Zwei ehemalige Fachlehrerinnen treffen mit ihrem kreativen Kursangebot den Nerv der Zeit.
An Europas einziger Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung können Interessierte auch außerhalb der klassischen Berufsausbildung Erfahrungen im Flechten sammeln. 2013 organisierten zwei ehemalige Fachlehrerinnen die erste Sommerakademie "Flechten während der Sommerferien " - und das mit Erfolg.
"In diesem Jahr lag bei fast allen Kursen die Nachfrage höher, als Plätze vorhanden sind", sagt Initiatorin Henny Riedl. Gemeinsam mit Monika Nickel-Stein organisierte sie auch die dritte Auflage der Reihe. Aus einer gewissen Erfahrung heraus hatten beide Fachlehrerinnen einen Bedarf bei Leuten gesehen, die nicht gleich eine dreijährige Ausbildung beginnen wollen. "Das es so kracht, darüber freuen wir uns schon sehr", sagt Riedl. Zudem kann damit die Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung auch bekannter werden.
Acht Referenten
Die Teilnehmer der dritten Sommerakademie Flechten kommen aus ganz Deutschland, der Schweiz und Südtirol. Unter ihnen sind viele, die bereits im letzten Jahr dabei waren und den Zeitpunkt fest im Terminkalender eingetragen haben. In ein bis drei Tage dauernden Kursen zeigen acht Dozenten, alles erfahrene Flechtwerkgestalter und Korbmachermeister, unterschiedliche Flechttechniken für Einsteiger und Fortgeschrittene.
Die Korbmachermeisterin und Künstlerin Lore Wild aus Oberriexingen in Baden-Württemberg ist gerne nach Lichtenfels gekommen. Normalerweise muss sie bei ihren Kursen alles, was benötigt wird, selbst mitbringen. Was mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. "In Lichtenfels ist alles, was benötigt wird, vorhanden", freut sich Lore Wild, die ganz begeistert von den Räumlichkeiten ist.
Ihr Kursangebot richtet sich an Interessierte mit Flechterfahrung, die während des zweitägigen Kurses einen Korb in mehrweidiger Kimmtechnik mit rundem Boden anfertigen.
Ernst Mehleit aus dem Raum Günzburg war bereits im letzten Jahr dabei. "Wer einmal hier war, kommt immer wieder", erklärt Ernst Mehleit schmunzelnd. Im Internet hat er sich die mit den Kursangeboten eingestellten Fotos angeschaut und sich dann für den Kurs von Lore Wild entschieden. "Ich möchte neue Techniken lernen und mir bei den Profis Kniffe und Techniken abschauen", sagt Ernst Mehleit, der bereits über einige Erfahrungen verfügt. Beim Flechten kann der Elektroingenieur entspannen, ein guter Ausgleich zum technischen Beruf.
Im letzten Jahr hat Hiltrud Schön-Abt aus Hanau bei Monika Engelhardt die Grundlagen des klassischen Korbflechtens gelernt. Entstanden ist damals ein runder Gartenkorb. In diesem Jahr will die Hanauerin wieder einen Korb flechten.
Diesmal bei der dänischen Textildesignerin und Flechterin Anne Mette Hjornholm, die mit ihrer Gruppe "Körbe in Chaosgeflecht" anfertigt. Für Hiltrud Schön-Abt ein schöner Gegensatz zum letzten Jahr. Die Beschäftigung mit Naturmaterialien liegt ihr, zudem besteht ein grundsätzliches Interesse an handwerklichen Arbeiten.
Dietmar Kühlmorgen aus Leverkusen war im Internet auf der Suche nach einem Flechtkurs. "Irgendwann spuckte die Suchmaschine dann die Sommerakademie Flechten in Lichtenfels aus", erzählt Dietmar Kühlmorgen. In der Hand hält er verschiedene ovale Ringe, an denen eine Reihe von Hilfsschnüren angebracht ist. Der Leverkusener hat sich viel vorgenommen. Die beiden Musterkörbe von Kursleiterin Anne Mette Hjornholm möchte er miteinander kombinieren. "Wenn ich Kurse belege, möchte ich immer etwas geringfügig anders machen", sagt Kühlmorgen.
Für den Besuch der Sommerakademie hat er sich extra drei Tage Urlaub genommen.
Kursleiterin Monika Nickel-Stein, die ihrer Gruppe die Grundlagen des sogenannten Spiral- oder Rasselgeflechts mit Weide näherbringt, findet die Mischung aus interessierten Teilnehmern mit und ohne Vorkenntnisse angenehm. Wer ihre Hilfe benötigt, dem erklärt sie jeden einzelnen Arbeitsschritt. Für Josef Herter aus Engstingen auf der Schwäbischen Alb ist es der erste Kontakt mit der Weide. Zum Kurs ist er durch seine Frau Marianne gekommen, die sich nebenan bei Walter Friedl eingeschrieben hat. Auf seinen ersten selbst angefertigten Garten stecker ist Herter ganz stolz. Und über einen Verwendungszweck hat er sich auch schon Gedanken gemacht. Der könnte als Dekoration dienen oder Blumen mehr Stabilität verleihen.
Auch bei Walter Friedl aus der Oststeiermark herrscht eine entspannte und heitere Atmosphäre.
Im Verlauf eines eintägigen Kurses vermittelt Friedl den ausschließlich weiblichen Teilnehmern die Grundlagen der sogenannten "Wulstwickel-Technik". Da Marianne Herter von den Brotbackkörben schon immer fasziniert war, hat sie sich für diesen Kurs entschieden.
Am Sonntag endet die Sommerakademie.