Matthias Würstlein ist mit seinem Profi-Häcksler, angehängt an einem 360-PS-starken John Deere, für die WBV unterwegs.
Der Arbeitstag von Matthias Würstlein ist lang. Von früh um 6 Uhr bis es abends dunkel wird, ist der junge Mann mit seinem Häcksler unterwegs. Einem Profi-Häcksler, angehängt an einem 360-PS-starken John Deere. Matthias fährt im Auftrag der WBV, der Waldbesitzervereinigung und auch für Privatleute.
Die extrem heißen und trockenen Sommer der letzten Jahre haben den Wäldern im ganzen Landkreis zugesetzt. Leichtes Spiel für mehrere Arten von Borkenkäfern (vor allem Kupferstecher, Buchdrucker, Kiefernprachtkäfer), die sich sowohl in Nadel- als auch in Mischwäldern explosionsartig vermehren konnten. Das befallene Holz muss raus aus dem Wald, Geäst und Zweige müssen entsorgt werden. Das wissen die Waldbesitzer, doch wohin damit? Die Preise sind eingebrochen, in den großen Sägewerken liegen riesige Mengen auf den Lagerplätzen, zudem wurde wegen fehlender Exportmöglichkeiten der Betrieb einiger großer Werke heruntergefahren.
"Vieles ging als Bauholz oder für den Möbelbau nach China oder in die USA, vor allem Nadelhölzer wie Fichte und Kiefer", weiß Harald Quinger, Geschäftsführer der WBV Lichtenfels-Staffelstein. Die Organisation erhält zur Zeit sehr viele Anfragen. Hauptanliegen: die Holzvermarktung. Er und seine Mitarbeiter helfen ihren Mitgliedern gerne weiter, doch in der Corona-Zeit geht auch das etwas anders vonstatten.
"Der Waldbesitzer nennt uns die Gemarkung und die Flurnummer, wir sehen uns das Waldstück an, und treten dann wieder per Mail oder Telefon mit dem Besitzer in Verbindung. Persönlicher Kontakt kann so vermieden werden", so Harald Quinger. "Die Maßnahmen im Wald gehen weiter, sie müssen sogar weitergehen. sind gesetzlich erlaubt und gewollt!" Weiter: "Den Mindestabstand im Wald einzuhalten ist nicht schwer, und alleine sollte schon aus Arbeitsschutzgründen niemand arbeiten." Auch wer Maschinen benötigt, findet in der WBV den richtigen Ansprechpartner: zur Verfügung stehen Rückewagen, Holzspalter mit Zapfwelle oder Elektromotorantrieb, Häcksler, aber auch Pflanzen zum Aufforsten samt Zubehör wie Pflanzfuchs mit Bohrer, Befestigungsmaterial, Pfosten, Wuchshüllen und Knotengeflecht. "Heuer wurden im März rund 20 000 Pflanzen ausgegeben", so Harald Quinger, rund ein Drittel Nadelbäumchen und zwei Drittel Laubbäumchen. Die sind zwischen ein und drei Jahre alt und werden im Frühjahr oder im Herbst gesetzt. Die WBV hat als Mitglieder aber nicht nur kleine Privatwaldbesitzer, sondern auch Kirchen, Kommunen und Großgrundbesitzer.
108 Ortsverbände im Landkreis
Doch bis es ans Aufforsten geht, muss erst einmal gerodet werden. Fällen, herausziehen, abtransportieren. Und dann? Verkaufen, selbst nutzen oder entsorgen? Hier hilft ein guter Rat weiter. Förster, Waldwarte oder der jeweilige Obmann der Gemeinden kennen sich aus. Von A bis Z, von Altendorf und Altenkunstadt bis Zeublitz und Zilgendorf gibt es 108 Ortsverbände im Landkreis Lichtenfels und Alt-Landkreis Staffelstein mit zahlreichen fachkundigen Ansprechpartnern bei Fragen zum Durchforsten, Holzeinschlag, Käferholz- und Sturmholz- Aufarbeitung sowie Anlegen von Rückegassen. Auch Hackgut- Verkauf kann über die WBV vermittelt werden. Mancherorts sagt man auch Hackschnitzel, Holzschnitzel oder Holzhackschnitzel. Gemeint ist das Gleiche: ein mit schneidenden Werkzeugen zerkleinertes Holz in verschiedenen Größen und Qualitäten. Hackschnitzel dienen vor allem als Rohstoff für die holzverarbeitende Industrie sowie als biogener und erneuerbarer Brennstoff.
Die Familie Göring aus Lahm hat sich zur Selbstverwertung entschieden. Früher wurden Geäst und Reisig verbrannt. Die Trockenheit und Auflagen zwangen zu Plan B. Der Bau einer Hackschnitzelanlage ist nun geplant. Die Görings haben Matthias Würstlein mit seinem Häcksler bestellt. Seine beiden Fahrzeuge stehen auf dem Anwesen am Ortsrand von Lahm. Aus seinem mehrere Meter hohen John Deere könnte der Fahrer ohne weiteres in den ersten Stock eines Wohnhauses einsehen. Doch an diesem heißen Donnerstag hat Matthias Wichtigeres anderes vor: Mit dem Greifer fasst seine Maschine die fünf Meter langen Baumstämme, Käferholz, die der Landwirt schon aus dem Wald gezogen und bereitgelegt hat. Stück für Stück verschwindet es in der Öffnung des Häckslers, um mit ziemlichem Lärm und Getöse und noch mehr Staub als Hackschnitzel auf der andren Seite in die offenen Lagerhallen der Familie geblasen zu werden. "Holz und Stämme von 80 Zentimeter Höhe und einem Meter Breite fasst die Öffnung", sagt der junge Fahrer. Kiefer, Fichte, Eiche - alles verschwindet im Einfülltrichter und kommt in der Qualitätsgüte "G 30" nach nicht einmal 60 Sekunden zur anderen Seite heraus. Dann sind die trockenen Giebel und Kronen dran. Der Greifer packt zu, der große Haufen wird ruckzuck abgearbeitet. Nachbarn schauen zu.
Für Matthias Würstlein geht es nach etwa einer Stunde weiter. Der nächste Auftraggeber ist auch in Lahm, auch zum Häckseln. Hier wartet Buchenholz, Trockenschäden, auf den gelernten Werkzeugmacher. Tags zuvor war er noch für einige Tage im Banzer Wald beschäftigt. Bis es dunkel wurde. Nach Feierabend sind dann noch notwendige Instands- und Wartungsarbeiten durchzuführen, die hochwertigen Messer aus Präzisionsstahl zu kontrollieren. Der 36-jährige Lohnunternehmer aus Romansthal sieht die aktuelle Lage mit Bedauern und Schrecken: "Heuer ist es schlimmer als die letzten Jahre."