Der gebürtige Staffelsteiner Reinhold Schmitt schrieb sein sechstes Buch. In Lyrik und Prosa schaut er darin dem Frankenvolk aufs Maul. Deutsche Sprache und Dialekt faszinieren den 73-Jährigen sehr - was dem Buch anzumerken ist.
Die Sprache liegt ihm am Herzen. Die Hochsprache und erst recht die Mundart.
"Ich schätze die Sprache als Mittel zum Sichtbarmachen eines Gedankens - und ein Gedanke ist etwas sehr Erhabenes", sagt Reinhold Schmitt. Der 73-Jährige, der in den 1940er Jahren in Staffelstein aufgewachsen ist und heute in Forchheim lebt, veröffentlichte soeben sein sechstes Buch: "Oh Heilichäs - Unartiges und Artiges in Forchheimer Mundart".
Reinhold Schmitt ist, was die Sprache betrifft, ein Wanderer zwischen den Welten. Zwar liegen seine Geburtsstadt (Bad) Staffelstein und sein Wohnort Forchheim in Oberfranken, doch die Dialekte der beiden Städte unterscheiden sich - manchmal ganz grundlegend. Der Dialekt seiner Kindheit ist Reinhold Schmitt zwar noch präsent, doch seine lebendige Gegenwartssprache ist das Forchheimerische. "Wenn ich Staffelsteiner Dialekt reden wollt', müsst' ich mich erst a Zeitlang unterhalten", sagt er. Bevorzugte Gesprächspartner seien ihm dann der Staffelsteiner Altbürgermeister Baptist Faulstich oder Rektor a. D. Alfred Meixner - "des sin' meine Quellen".
Mir und mich verwechsl' ich nicht Die Unterschiede der Mundarten liegen in den Fällen, hat Reinhold Schmitt festgestellt. In seinem neuen Buch geht er mit dem Gedicht "Mir und mich" darauf ein, wie der Forchheimer mit Dativ und Akkusativ hantiert. In diesem Poem jongliert er heiter und nuancenreich die verschiedenen Abwandlungen der beiden Fälle - natürlich stets haarscharf daneben. Doch gerade das macht den Reiz dieser Lyrik aus. Der Staffelsteiner hat ebenfalls seinen Burgfrieden mit der Grammatik geschlossen. Er sagt einfach: "Kost miich ned a Buch leiha" - kannst du mir nicht ein Buch leihen.
Apropos Buch: Der Titel des neuen Buches kam zustande, weil Reinhold Schmitt als Forchheimer sprachlich immer ein wenig in der Defensive ist gegen das übermächtige Nämbärcherisch der Metropolregion. Eine Leserbriefdiskussion vor etlichen Jahren im FT, in der es darum ging, ob es in Forchheim einen ähnlichen Ausdruck gebe wie das nürnbergerische "allmächd", brachte ihn auf die Idee: "Na freilich ham mir sowos: O Heilichäs!" Dieser Audruck gefiel ihm so sehr, dass er sein sechstes Buch so nannte. Natürlich gibt es weitere typische fränkische Bemerkungen, Interjektionen und Grunzer, die ihm imponieren. "O leeck!" ist einer. Ein nahezu schon universal gebräuchlicher anderer Socherer lautet "bassd scho'"; dieser Zweisilber ist sehr vielseitig einsetzbar: als Entschuldigung, beim Zahlen sowie beim Kommentieren einer Speise oder eines Sachverhalts.
Keine Derbheiten für Dummbeutel Für Außerfränkische sind diese wortkargen Äußerungen, die häufig auch die Läsur des Derben besitzen, meist nicht sofort zu verstehen. Derbheit oder Zoten sind freilich nicht die Sache des Germanisten. Wer Reinhold Schmitts Gedichte und Geschichten liest, merkt schnell, dass der nicht für Dummbeutel schreibt. Seine meist ausgefeilten Sprachspielereien sind für Menschen gedacht, die Nuancen heraushören, die mit der Sprache umgehen können und Freude an ihr haben.
Am liebsten liest Reinhold Schmitt seine Gedichte selbst vor. Dann findet er genau den Rhythmus, der ihm beim Dichten vorschwebte. Ob er seine Pretiosen in einem großen Saal vorträgt und sich mit dem Akkordeon selbst begleitet oder ob er einem seiner sieben Enkelkinder ein Geschichte erzählt - Reinhold Schmitt ist mit Leib und Seele dabei, die Spache ist ihm stets Mittel zur Sichtbarmachung eines Gedankens.
Viele seiner Gedichte besitzen am Ende eine Wendung - so wie in einem Witz, wenn am Ende die Pointe kommt. Manches erinnert an Loriot, der auf ähnliche trockene Art groteske Situationen in Worte bannte. Hin und wieder klingt Eugen Roth heraus. Doch Reinhold Schmitt schreibt Eigenständiges, er wird nie moralinsauer, skizziert stets mit einem Augenzwinkern die Eigenheiten und Starrsinnigkeiten seiner bunt zusammengewürfelten fränkischen Landsleute.
Eines geht dem pensionierten Studiendirektor und Deutschlehrer aber schon gegen den Strich: Der übertriebene und oft grundlos betriebene Einsatz von Anglizismen. Dafür findet er nur ein Wort: "Furchtbar!" Ohne Sprachpurist zu sein, löckt er aber schon wider den Stachel der sinnfreien Verwendung englischer Versatzstücke. Warum "Kids" und nicht "Kinder"? Warum "cut and more" statt "Haare schneiden", und warum eigentlich "coffee to go"? Das muss doch nicht sein.
Ein gut Englisch sprechender Freund, erzählt Reinhold Schmitt, habe einmal aus Jux den Versuch gewagt, in einem Blumenladen, an dessen Fassade in dicken Lettern das Wort "Flowers" prangte, in reinstem Englisch einen Blumenstrauß für einen besonderen Anlass zu bestellen. Er wurde nicht verstanden. Und bei einem Outletcenter, ätzt Reinhold Schmitt, denke er immer an Toiletten.
Selbst in der Liebe ist der Franke ein Purist. Reinhold Schmitt: "Ich liebe dich, sagt man in Franken einfach nicht", stattdessen werde dieser Gefühlszustand mit bodenständigen Vokabeln umschrieben: "Ich hob dich fei zum Fressn gern". Für nichtfränkische Ohren höre sich das freilich zuweilen eher hart an. Doch das wird relativiert, wenn man die Hintergründe bedenke: "Mundart besitzt eine Qualität, die die Hochsprache in vielen Situationen nicht hat." Leider sterbe die Mundart langsam aus, sagt reinhold Schmitt. Einen Grund könne er nicht erkennen: "Ich habe in 40 Jahren Schullaufbahn nicht einen einzigen Schüler erlebt, der einen Nachteil hatte, nur weil er Mundart sprach."
Reinhold Schmitt - Lebensdaten und Werke Lebenslauf 1940 wird Reinhold Schmitt in Staffelstein geboren - Hausgeburt in der Jahnstraße. Nach dem Besuch der Grundschule in Staffelstein (heute ist in dem Gebäude das Museum der Stadt untergebracht) und des Gymnasiums in Lichtenfels studiert er in Erlangen fürs Lehramt Deutsch, Geschichte und Sozialkunde. Er wird Lehrer am Forchheimer Herder-Gymnasium, unterrichtet über 40 Jahre und tritt 2004 als Studiendirektor in den Ruhestand. In seiner Freizeit schreibt er Mundartgeschichten und Gedichte ("großa und glaana Begebmheidn") sowie Lieder ("Musik mit Herz ohne Verstärker").
Bücher "Weihnachdslichder", ISBN 3-922716-13-X, 132 Seiten.
"Selicha Zeidn" ("Frommes und Unfrommes zur Weihnachtszeit" - "Gewidmet allen, die vom Christkind mehr halten als vom Weihnachtsmann"), ISBN 3-922716-19-9, 144 Seiten.
"Lach mä drüwer" ("Fränggisch gsochd und fränggisch gredd"), ISBN 3-922716-15-6, 144 Seiten.
"O Heilichäs" (Unartiges und Artiges in Forchheimer Mundart) ISBN 3-922716-21-0, 144 Seiten.
Alle Bücher sind im Verlag Forchheimer Reihe F. Streit erschienen.
Zwaa Debbn
A Debb mussd sei, donn hosdäs schöö,
waaßd, aaner mid zwaa lingga Hend,
wal kaaner wos vo dem erwadd,
wal mä den ja als Debbn kennd.
Der hod sei Ruh, den kosd ned braung,
wenn's um a gscheida Erbäd gedd,
wal ä nix zammbringd und däbei
die annern bloß im Weech rumstedd.
Hosd zwaa normola Hend, wie sich
des khörd, hosd Glügg und aa dei Blooch:
Mach des, mach säll, mir braung dei Hilf!
Du willsd ned "naa" song und gäbsd nooch.
Und etzäd bisd du aa der Debb,
bloß mid dem Underschied, dass du
die Erbäd hosd. Der anner Debb
hod zwor die Schand, obber sei Ruh.
Aa wenn ich etz den örschdn Debb
a bissla um sei Ruh beneid,
bin ich, wenn sich's um Debbn drehd,
vill lieber drotzdem doch der zweid.
Mir und mich
Sooch mä, du waaßd des sicherlich:
Wie stimmt's: Schlooch mir odder schlooch mich?
Schlooch mich haaßd's, wie's im Schulbuch stedd.
Donn ko ich endlich richdich froong:
Kosd du mich ned
drei Eier nei dä Bfanna schloong?
******
Herr Schmidd, oo Ihna hob ich gesdern denggn münn.
Richdich wör eigendlich: Oo Sie hob ich denggn münn.
Wos? Sie homm aa oo mir denggn münn? Des is obber schöö.
Naa. Scho Sie oo mich.
Noo, des sooch ich doch. Wal nämlich in der Zeidung wos über Ihna gstandn wor.
Über Sie wor wos in der Zeidung.
Über mir wor aa wos drin? Des gäbd's doch ned.
Naa, nadürlich über mich.
Donn homm Sie's scho selber glesn? Doo hedd ich Ihna etz gor ned ooreedn münn.
Obber freilich. Des hod mich scho gfreud.
Mich hod's aa gfreud. Donn wünsch ich Ihna etz rechd schööna Feierdooch.
Soo is's richdich. Dangg schöö. Ich Ihna aa.
Des is freilich richdich. Und wenn ich Ihna nümmer dreff, gleich a guuds neus Johr!
Madamm
Wenn mich a Schnoog grood stichd und wenn
ich den däwüsch, däbadsch ich den.
Etz hob ich khörd, dass Schnoogng, die
uns stechn dun, so guud wie nie
die Mennla senn. Wenn uns om Baa
und Orm wos stichd, is des a Fraa.
Und etz hob ich Gewissnsbiss,
ob des Däbadschn richdich is.
Med aaner Fraa stelld mä vill oo,
bluuß suwos machd mä ned als Moo.
Wenn ned nu schlimmer, is des heid
a Foll vo Frauenfeindlichkeid.
Nadürlich ziech ich draus den Schluss,
dass mä des annerschd machng muss.
Wenn mich a Schnoogera etz stichd,
mach ich a ganz a freundlichs Gsichd
und sooch "endschulding S' ner, Madamm"
und örschd dänooch badsch i s' donn zamm.
Die Liebe
A Gronggheid is', wie mä ofd sochd,
däwüschn dudd s' dich über Nochd.
Und grongg is ned des Herz allaa:
Im Hirn drin sitzd die Gronggheid aa.
Der Mensch is nümmer, wie ä wor,
und redd dumms Zeuch, wie nie dävor:
Mei Scheißerla, mei Augenstern,
ich hob dich fei zum Fressn gern.
Des Maadla hod sei Ja-Word gebm
und donn fengd's oo, des Ehelebm.
Als Moo hosdäs ned immer leichd,
wal etz die Fraa ihr Muggn zeichd.
Und werd's amol zu vill fürn Moo,
donn sochd ä ganz leis vor sich noo:
Wenn ich doch domols ned bloß gredd,
wenn ich's doch wirglich gfressn hedd.
Jung und ald
Doo haaßd's im Lied, der Wein soll ald
und jung des Maadla sei.
Wer des maand, gedd om Lebm und aa
der Wirglichkeid vorbei.
An aldn Wein zu dringgn is
ned immer a Genuss.
Und manchmol is ä ganz verdorbm,
dass mä'n wegschüüdn muss.
Mid junga Maaadla rumbussiern,
no ja, des wör ned schlechd.
Bloß wennsd a alder Esl bisd,
bassd des hald nümmer rechd.
Drum is des ganz normol, wenn ich
etz laud und offn sooch,
dass ich vill lieber junga Wein
und alda Maadla mooch.
Fränkisch modern
Fränkisch modern, so haaßd des Logo für die Stodt Forchheim. Semmä modern? Case Modds, Cross Back Bags kosd kaafn, Time Wear, Night Wear und nadürlich All for Kids. A Bier brauchd a label, des Hair brauchd a Styling, die Wiesent a Screening, des Model a Shooding, mei Audo sein Happy Car Wash. Und ich brauch wos zu essn. Also geh ich in a Bäckerei und verlang, wal ich in Forchheim bin, "zwaa Laabla". Und die im Lodn schaua mich oo, als ob ich a Ausländer wör und Godd waaß wuher kummäd.. Ich geb's ja zu, des is ned fränkisch modern, des is bloß fränkisch, ohne Zusotz. Obber ich will mich bessern. Und wenn widder amol mei Body sein Food Supply braucht, sooch ich, wie sich des nneuerdings khörd, "Two little Roundbreads". Mir wolln ja schließlich ned unmodern sei.
Outlet-Center
Es machd mä Spass, vo Zeid zu Zeid
a weng zu reisen, ned orch weid,
nei aaner Stodt, die ich ned kenn,
dodd noo, wuu annra Menschn sen.
Der Nochdeil doo däbei is der:
Mä gedd hald öfder amol err,
wennsd wos Bestimmd's dodd finna wisd
und dich ned auskennsd als Durisd.
Und richdich arm bisd droo, wennsd du
ausdredn mussd und waaßd ned wuu.
Dähaam im Haus wör's ka Broblem.
Etz is des annerschd, etz bisd freem.
Und donn in meiner högsdn Nood
sääch ich a Schild, und doo stedd grood
des drauf, wos iich im Augnbligg
noodwendich brauch. Mensch, soo a Glügg!
A bissla gwunnerd hod's mich zwor,
dass "Outlet-Center" drauf gschriebm wor
und ned Doileddn und WC,
wie mä des kennd seid eh und je.
Ameriganisch überoll!
Und ausnohmsweis bassd's etz amol:
A Zendrum, wuusd', wenn's brenzlich werd,
wos rauslonn kosd, is nie verkehrd.
Ich nix wie nei! Und drin - nonu,
a Hall vull Stiffl und vull Schuh!
Ganz hind im Egg und guud versteggd
hob ich des "Outlet" donn enddeggd.
Nix annerschd drin, wie sunsd hald aa!
Und "Center" haaßd's, also waaßd naa!
Als Eindrugg is mir bluuß aans bliebm:
Des "Center" wor orch überdriebm.
Denglisch
Wennsd redn odder schreibm dusd heud,
a "message" hosd für annra Leud,
is des auf gor kan Foll verkehrd,
wenn s' ookummd und verstandn werd.
Drum is der wichdigsd Grundsotz der:
ned allzu lang und ned zu schwer!
Dass mä auf Stil und Sotzbau schaud,
des wor amol, des is heud "out”.
Örschd wenn är a gscheids "out-fit" grichd,
hod su a Däxd a brauchbors Gsichd.
Des haaßd, der Däxd, su wie er stedd,
muss aufgmotzd wern, sunsd wirgd er ned.
Stobf rechd vill Broggn Englisch nei!
Vom Kauderwelsch, des doo däbei
endstedd, ko's dä zwor übl wern.
Schlugg's nunder! Des is heud modern.
Wos Mode is, des gedd sein Lauf,
und des heldsd du allaa ned auf.
Däbei sei mussd und "up to date”,
sunsd haldn s' dich om End für bleeid.
Einwondfraaii
Wos sochd a Frangg in seiner Schbrooch,
wennä wos sichd und des gleich mooch?
Er denggd sich gor ned vil däbei
und sochd hald einfoch: einwondfraaii.
Und wennsdn froogsd, wie schmeggd denn dir
der Bressogg und des Seidla Bier?
Odder wennsd froogsd: Wie gedd's dä denn?
Ich glaab, dass ich die Andword kenn.
A Frangg sochd, wie könnd's annerschd sei,
a aanzigs Wöddla: einwondfraaii.
Und hod amol sei Lebm a End
und mussä naus aus sei vier Wend
und kummd ä donn in' Himml nei,
donn sochd är aa bloß: einwondfraaii.