden Frauen in Lichtenfels schlechter bezahlt als Männer?

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Maria Hollering-Hamers, vom Frauenbund in Lichtenfels, setzt sich seit Jahren für die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen ein. Foto: Anja Greiner
Maria Hollering-Hamers, vom Frauenbund in Lichtenfels, setzt sich seit Jahren für die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen ein.  Foto: Anja Greiner

Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer. Der Equal Pay Day am 20. März markiert symbolisch diesen Lohnunterschied. Ein Grund nachzufragen, wie es bei den Unternehmen im Landkreis aussieht mit der Lohngerechtigkeit.

Bis zum Februar hatte Maria Hollering-Hamers mit Hollywood nichts am Hut. Dann kam die Oscar-Verleihung und mit ihr die Rede der Schauspielerin Patricia Arquette. Sie forderte in Hollywood, was Maria Hollering-Hamers als Sprecherin des Katholischen Frauenbunds in Lichtenfels schon lange fordert: Frauen und Männer sollen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten.

Im Schnitt verdienen Frauen in Deutschland 22 Prozent weniger als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap, den das Statistische Bundesamt ermittelt, ist seit Jahren konstant.

Auf Arbeitstage umgerechnet würden Frauen so bis zum 20. März unentgeltlich arbeiten, während Männer ab dem 1. Januar bezahlt werden.

Equal Pay Day heißt der Tag, der diesen Punkt im Jahr markiert. Das erst Mal wurde er 2009 für Deutschland ermittelt - ebenfalls am 20. März.


An der Tatsache, dass Frauen im Schnitt ein Viertel weniger verdienen als Männer, habe sich in den vergangenen Jahren nichts geändert, sagt Mathias Eckardt, Regionalvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).

Rund zwei Drittel des Lohnunterschieds können dadurch erklärt werden, dass Frauen häufiger in Teilzeit oder Mini jobs arbeiten, seltener hochbezahlte Führungspositionen bekleiden und schon von vornherein in Branchen tätig sind, die nicht im Hochlohnsektor liegen.

Werden all diese Faktoren herausgerechnet, beträgt der Unterschied immer noch sieben Prozent.

Die Gretchenfrage im Job

"Familie ist der Karriereknick schlechthin", sagt Mathias Eckardt. Zum einen würden Führungskräfte mit Kind gemeinhin nicht akzeptiert. Zum anderen seien rund 75 Prozent der Minijobs von Frauen besetzt, die im Zweifel auf die 400 Euro mehr angewiesen sind. Die Verhandlungspositionen seien dementsprechend schlecht.

Gisela Raab ist Geschäftsleiterin der Baufirma Raab in Ebensfeld, sie sieht noch eine anderen Grund: Frauen, sagt sie, seien schneller und länger zufrieden als Männer. Jedenfalls dann, wenn sie nur dazuverdienen, und nicht wie der Mann, die Familie ernähren müssten.

Maria Hollering-Hamers glaubt das nicht. "Es gibt doch heutzutage Frauen, die wissen, was sie wert sind - gerade Akademikerinnen."

Eine Juristin verdient, das geht aus den Zahlen der Lohnspiegeldatenbank hervor, durchschnittlich 4478 Euro brutto im Monat, der Jurist 4955 Euro. Informatikerinnen kommen im Schnitt auf 4265 Euro, Informatiker dagegen auf 4423 Euro. Der größte Unterschiede liegt bei den Physikerinnen, die im Schnitt 4134 Euro verdienen, während Physiker 5466 Euro bekommen.

Die größte Herausforderung sieht Mathias Eckardt darin, Frauen nicht mehr zu benachteiligen, wenn sie Kinder bekommen. Wenn es nicht anders geht, sagt er, auch per Gesetz.

Familienministerin Manuela Schwesig hat einen solchen Vorschlag gemacht, ein sogenanntes Entgeltgleichheitsgesetz soll für mehr Transparenz und damit für mehr Gerechtigkeit sorgen: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das steht schon im Grundgesetz, Artikel 3: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Wende man das Prinzip eines gerechten Lohns konsequent an, könnten am Ende auch Männer profitieren, beispielsweise bei den Werkverträgen, sagt Hollering-Hamers.

Glaubt man den Aussagen der Unternehmer im Landkreis Lichtenfels, ist die Gleichbehandlung hier schon angekommen. Der Unternehmenssprecher des Versandhandels Baur, Manfred Gawlas, versichert: "In unserem Unternehmen vergüten wir grundsätzlich nach einschlägigen Tarifverträgen, die keinerlei Unterschied nach Geschlechtern treffen." Unterschiede in der Vergütung seien ausschließlich in der höheren Teilzeitquote von Frauen begründet.

Unterschiede gibt es doch

Beim Kunstoffverarbeiter Scherer und Trier in Michelau sei die Entlohnung über einen Haustarifvertrag geregelt, und der unterscheide nach Position, nicht nach Geschlecht, sagt der Personalleiter. Nach seiner Erfahrung hänge es mehr von der Persönlichkeit ab, als vom Geschlecht, wie jemand in Gehaltsverhandlungen auftrete.

Rund 60 Prozent der Frauen, die bei der Baufirma Raab angestellt sind, arbeiten in Teilzeit. Als die Stelle der kaufmännischen Leitung frei wurde, hätte Gisela Raab gern eine Frau eingestellt, allein es fehlten die Bewerberinnen. Mit Teilzeit schafft man es kaum in Führungspositionen, sagt Raab. Ihre Bauleiterinnen arbeiten alle Vollzeit. Und sie verdienten das gleiche wie die Bauleiter.

Mit Kindern, sagt Raab, sehe natürlich alles ganz anders aus. Würden die Frauen jedoch so arbeiten wollen, wie die Männer, sie hätten sicher die Chance, gleich behandelt zu werden. In ihrem Betrieb kenne sie auch eine Frau, die mehr verdiene, als der Mann in der gleichen Position, einfach weil die Frau noch ein paar Aufgaben mehr habe.

Es stellt sich die Frage, wo denn dann die Lohnunterschiede sind? Fakt ist: Es gibt sie.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut hat Gehaltsdaten von 20 Berufen auf Basis der Lohnspiegeldatenbank untersucht. Am größten ist der Unterschied demnach bei den Versicherungskaufleuten. Die Männer verdienen im Schnitt ein Bruttomonatsgehalt von 4160 Euro, die Frauen bekommen mit 3012 Euro rund 28 Prozent weniger. Selbst in Frauenberufen ist ein geringer Unterschied erkennbar: Während der Krankenpfleger im Schnitt mit 2613 Euro am Monatsende nach Hause geht, verdient die Krankenschwester 187 Euro weniger.

Beim Polstermöbelhersteller K &W in Lichtenfels heißt es, dass nicht differenziert werde zwischen Mann und Frau. Entlohnt werde individuell nach Leistung. Unter anderem die Buchhaltung, die Personalabteilung und das Marketing werde von Frauen geleitet, die genauso viel verdienen, wie ihr jeweiliges männliches Gegenstück.
Das Problem sieht die Geschäftsleitung indes woanders. Es gebe für bestimmte Berufe schlicht zu wenig Bewerberinnen. Würde sich ein Mädchen auf die Ausbildung zur Polsterin bewerben, würde ihr genauso viel bezahlt, wie einem Mann.

Vielleicht würde er sie sogar lieber einstellen, sagt der Firmensprecher, denn Frauen seien einfach verlässlicher heutzutage.