Marktzeuln: Bricht die Straße bald in die Keller?

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Die großen, schweren Lastwagen setzen den Kellern zu. "Der Verkehr hat einen exorbitant großen Anteil an den Schäden", sagt Bernhard Häck. Die Durchfahrt im Torhaus in Marktzeuln wurde über einen Meter tiefer gelegt, damit auch große Laster hindurch passen. Fotos: Tim Birkner
Die großen, schweren Lastwagen setzen den Kellern zu. "Der Verkehr hat einen exorbitant großen Anteil an den Schäden", sagt Bernhard Häck. Die Durchfahrt im Torhaus in Marktzeuln wurde über einen Meter tiefer gelegt, damit auch große Laster hindurch passen. Fotos: Tim Birkner
Die Straße geht direkt bis an die Mauer. Feuchteschäden sind die Folge.
Die Straße geht direkt bis an die Mauer. Feuchteschäden sind die Folge.
 
Der Eingang des Kellers direkt gegenüber des Rathauses neigt sich.
Der Eingang des Kellers direkt gegenüber des Rathauses neigt sich.
 
Der Archäologe und Geologe Bernhard Häck kennt die Höhle genau.
Der Archäologe und Geologe Bernhard Häck kennt die Höhle genau.
 
Fingerdicke Risse sind in der Decke eines anliegenden Kellers.
Fingerdicke Risse sind in der Decke eines anliegenden Kellers.
 
Die Straße geht bis zur Sandsteinwand. Feuchteschäden sind die Folge.
Die Straße geht bis zur Sandsteinwand. Feuchteschäden sind die Folge.
 

Unter der Straße durch Marktzeuln liegen Keller. Nach einer ersten Begehung befürchtet Bernhard Häck, dass "in zwei Jahren oder auch schon in zwei Wochen" die Straße einbrechen könnte. Hauptgrund ist der Schwerlastverkehr.

Durch einen Zufall ist das Thema vor rund vier Wochen bekannt geworden. Bernhard Häck vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege besichtigte die Keller am Freischießen-Platz in Marktzeuln. Nachdem Bürgermeister Gregor Friedlein-Zech ihm dann anbot, sich die Keller in der Ortsmitte anzusehen, stiegen die beiden hinab und kamen mit schlechten Nachrichten zurück.

Häck zeigte den Gemeinderäten und Kellerbesitzern, Anwohnern und Interessierten am Dienstag, wie es um die Ortsdurchfahrt und die Keller darunter bestellt ist. Wasser, abplatzende Steine, eingebrochene Decken. Die Schäden sind vielfältig und Häck erklärt sie. Auf engem Raum gibt es die unterschiedlichsten Gründe dafür.
Physikalische oder chemische Gründe, menschliches Verhalten - wenn nicht Versagen - und Vibrationen und Belastung, zum Beispiel durch den Schwerlastverkehr.

Häck ist in Bayern für Keller und Hohlräume zuständig. Über 30.000 sind bekannt - und Häck ist alleine. Es ist also durchaus auch Glück dabei, dass Häck jetzt schon nach Marktzeuln kam und nicht erst in ein paar Jahren.
Häck wird oft gerufen, wenn es (fast) schon zu spät ist. "Da gibt es einen Tagbruch. Dann heißt es: Häck, schau dir das mal an." Tagbruch sind die plötzlich auftretenden Löcher, wenn die Erde wegrutscht und man aus der Perspektive des Kellers "den Tag" sieht. "Tag" nennen die Bergleute die Erdoberfläche. Das Loch geht also vom Keller oder Stollen bis ganz nach oben. Häck klettert dann in die Keller und nimmt erst einmal die Schäden auf. Er kartiert, wie der Keller liegt und wie er - Stein für Stein - beschaffen ist. Daraus kann er dann Schlüsse ziehen. Soweit ist es in Marktzeuln noch nicht.

Aber Häck hat bei den vielen Fällen, die er schon gesehen hat, ein Auge für das, was passiert. Und er kann das mit Messergebnissen belegen. Immer dann, wenn der Mensch unter der Erde gräbt und auch an der Oberfläche baut, ist die Gefahr am größten, dass es an diesen Stellen einmal zu einem Tagbruch kommt. Oben eine Straße unten ein Keller, das wäre solch eine typische Situation. Häck hat aus Kellern heraus schon den Straßenbelag von unten gesehen. Eine Frage der Zeit, bis dort die Teerdecke bricht - mit welchen Folgen auch immer.

In die Keller, die direkt unter dem Flecken liegen, konnte Häck noch nicht hinein. Sie sind zugemauert. Manche von ihnen sind vorher aufgefüllt worden, als 1974 die Ortsdurchfahrt neu gebaut wurde. Andere haben die Eigentümer selbst mit Bauschutt aufgefüllt und dann zugemauert. Geht von diesen geschlossenen Kellern eine Gefahr aus? Können Autos in Marktzeuln einbrechen? Können Häuser Schaden nehmen?

Zugeschüttet und vermauert

Das interessiert natürlich die Anwohner. Häck ist Wissenschaftler. Er kann für diese Keller in Marktzeuln keine gültigen Aussagen treffen. Aber er kann zeigen, was andernorts mit verfüllten und vermauerten Kellern geschehen ist. In den ehemaligen Kellern sammelt sich Wasser, das nicht mehr abfließen kann. Es schädigt zunächst den Keller und dann auch darüber liegende Straßen oder Häuser.

"Früher dachte man mit ein wenig Zement oder Beton ist es getan, das Loch ist zugeschmiert", sagt Häck. Doch heute sagt der Stand der Forschung, dass es geradewegs falsch war.

Wasser macht mürbe. Das sieht Häck bereits von außen, wenn er durch den Ort geht. "Wer Wasser im Keller stehen hat, sollte hellhörig werden", sagt er. An den Sandsteinmauern entlang der Straße sieht er, dass Wasser nicht richtig abfließen kann, weil die Straße direkt bis an die Haus- oder Mauerkante gebaut ist. Zusammen mit dem Salz des Winterdienstes, der Sonne und dem Frost geht der Stein kaputt.

"In Marktzeuln habe ich jedes Mal, wenn ich durchfahre, Bedenken, dass ich einkrache", sagt Häck. Um die Sprengkraft der Naturgewalten zu verstehen, geht Häck 220 Millionen Jahre zurück. Damals hätte Marktzeuln an einem Meerbusen gelegen. Flüsse hätten Sand in das Meer gespült, der sich dort abgelagert hat. "Vor 200 Millionen Jahren hat sich das Meer dann zurückgezogen und aus dem Sand ist über die Jahre der Burgsandstein geworden, in den jetzt die Keller von Marktzeuln gehauen sind", erklärt Häck den Anwohnern.

Sprengkraft der Natur

Die Sprengkraft entsteht nun durch Lehmeinschlüsse im Sandstein. Sind sie durch die Keller berührt, saugen sie wie ein Schwamm das Wasser auf, das sich in den plombierten Kellern sammelt. "Damit vergrößern sie sich und sprengen ein Stück des Steins weg. Wenn die verbleibende Schicht zu dünn ist, kann das bis zu einem Tagbruch führen", sagt Häck. Eine Gefahr, die auch in Marktzeuln besteht: "Das kann erst in zwei Jahren passieren, aber auch schon in zwei Wochen", sagt Häck.