Mistgabel-Stecher aus Lichtenfelser Ortsteil muss ins Pflegeheim

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Eine Mistgabel spielte eine zentrale Rolle in dem Prozess vor dem Landgericht Coburg. Foto: David Ebener/dpa
Eine Mistgabel spielte eine zentrale Rolle in dem Prozess vor dem Landgericht Coburg. Foto: David Ebener/dpa

Das Landgericht Coburg verurteilte den Landwirt aus einem Lichtenfelser Ortsteil wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Ein Gutachter bescheinigt ihm einen Hirnschaden.

Es sei eine Verschwörung gegen ihn, eine Erfindung, so äußerte sich der 72-jährige Landwirt aus einem Lichtenfelser Ortsteil bei der polizeilichen Befragung zu den Vorwürfen, er habe seinen Sohn hinterrücks mit der Mistgabel angegriffen. Die Anklage am Landgericht Coburg lautete deshalb auf versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Die Tat ereignete sich im August 2013 auf dem Hof des Angeklagten. Mit einer Mistgabel sei der Landwirt von hinten auf seinen Sohn losgegangen, der im Kuhstall arbeitete, schilderte Oberstaatsanwältin Ursula Haberlein in ihrem Plädoyer die Szene. Dabei habe er geschrien: "Du sollst verrecken!" Nur durch die Geistesgegenwärtigkeit der Schwiegertochter sei damals Schlimmeres verhindert worden, sagte Haderlein. Diese habe unmittelbar neben ihrem Schwiegervater einen Weg mit Wasser abgespritzt und kurzerhand den Wasserschlauch auf den Angreifer gelenkt.

Daraufhin richtete sich der Angriff auf die Frau: Mit der Forke habe der Senior ihr mehrmals auf Hand und Unterarm geschlagen, sein nasses Hemd ausgezogen und losgewütet. Dabei habe sie Verletzungen davongetragen, die dokumentiert wurden. Immer wieder sei es auf dem Hof zu Streitigkeiten gekommen, erläutert Staatsanwältin Ursula Haderlein. So auch 2006 - da habe der Vater seinen Sohn auf den Kopf geschlagen. 2007 habe er ihm einen Stich in den Oberschenkel zugefügt. Im Jahr 2009 sei die Situation eskalierte: Der 72-Jährige wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Auch damals habe er zur Mistgabel gegriffen.

Gegen die Pläne des Sohnes

"Das tragische Verhältnis zwischen dem Angeklagtem und seinem Sohn ist der zentrale Punkt dieses Verfahrens", sagte Haderlein. Streitpunkt sei vor allem der Hof gewesen, den der Sohn bewirtschaftet habe und den er - gegen den Willen des Vaters - erweitern und modernisieren wollte. Die Schwiegertochter, die russischer Abstammung sei, habe der Landwirt nie akzeptieren wollen. Er fürchtete, dass sich diese nur ins gemachte Nest habe setzen wollen und der Bauernhof bei einer Übergabe verkauft würde, sagte Haderlein.

Ein Sachverständiger bescheinigte dem Angeklagten eine organische Persönlichkeitsstörung aufgrund einer Vorschädigung des Gehirns durch vorhandene und unbehandelte Grunderkrankungen, die zu Auswirkungen im psychischen Bereich führten, erläuterte Haderlein weiter. Anhand einer Computertomografie sei ersichtlich, dass der 72-Jährige wohl auch einige Schlaganfälle erlitten habe, die zu Steuerungsmängeln führten. Der Angeklagte habe die Situation zur Tatzeit zwar ihrer Ansicht nach nicht adäquat einschätzen können, trotzdem habe er aber mögliche erhebliche Verletzungen seines Sohnes in Kauf genommen. Einen Tötungsvorsatz könne ihm nicht nachgewiesen werden. Haderlein plädierte - auch aufgrund des Alters des Angeklagten - auf verminderte Schuldfähigkeit, betonte aber: "Auch wenn nichts passiert ist, so war die Situation jedoch brandgefährlich." Sie hielt eine Gesamtstrafe von zwei Jahren für angemessen. Zudem beantragte die Staatsanwaltschaft, den Angeklagten in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.

Der Verteidiger, Albrecht von Imhoff, schloss sich der Staatsanwaltschaft an. "Der Angeklagte ist weder ein Totschläger noch ein Mörder", sagte er, "er hat sein ganzes Leben lang gearbeitet." Infolge seines Alters und der Krankheiten sei er in eine fürchterliche Verbitterung eingetaucht. Er sei unfähig, zu sehen, wenn jemand Gutes für ihn tue wie beispielsweise sein amtlich bestellter Betreuer. Diesen hatte der Landwirt zuvor verbal angegriffen und dessen Redlichkeit angezweifelt: "Der geht einfach auf die Bank und erkundigt sich, wie viel Geld ich noch habe. Was geht denn den das an?" Gerade dafür sei ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt, erklärte ihm der Vorsitzende Richter Gerhard Amend. Und auch Haderlein hakte nach: "Wie wollen Sie denn vom Knast aus ihre finanziellen Angelegenheiten regeln?"

Am Ende folgte das Gericht dem Vorschlag der Staatsanwältin und sprach den 72-Jährigen der gefährlichen - und im Falle der Schwiegertochter - der versuchten Körperverletzung schuldig. Zudem ordnete es die unverzügliche Unterbringung in einem Altenpflegeheim an. Das Urteil wurde auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt.