In der Galerie in der Spitalpassage hängt eine Ausstellung mit Schallplattenhüllen. Mittlerweile ist die Freiheitshalle in Hof an ihr interessiert.
Auf den Weg gebracht wurde die Idee, Verhüllung zum Thema zu machen, vom Lichtenfelser Udo Klinger. Portrait eines Sammlers mit Vision. 2005, 2006 oder 2007. So um diese Zeit, so Klinger, sei ihm erstmals der Verdacht gekommen, dass Schallplattenhüllen mehr sind als nur Verpackungen. Der Mann ist seit vielen Jahren in seiner Freizeit Fotograf, jemand mit Sinn für Bildaufbau, grafische Gestaltung und derlei. Doch wenn man vorhält, dass ihn das womöglich bewogen habe, Schallplattenhüllen genauer zu betrachten, wiegelt der 60-jährige Versicherungskaufmann ab. Die Erkenntnis "das ist ja Kunst in unterschiedlicher Ausprägung - Grafik, Foto, Design" sei ihm eher nach und nach gekommen, vor zehn Jahren aber war sie mit Gewissheit da. Dennoch hat es noch weitere knapp zehn Jahre gedauert, bis die Idee einer Ausstellung in Lichtenfels umgesetzt werden konnte.
"Dr. Hildebrandt (Anm. d. Red: ehemaliger Galerist in der Spitalpassage) sagte als Galerist zu, das hat ihm schon ganz gut gefallen", so Klinger zu einem ausschlaggebenden Grund. Ein anderer war, dass die Lichtenfelser Kunst und Kultur Initiative e.V. das Vorhaben mittrug. Zweite Vorsitzende Helga Blomeier beispielsweise fand einen äußerst griffigen Slogan: "Die Kunst der Verhüllung." Die Vereinsmitglieder ließen sich zu Galeriediensten einteilen, es entstanden sogar gedruckte Kataloge mit Informationen und Anekdotischem zu den Hüllen, und mit Florian Held, einem Plattensammler und beruflichen Schallplattenbewerter, wurde ein weiterer Unterstützer gefunden, der neben Klinger auch Exponate zur Verfügung stellte oder besorgte.
5000 Tonträger. Auf diese Zahl schätzt Klinger das, was er als Sammler daheim hat. Es ist der Querschnitt des Besten, was der Blues und die Rock- und Popmusik in den vergangenen 60 Jahren hervorgebracht haben. Davon sollten 50 LPs ausgewählt werden? "Wir hatten es als Trilogie gedacht", erklärt Klinger. Also 50 in einem Jahr, weitere im nächsten und nun, mit der derzeitigen Ausstellung, sind es die letzten 50 sehenswerten Cover. Doch ein Ende muss nicht sein. "Mir war klar, dass das eine Never-Ending-Story werden kann."
Ein Grund dafür sei auch, dass mittlerweile Menschen mit Ideen und Vorschlägen an ihn herangetreten seien. "Mich haben Leute angesprochen, die gesagt haben, ihr könntet doch nach Dekaden ausstellen oder die Stones gegen die Beatles zeigen oder die Cover berühmter Solo-Projekte aufgreifen, oder das Beste von Hipgnosis (Anm. d. Red: eine Agentur, die sich der Gestaltung von LP-Hüllen widmete)." Ein vierter Teil ist also denkbar. Dann würde es wieder eine Konferenz mit der Vereinsführung der Kuki geben, um eine Auswahl zu treffen. So ging man all die Jahre vor, so nahm man LP-Cover in Betracht, erstellte Listen und tauschte sich darüber aus, welche LP Jubiläum feiert oder welcher Künstler verstorben ist. In Memoriam - auch ein Auswahlkriterium.
Bei alledem wurde viel Wissenswertes zutage gefördert. Beispielsweise, dass der weltberühmte Fotograf Helmut Newton Fotos für ein Scorpions-Cover schoss. Durch die Ausstellungen habe sich auch bei ihm ein intensiverer Blick für die Verhüllungen eingestellt, er sei jetzt "sensibler für Motive und Schriftzüge". Wie Klinger das sagt, belegt er es mit einem Vergleich des Äußeren zwischen einer Beatles-LP und einer Westernhagen-LP. Was weit hergeholt scheint, wird letztlich bewiesen, denn bei beiden LPs taucht der Name des Cover-Designers Klaus Voormann auf. Eines von Klingers Lieblingsausstellungsstücken, das im vergangenen Jahr als witziges Beiwerk in der Ausstellung landete, war eine CD-Hülle von Michael Jackson, bei der, sobald man sie aufklappte, sich ein ganzes Bühnenbild aufbaute. Tatsächlich konnte bislang die 50 nie eingehalten werden, an den Wänden landeten immer wohl 60 LPs.
"Ich kann nicht bis 50 zählen. Ich war ja selbst Ü-50, da konnten wir nicht nur 50 machen", witzelt der Mann, zu dessen Erkennungsmerkmalen ein unvermeidlicher Schal zu gehören scheint. Doch neben Tonträgern landeten auch andere Preziosen in seinem Besitz. Beispielsweise Autogramme, Bildbände oder Konzertplakate. Eines davon ist in der Ausstellung zu sehen, es handelt von einem Blood, Sweat & Tears-Konzert von 1990. "Ich habe es nach dem Konzert mitgenommen und der Polizei erklärt, dass es am nächsten Tag eh nur die Müllmänner abreißen", erinnert sich Klinger mit gewisser Verschmitztheit. Und nun also meldete sich Jürgen Stader aus Hof, der per Mail erklärte, der Chef der Kulturabteilung, Peter Nürmberger, böte das Foyer der berühmten Freiheitshalle für die Ausstellung aus Lichtenfels an.