Schreinerin für einen Tag: Girls-Day im Landkreis Lichtenfels

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Luisa (Mitte) hat im September ihre Lehre als Schreinerin bei Tim Fleischmann in Zettlitz begonnen. Beim Girls-Day am Donnerstag hat sie mit den den insgesamt sieben Mädchen Ketten und Armbänder gefertigt. Foto: Anja Greiner
Luisa (Mitte) hat im September ihre Lehre als Schreinerin bei Tim Fleischmann in Zettlitz begonnen. Beim Girls-Day am Donnerstag hat sie mit den den insgesamt sieben Mädchen Ketten und Armbänder gefertigt.   Foto: Anja Greiner
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Beim Girls- und Boys-Day sollen Schülerinnen und Schüler einen Einblick in Berufe bekommen, die nicht unbedingt typisch für ihr Geschlecht sind. Warum Mädchen dann doch Ketten machen und Jungs in den Wald gehen.

Immerhin, die Perlen sind aus Holz. Tim Fleischmann lacht, irgendwas müsse man den Mädchen ja bieten, in den vergangenen Jahre hätten sie auch schon Blumen oder Tigerenten geschreinert. Heuer eben Ketten. Tim Fleischmann ist 34 Jahre alt, Schreinermeister in Zettlitz und das sechste Jahr beim Girls-Day dabei. Gerade im Möbelbau, sagt Fleischmann, würden Frauen oft genauer und feiner arbeiten.

Das Sägen hat am meisten Spaß gemacht. "Einmal selbst anpacken", sagt Carola. Sie geht in die neunte Klasse am Gymnasium in Burgkunstadt, später möchte sie vielleicht Fotografin werden. Anna, 15, will Journalistin werden, hier in der Schreinerei fand sie interessant, zu sehen, wo die Möbel herkommen. Mona, 14, ist mit dem Ergebnis zufrieden, die Kette gefällt ihr, der Beruf auch. Sie würde später gern etwas Handwerkliches machen.


Von Erziehern und Schreinerinnen

Von den 152 Jugendlichen, die 2014 ihre Ausbildung im Lichtenfelser Handwerk begonnen haben, sind 35 Mädchen. Darunter sind zehn Friseurinnen, fünf Verkäuferinnen im Lebensmittelhandwerk, aber auch eine Schornsteinfegerin, zwei Feinwerkmechanikerinnen und zwei Schreinerinnen.

Eine dieser Schreinerinnen steht gerade an der Werkbank von Tim Fleischmann und leimt Ketten mit den Mädchen, die heute zum ersten Mal eine Laubsäge halten.

Luisa ist 22 Jahre alt. Nach dem Abitur habe sie nicht recht gewusst, was sie machen soll und sich dann erstmal für ein Handwerk entschieden. "Studieren kann ich später immer noch", sagt sie. In der Praxis sei es doch oft so, dass jeder Geselle mehr wisse, als der Diplomingenieur, der nach Jahren des Studiums das erste Mal wirklich auf der Baustelle steht.

Matthias Welsch ist stellvertretender Schulleiter der Realschule in Bad Staffelstein und hat eben nochmal durchgezählt: "Rund 50 Schülerinnen und Schüler machen beim Boys- und Girls-Day mit." Alle aus den achten Klassen. Die meisten Mädchen sind bei Bosch oder Brose, aber auch bei den Polsterfirmen, die Jungs im Kindergarten. Wer nicht mitmacht, der hat meist schon einen bestimmten Beruf in Aussicht, sagt Welsch. Oder will auf weiterführende Schulen wechseln. Zwischen 40 und 50 Prozent der Schüler beginnen nach der mittleren Reife eine Ausbildung. "Das war früher mehr", sagt Welsch.

Die Schule sehe den Praxistag gerne, fährt Welsch fort. "Er macht Mut, die Scheuklappen zu öffnen." Viele wüssten gar nicht, dass sie in anderen Bereichen sehr gefragt seien.

Manuela Schwendner ist Erzieherin im evangelischen Kindergarten in Bad Staffelstein - und die drei Jungs, die den Vormittag über da waren, die hätten ihre Sache wirklich gut gemacht. Die Tatsache, dass es mit den Kindern in den Wald ging, habe sicher dazu beigetragen, sagt Schwendner und lacht.

Die meisten, die sich für die Arbeit mit Kindern interessieren, ergänzt sie, würden dann jedoch nicht Erzieher, sondern Sozialpädagogen. Solange sich an der Bezahlung nichts ändere, würden wahrscheinlich auch nicht mehr Männer den Beruf ergreifen, sagt Schwendner.

Es ist kurz vor halb eins, Mittagspause bei Tim Fleischmann. Die Mädchen sitzen vor der Schreinerei auf Bierbänken. Der Chef hat im Büro zu tun. Eigentlich sollte der Tag um eins vorbei sein, aber kurz vor der Mittagspause haben sie mit Armbändern angefangen. Die machen wir auf jeden Fall noch fertig, sagt Luisa.


Der Girls- und Boys-Day

Girls-Day Seit dem Start der Aktion im Jahr 2001 haben bundesweit etwa 1,5 Millionen Mädchen teilgenommen. Im Landkreis Lichtenfels haben sich heuer 157 Mädchen beteiligt; sie waren verteilt auf 29 Firmen. Ausgewählt werden Berufe mit einem Frauenanteil von unter 50 Prozent.

Berufe Jobs mit geringer Frauenquote sind unter anderem: Straßenbauerin, Rohrleitungsbauerin, Tiefbaufacharbeiterin (je 0 Prozent);, Anlagemechanikerin, Fischwirtin, Gerüstbauerin, Klempnerin (je 1 Prozent); Köchin (23 Prozent), Malerin und Lackiererin (14 Prozent), Tischlerin (10 Prozent), Gebäudereinigerin (18 Prozent), Forstwirtin (4 Prozent), Sattlerin (40 Prozent) und Uhrmacherin (34 Prozent).

Boys-Day
Diesen Tag gibt es sein 2011; er soll Jungs vor allem für die sozialen Berufe sensibilisieren. Im Kreis Lichtenfels haben heuer ca. 50 Jungs teilgenommen, verteilt auf 29 Firmen. Ausgewählt werden die Berufe mit einem Männeranteil von unter 50 Prozent.

Berufe Geringe Männerquoten finden sich bei Rechtsanwaltsfachangestellten (4 Prozent), Zahnmedizinischen Fachangestellten (1 Prozent), Tiermedizinischen Fachangestellten (4 Prozent), Verkäufern im Lebensmittelhandwerk (9 Prozent), Friseuren (11 Prozent), Altenpflegern (21 Prozent), Zahntechnikern (39 Prozent), Immobilienkaufleuten (39 Prozent), Konditoren (27 Prozent) und Erziehern (11 Prozent).