Marco Freitag fliegt mit der Drohne samt Wärmebildkamera über Maisfelder auf der Suche nach Sauen und über Wiesen, um Kitze vor dem Tod Mähwerk zu retten.
Die sechs Rotoren der Drohne summen leise. Wie ein kleines Ufo hebt das Fluggerät ab und schwebt sanft in den Abendhimmel. Über einem Maisfeld bei Modschiedel lässt Marco Freitag die rot, grün und blau blinkende Drohne in 20 Metern Höhe verharren. An Bord hat der kleine Helikopter eine Wärmebildkamera. Sie überträgt Bilder aufs Display einer Steuerungskonsole in Marco Freitags Händen.
Konzentriert schaut der 29-Jährige auf den Bildschirm. Fürs ungeübte Auge ist hier nicht viel zu erkennen. Ein Maisfeld von oben, eine strukurierte Agrarfläche aus zahllosen symmetrischen Reihen. Neben Marco Freitag steht Gisbert Sattler und schaut aufmerksam auf die Bilder, die von der Drohne übertragen werden. Der Kulmbacher hat seit rund zehn Jahren die beiden Jagdreviere Modschiedel und Fesselsdorf gepachtet. Er hat Marco Freitag engagiert, mit der Drohne über die Maisfelder zu fliegen, um zu prüfen, ob sich Wildschweine darin aufhalten.
Plötzlich tauchen drei helle Punkte auf dem Display auf. "Hier ist was", sagt Marco Freitag. Die drei Pünktchen bewegen sich. "Das sind Rehe", ist sich Gisbert Sattler sicher. Das Bewegungsmuster und die Zahl der Tiere lasse Rückschlüsse auf die Tierart zu, sagt er, abhängig sei das jedoch auch von der Jahreszeit.
"Wir haben eine wahnsinnige Veränderung im Anbau, um die Biogasanlagen zu bedienen", erklärt der Jäger. Auf Riesenflächen werde Mais und Raps, aber auch Getreide angepflanzt. Die Maisfelder seien ideal für Schwarzwild. Die Sauen hätten in Maisfeldern einen reich gedeckten Tisch. Aus ihrer Dickung im Wald wechseln sie über ins Maisfeld, in ein wahres Schlaraffenland.
Mit der Drohnenbefliegung könne der Jäger auf den Meter genau den Standort der Sauen ermitteln und sie dann dezimieren. Das sei zeitsparender und günstiger als das Aufspüren mit Hunden. Weil die Ausbildung von Hunden zwischen 3000 und 5000 Euro koste, könne es kostspielig werden, wenn eine Sau einen Hund "annimmt", sagt Gisbert Sattler. Für einen verletzten oder getöteten Hund zahle nämlich die Jagdversicherung nicht.
Hans Rebelein, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands (BBV), sind die Probleme mit Schwarzwild in ganz Oberfranken bekannt. Viele BBV-Mitglieder klagten über die Schäden, die Wildschweine in den Fluren anrichten. Zu vier Fünfteln sei die Schadenshöhe jedoch überschaubar, so dass Bauern und Jagdpächter die Regulierung untereinander ausmachen.
Kein Jägerlatein: "Es gibt Landwirte, die Radios mit Zeitschaltuhren in ihre Felder stellen, um die Wildschweine zu vertreiben", sagt Hans Rebelein. Andere hingegen stellen Wildscheuchen auf, die - ähnlich wie in Weinbergen - Lärm erzeugen.
Das Befliegen der Felder mit der Wärmebildkamera ist nach Ansicht von Hans Rebelein eine gute Alternative zu dem Begehen mit dem Hund. Das gelte auch für die Suche nach Rehkitzen vor der ersten Mahd, die zwischen Ende Mai und Mitte Juni erfolgt. Der Bauer sollte dann dem Jagdpächter melden, wann er mähen wird. Aufgabe des Jagdpächters sei es dann, die Wiese nach Kitzen abzusuchen - durchaus auch mit der Drohne und Wärmebildkamera.
Gisbert Sattler hält die Befliegung mit der Drohne zur Rettung der Kitze für sehr effektiv. Nachdem die Geiß ihre Kitze gesetzt habe, sei die Zeit der ersten Mahd. Wenn die Geiß selbst zur Äsung gehe, lege sie das Kitz ab, das regungslos im hohen Gras verharre. "Die Befliegung ist eine Riesenzeitersparnis", sagt Marco Freitag, denn ein großes Feld sei so viel schneller zu überprüfen als durch die Begehung mit einem Hund. Gisbert Sattler greift deshalb gern auf die Dienste von Marco Freitag zurück, der das Drohnenfliegen als Gewerbe angemeldet hat und eine Eignungsprüfung absolviert hat. Die Software für seine Drohne verfeinert der Wunkendorfer selbst.
An diesem Abend fällt kein Schuss. Die Rehe im Maisfeld richten keinen Flurschaden an - und Wildschweine lassen sich nicht blicken. Gisbert Sattler hat eine Erklärung: Die Schwarzkittel sehen schlecht, aber sie hören und riechen gut. Weil ein Pressetermin keine echte Pirsch ist, räumten sie vorher das Feld, weil sie den Tod im Maisfeld witterten.